
Nach zwei Jahren Pause, kehrt die WRC-Rennspielserie zurück ins heimische Wohnzimmer. Wieder mit an Bord ist natürlich das komplette Lizenzpaket der FIA. Dafür musste allerdings Milestone das Feld räumen. Stattdessen setzt Bigben Interactive bei WRC 5 auf den noch eher unbekannten französischen Entwickler Kylotonn Racing Games. Ob der Wechsel des Entwicklerteams wirklich so eine gute Idee war, lest ihr in unserem neuen Testbericht auf XBoxUser.de!
Willkommen im Rallyesport
Wenn ich an Rallyesport denke, dann steigt mein Adrenalinspiegel automatisch. Mir kommen sofort waghalsige Fahrmanöver, halsbrecherische Geschwindigkeit, atemberaubende Drifts, aufgewirbelter Staub, brachialer Motorensound und euphorische Zuschauer am Straßenrand in den Sinn. Ich verbinde den Sport immer mit spektakulären Bildern und absolut beeindruckenden Momenten. Dieses ganze, für viele mit Sicherheit total verrückte Szenario, findet immer in einer malerischen Landschaft statt, welche bis zum Start der Rallye in einer trügerischen Harmonie zwischen Ruhe und Natur schwelgt. Doch mindestens einmal im Jahr verwandelt sich diese Idylle zu einem Treffpunkt, besser gesagt zu einem Mekka für Motorsportverrückte. Immer dann, wenn die mit bis zu 330 PS leistungsstarken Rallyefahrzeuge an den Start gehen und ihre unbändige Kraft, wie Löwen in der Savanne, in die sonst so ruhige Natur hinaus brüllen.
Dass mir WRC 5 wahrscheinlich nicht ansatzweise ein solches Gefühl des Rallyesports vermitteln kann, dessen war ich mir von Anfang bewusst. Dennoch hat es mich als erstes interessiert, wie sehr die Entwickler von Kylotonn Racing Games den Rennsportverrückten in mir kitzeln können. Also habe ich sogleich ein schnelles Spiel gestartet, welche in WRC 5 unter der Kategorie "Wertungsprüfungen" zu finden sind. Hier habe ich Zugriff auf die insgesamt dreizehn Rennstrecken, die jeweils aus fünf Streckenabschnitten bestehen. Diese können zu jeder Tageszeit gefahren werden. Sprich morgens, wenn die Sonne noch tief steht und stets den Fahrer blendet, mittags und wahlweise entweder in der Abenddämmerung oder sogar in der Nacht. Zudem lassen sich die Wetterverhältnisse anpassen. Damit kann es im Rennen auch regnen oder gar schneien.
Kurz vor dem Start entscheide ich mich für eine der insgesamt drei Rennkategorien. Zur Auswahl steht die Juniorenklasse der WRC, die 2. Liga der WRC (WRC 2) und natürlich die Königsdisziplin, die WRC-Klasse höchstpersönlich bereit. Die Leistung der Boliden unterscheidet sich je nachdem für welche Klasse ich mich entscheide. In der Juniorklasse steht mir ein Citroen DS3 mit 234 Pferdestärken zur Verfügung. Etwas mehr Power bieten dann schon die Fahrzeuge aus der 2. Reihe, die bis zu knapp 290 PS abrufen können. Richtig zur Sache geht es dann aber erst in der großen Klasse und weil ich gleich von Anfang an richtig Gas geben will, suche ich mir einen VW Polo R aus, der satte 318 PS auf die Straße bringt. Und schon kann es losgehen. Mit Vollgas natürlich!
Nerviger Beifahrer
Am Startpunkt der Rallye Monte-Carlo ist leider recht wenig los. Hinter den Begrenzungen tummeln sich zwar ein paar wenige Streckenposten, allerdings ist von den euphorischen Fans, die sich sonst immer so zahlreich bei solchen Events versammeln, gar nichts zu sehen. Erst im weiteren Verlauf der Rennstrecke konnte ich ein paar vereinzelte Zuschauer ausmachen. An eine richtige Rennatmosphäre ist deswegen aber noch längst nicht zu denken und so kommt mir die erste Fahrt recht einsam vor. Obwohl, ganz so einsam bin ich ja gar nicht, denn im Auto sitzt ja noch mein Co-Pilot.
