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Mit Lost Records: Bloom & Rage bringt DON'T NOD ein neues narratives Abenteuer auf den Markt, das thematisch und stilistisch in die Fußstapfen von Life is Strange tritt, aber eine etwas andere Richtung einschlägt. Statt übernatürlicher Elemente steht diesmal eine nostalgisch eingefärbte Coming-of-Age-Geschichte im Mittelpunkt, die sich über zwei Zeitebenen erstreckt.

Während der erste Teil dieser Episodenreihe – Tape 1: Bloom – eine dichte Atmosphäre und emotional gezeichnete Charaktere bietet, kämpft das Spiel mit erzählerischen und technischen Schwächen. Kann es dennoch mit seinen starken Momenten überzeugen? Lest mehr dazu in unserem Review.

Eine Geschichte über Freundschaft, Geheimnisse und Erinnerungen

Die Handlung dreht sich um Swann, eine zurückhaltende Jugendliche, die im Sommer 1995 drei neue Freundinnen findet. Die vier erleben einen intensiven Sommer voller Musik, Abenteuer und gemeinsamer Momente – bis ein Ereignis alles verändert... 27 Jahre später finden sich die Frauen in ihrer Heimatstadt wieder, konfrontiert mit einer Vergangenheit, die sie lange verdrängt haben. DON'T NOD setzt hier auf eine duale Erzählstruktur: Spieler*innen erleben sowohl die jugendliche Unbeschwertheit der 90er als auch die reife, oft ernüchternde Perspektive des Erwachsenseins.

Die Narrative spielt geschickt mit dem Motiv der Erinnerung: Wie sehr können wir uns auf das verlassen, was wir über unsere Vergangenheit wissen? Inwieweit bestimmen unsere Erlebnisse unser heutiges Ich? Diese philosophischen Fragen schwingen unterschwellig mit, während sich das Spiel Zeit nimmt, die Beziehungen zwischen den Figuren auszuloten.

Die Dialoge sind ein Kernstück des Erlebnisses und größtenteils glaubwürdig geschrieben. Manchmal wirken sie jedoch zu sehr auf Effekt getrimmt und rutschen in klischeehafte Jugendfilm-Muster ab (allein der Anfang des Spiels wirkt arg klischeehaft). Dennoch gelingt es dem Spiel größtenteils, eine intime Atmosphäre zu schaffen, in der man sich in die Charaktere hineinversetzen kann – auch wenn das Storytelling nicht immer die emotionale Wucht von Life is Strange erreicht.

Visuelle Nostalgie mit Schönheitsfehlern

Eine der größten Stärken von Lost Records: Bloom & Rage ist zweifelsohne seine 90er-Jahre-Ästhetik. Von der Mode über analoge Technik bis hin zu kleinen Details wie alten Postern und Mixtapes – das Spiel versteht es, ein nostalgisches Gefühl hervorzurufen. Die Farbpalette unterstreicht diese Atmosphäre: Die Rückblenden in die 90er sind in warmen, lebendigen Farben gehalten, während die Sequenzen in der Gegenwart von kühleren, reiferen Tönen dominiert werden. Diese visuelle Unterscheidung funktioniert hervorragend, um die emotionale Distanz zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu verdeutlichen.

Allerdings ist die grafische Umsetzung nicht durchgehend überzeugend. Während Umgebungen detailreich gestaltet sind, fallen die Charaktermodelle in manchen Momenten ab. Die Animationen wirken gelegentlich steif, Gesichtsbewegungen sind nicht immer lippensynchron, und manche Bewegungsabläufe erscheinen fast roboterhaft. Ich hatte manchmal das Gefühl, dass die Charaktere seit dem Release von Life is Strange 2015 sich nicht verändert haben. Zwar stört dies nicht grundlegend, aber der Immersionscharakter kann darunter leiden.

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Fazit

Lost Records: Bloom & Rage – Tape 1 überzeugt mit einer emotionalen Geschichte, einer stimmigen 90er-Jahre-Atmosphäre und liebevoll geschriebenen Charakteren. Die narrative Tiefe und die visuelle Nostalgie sind zweifellos die Stärken des Spiels.

Gleichzeitig gibt es aber auch Schwächen: Die Animationen könnten geschmeidiger sein, das Gameplay bietet wenig Interaktivität, und technische Probleme beeinträchtigen das Gesamterlebnis. Wer sich auf eine langsam erzählte Geschichte mit starker Charakterentwicklung einlassen kann, wird hier dennoch auf seine Kosten kommen. Letztendlich bleibt abzuwarten, wie sich die nächsten Episoden entwickeln. Sollte DON'T NOD die technischen Mängel beheben und die erzählerische Spannung weiter steigern, könnte Lost Records: Bloom & Rage eines der erinnerungswürdigsten narrativen Games seit langem werden. Bis dahin bleibt es ein vielversprechender, aber noch nicht vollends überzeugender Auftakt.


Bewertung

Pro

  • Authentische 90er-Atmosphäre
  • Starke Charakterzeichnung
  • Emotionales Storytelling
  • Hervorragender Soundtrack
  • Schöne Umgebungen

Contra

  • Sehr wenig Interaktivität
  • Technische Probleme
  • Lahmes Pacing, Einstieg zieht sich
  • Schwache Animationen der Charaktere

Grafik 7 von 10
7/10
Sound 9 von 10
9/10
Gameplay 5 von 10
5/10
Spielspaß 7 von 10
7/10
Story 8 von 10
8/10
Umfang 6 von 10
6/10
7

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