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    Warten auf den Domino-Effekt

    Transfermarkt: Der HSV könnte vom Manipulations-Skandal in Italien profitieren. Vier Serie-A-Klubs droht der Zwangsabstieg. Viele Topstars suchen deshalb nach neuen Arbeitgebern.


    Von Dirk Steinbach

    Die Geier kreisen bereits seit Tagen über dem Piemont. Juventus, berühmtester Fußballklub Turins, steht vor dem Zwangsabstieg in die Drittklassigkeit - der möglichen, schwerwiegenden Folge der Verstrickung in den größten Manipulations-Skandal in der Geschichte des italienischen "Calcio". Sollte es in der kommenden Woche tatsächlich zu einer Verurteilung des Klubs kommen, würde der europäische Spielermarkt rasch in Bewegung geraten. Denn kaum einer der unzähligen Superstars wird unterklassig spielen wollen.

    Eine Situation, auf die Berater und Manager anderer Teams nur warten. Auch der HSV könnte bei der Suche nach Verstärkungen von den Entwicklungen in Italien profitieren. Neben "Juve" sitzen der AC Mailand, Lazio Rom und der AC Florenz auf der Anklagebank. Für sie forderte Chef-Ankläger Stefano Palazzi "nur" die Versetzung in die Serie B, die Zweite Liga also. Kommt es dazu - und nicht zu einer Amnestie, wie zum Beispiel vom italienischen Justizminister Clemente Mastella ins Gespräch gebracht -, werden auch viele Spieler dieser drei Top-Klubs mit einem Schlag neue Arbeitgeber suchen, aus eigenem Antrieb oder weil sich ihre bisherigen Vereine finanziell einschränken müssen.

    Zusammen mit den Juve-Stars wären damit allein rund 30 WM-Teilnehmer auf dem Markt. Die Liste der klangvollen Namen ist lang: Buffon, Cannavaro, Camoranesi, Ibrahimovic, Thuram, Vieira, Trezeguet, Nedved (alle Juventus), Gattuso, Pirlo, Gilardino, Dida, Kaká (alle Mailand), Toni (Florenz) - und das ist nur eine Auswahl. Für den HSV sind diese Spieler jedoch allesamt zu teuer, der Klub will sein Gehaltsgefüge nicht durcheinanderbringen.

    Schweden-Stürmer Zlatan Ibrahimovic verdient bei Juve acht Millionen Euro netto im Jahr, der Franzose David Trezeguet immerhin noch sechs Millionen und selbst ein Spieler aus der zweiten Reihe wie der Rumäne Adrian Mutu kassiert noch fünf Millionen. Bei weniger als der Hälfte liegt die Schmerzgrenze des HSV. "Die Ibrahimovics, Trezeguets und van Nistelrooys können wir im Moment nicht bezahlen", sagt Sportchef Dietmar Beiersdorfer. "Der HSV muß sich noch drei, vier Jahre international etablieren, dann geht das Gehaltsniveau automatisch hoch."

    Kein Wunder also, daß Beiersdorfer und Co. fürs erste auf einen Domino-Effekt setzen. Die Superstars wechseln zu anderen Klubs, wo sie anderen Top-Spielern die Plätze streitig machen, die wiederum für den HSV interessant und auch bezahlbar wären. "Es gibt etliche Spieler, die wir schon auf dem Zettel haben und die man jetzt weiter beobachten muß", sagt Beiersdorfer.

    Während ein Nedved bereits von AS Monaco und Fenerbahce Istanbul umworben wird, ein Camoranesi mit Manchester United verhandelt oder ein Ibrahimovic wie weitere Juventus-Spieler bei Real Madrid im Gespräch ist (Trainer Fabio Capello möchte sie von Juve zu Real mitnehmen), muß der HSV erst mal abwarten, ob sich zum Beispiel der FC Chelsea weiter auf dem Markt bedient und neben Andrej Schewtschenko (vom AC Mailand) einen weiteren Stürmer kauft. Denn dann könnte eine Verpflichtung von Salomon Kalou (20), zu dem der HSV bereits "engen Kontakt" hält, möglich werden.

    Der Angreifer von der Elfenbeinküste hat in England neben der Konkurrenz das Problem, daß er auf Grund mangelnder Länderspieleinsätze bis dato keine Arbeitsgenehmigung erhielt. Seine Qualität steht dagegen außer Frage, Hollands Coach Marco van Basten wollte Kalou vor der WM einbürgern lassen.

    Weiter ein Thema ist auch Valeri Bojinov (20), ein Spieler, den der HSV sogar direkt von einem der vom Skandal betroffenenen Klubs (AC Florenz) holen könnte. Italienische Medien berichten allerdings, daß der Bulgare Teil eines Tauschgeschäfts mit - man höre und staune - Juventus Turins Mutu sein soll. Doch dies dürfte nur zustande kommen, wenn Juve nicht in die Serie C muß. Ein heißer Kandidat bleibt zudem der 24 Jahre alte Tscheche Milan Baros von Aston Villa.

    "Es macht nichts, wenn es erst auf den letzten Drücker passiert", gibt sich HSV-Coach Thomas Doll gelassen. "Die Mannschaft hat gezeigt, daß sie Spieler schnell integrieren kann". Vor der letzten Spielzeit war Thimothee Atouba erst spät zum Team gestoßen. Sportchef Beiersdorfer hat trotzdem schon jetzt stets sein Reisegepäck für Verhandlungen dabei. Man kann ja nie wissen.

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