Seine Aufgabe ist es mich auf der Rennstrecke zu unterstützen, indem er mir Kurven und Hindernisse ansagt. Dies macht er allerdings so schlecht, dass ich ihn am liebsten an der nächstbesten Stelle rausgeworfen hätte, damit er wenigstens die Zuschauerquote etwas anhebt. Seine Ansagen sind wahrhaftig so monoton, dass er mich in den Wahnsinn treibt. Und als er dann noch bei einigen Kurven nicht mehr hinterher kommt und ich mit Vollgas in eine Mauer donnere, hab ich ihn kurzerhand im Menü stumm geschaltet. So kann ich mich wenigstens aufs Fahren konzentrieren!
Keine waschechte Rennsimulation
Apropos Fahren: Schon nach wenigen Metern ist mir aufgefallen, dass sich WRC 5 sehr arcadelastig fährt. Selbst wenn ich Menü die Stabilitätskontrolle und Bremsunterstützung deaktiviere, lassen sich die Boliden viel zu gut in der Spur halten. Für Neulinge nicht schlecht, da sie sich so besser an das Fahrverhalten gewöhnen können. Experten werden sich dahingegen schnell langweilen. Ein weiterer Grund für eine trübe Miene ist, dass es keine Möglichkeit gibt ein Lenkrad anzuschließen. Damit hat sich WRC 5 die Bezeichnung "Rennsimulation" komplett verspielt!
Fazit
Die "NextGen-Konsolen" sind seit knapp zwei Jahren erhältlich und erst jetzt wagt sich Bigben Interactive mit einem Rallye-Spiel auf den Markt. Nach so einer langen Durststrecke waren meine Erwartungen natürlich hoch. Die Hardware ist den Entwicklern mittlerweile bekannt und nach einigen WRC-Ablegern sollte das nötige Knowhow vorhanden sein. So zumindest meine Theorie.
Doch schon nach wenigen Spielminuten wird mir bewusst, dass WRC 5 nicht das einhält, was ich mir von dem Spiel versprochen habe. Die grafische Präsentation ist leider alles andere als zeitgemäß. Auch haben es die Entwickler nicht geschafft, diesen Makel durch eine authentische Atmosphäre wettzumachen.
Zwar punktet der neue Ableger der WRC-Serie wieder mit einem umfangreichen Lizenzpaket der FIA, doch was bringt der Bezug zur Realität, wenn das Fahrgefühl eher an einen Arcade-Racer als an eine waschechte Rennsimulation erinnert. Und was haben sich die Verantwortlichen eigentlich bei dem Beifahrer gedacht? Ist es nicht schon schlimm genug, dass wir Rennspiel-Fans unsere Lenkräder nicht nutzen können? Und dann noch die Sache mit den gefakten Zeiten! Lieber Publisher, liebe Entwickler, so geht es wirklich nicht!
Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass sich Interessenten den Kauf lieber noch einmal überlegen sollten, wenn sie hier eine knallharte Simulation erwarten. Wem dieser Punkt allerdings nicht so wichtig ist und mit meinen Kritikpunkten leben kann, für den kann WRC 5 durchaus etwas sein. Jedoch wartet bitte, bis der Preis gefallen ist!
Bewertung
Pro
- 13 Rennstrecken
- Leichter Einstieg
- Offizielle Rennfahrer
- Dickes Lizenzpaket der FIA
Contra
- Mehr Arcade als Simulation
- Geschummelte Zeiten
- Einbrüche der Framerate
- Enttäuschende Rennatmosphäre
- Nerviger Beifahrer
- Keine Unterstützung für Lenkräder
- Fehlender Splitscreen
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