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Strategiespiele sieht man nur selten auf den Konsolen – umso erfreulicher, dass sich mit Iron Harvest 1920+ in der Complete Edition ein weiterer Vertreter des Genres in diese Nische hereinwagt. Ob sich der Titel aus dem Hause King Art in unser Herz taktieren konnte, erfahrt ihr in unserem Testbericht.

So beginnt es also…

Kurz nach dem Ende des "Großen Krieges" beherrschen im Jahr 1920 und den darauffolgenden Zeiten weiterhin Spannungen die fiktiven Nationen Polonia, Rusviet und Saxony. Der vereinbarte Waffenstilstand hält nicht lange Stand und es kommt wieder zu ersten Gefechten zwischen Polonia und Rusviet.

Mittendrin wachsen wir als Anna in diesen turbulenten Zeiten auf. Unser Bruder fällt bei einer Offensive gegen die einmarschierenden Rusviets und wir greifen zu den Waffen. Immer an unserer Seite: Wojtek, ein Bär, den wir nach einem Jagdunfall aufgenommen haben.

All das klingt vertraut und lehnt sich stark an die Geschehnisse des Ersten Weltkrieges an. Allerdings spielt Iron Harvest 1920+ in einem fiktivem Alternativuniversum, das maßgeblich durch den polnischen Künstler Jakub Różalski geprägt wurde. Wer seine Kunst oder auch das Brettspiel Scythe kennt, wird wissen, was ihn erwartet: retro-futuristische, düstere Landschaften und herumstolzierende, haushohe Kampfmaschinen, genannt Mechs.

Kunst wird lebendig

Habt ihr schnell die Werke des Künstlers gecheckt? Nein? Egal, dann lest erst einmal weiter – aber macht das noch im Nachhinein, es lohnt sich! Seine Art, Landschaften, Menschen und die darüber auftürmenden Mechs zu gestalten ist einzigartig – und wurde bestens ins Spiel übernommen. Das fängt schon im Menü oder den Ladebildschirmen an, setzt sich im Spiel aber fort.

Zwar erscheinen die Kampfhünen erst etwas später, dafür hinterlassen sie bleibenden Eindruck. Überhaupt ist das Spiel sehr liebevoll gestaltet und eben sehr nah dran an der Inspirationsquelle. Das sorgt am Ende zwar für eine Dominanz der Erdtöne, passt aber einfach auch gut zum tristen Geschehen auf dem Bildschirm und fängt die Stimmung sehr gut ein.

Dabei läuft das Spiel auf der von uns getesteten Version auf der Xbox Series X jederzeit flüssig und löst schön scharf auf. Toll sind Effekte wie etwa Schneeverdrängung von Einheiten, etwas weniger schön sind Kantenglättung oder Details, wenn man sehr nah heranzoomt – da wäre sicher noch ein wenig mehr drin gewesen.

Besonders gefallen haben uns die Zwischensequenzen, die schön die Geschichte tragen und in Spieloptik gerendert wurden. Ebenfalls bombastisch: Die Umgebung ist teilweise zerstörbar. Man kann mit einem der Mechs locker durch Häuser spazieren, die zuvor Deckung oder Rückzugsmöglichkeiten für Truppen boten.

Ihr verstehe nur Bahnhof – und das ist gut so

Beim Sound kann man, wie so oft, über die deutsche Synchro meckern – die lässt einfach zu wenig Atmosphäre aufkommen. Glücklicherweise gibt es aber die Option, die jeweiligen Muttersprachen einzuschalten. Dann spricht Anna beispielweise polnisch, was deutlich zur Stimmung beiträgt.

Die Schlachten hingegen glänzen eher durch zurückhaltende Musik und ständige Sprachfetzen unserer Einheiten – ganz so, wie man es eben aus Strategiespielen kennt. Dafür rumst es dann ordentlich, wenn die Mechs Gebäude zermalmen oder Einheiten ins Nirvana befördern.

Übrigens: Es gibt insgesamt vier große Kampagnen, die jeweils eigene Geschichten rund um die jeweiligen Fraktionen erzählen. Trotzdem hängen alle zusammen und es wird auch empfohlen, die Kampagnen hintereinander zu spielen, um sich nicht spoilern zu lassen – was wir ebenfalls empfehlen.

Die Geschichte ist für ein Strategiespiel überraschend emotional und konnte uns gut unterhalten. Etwas mehr Tiefe hätten einige der Figuren durchaus vertragen können, wir hatten aber dennoch unseren Spaß.

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Fazit

Ist Iron Harvest 1920+ in der Complete Edition die ultimative Strategiespielerfahrung auf den Konsolen? Vermutlich nicht – gerade Titel wie Halo Wars 2 machen viele Punkte einfach besser.

Auf der anderen Seite sind die Spiele aber trotz Genre kaum vergleichbar – und das ist auch gut so. Wir haben es hier mit einem eher gemächlichen, sehr atmosphärischen Titel zu tun, der eine runde Story erzählt und seine eigenen Stärken auffährt.

Allen voran die Helden und Kampfmaschinen wissen zu überzeugen – da kann man über die kleineren Problemchen bei der Steuerung oder die etwas matschigen Texturen locker hinwegsehen. Ganz stark ist der Koop, der bis zu drei Spieler durch die Kampagnen jagt und einfach Spaß macht.

Genrefans können bedenkenlos zugreifen, Fans des polnischen Künstlers oder Neugierige können aber ebenfalls einen Blick wagen.


Bewertung

Pro

  • Atmosphärische Welt und Geschichte
  • Gute Sprachausgabe (Muttersprache-Option)
  • Flüssiges Kampfgeschehen
  • Großer Umfang
  • Die Möglichkeit, im Koop zu spielen

Contra

  • Etwas matschige Texturen
  • In entscheidenden Momenten zu fummelige Steuerung
  • Übersicht nicht immer gegeben

Setting / Atmosphäre 9 von 10
9/10
Grafik 7 von 10
7/10
Sound / Synchronisation 7 von 10
7/10
Spielspaß 8 von 10
8/10
Umfang 9 von 10
9/10
Multiplayer & Co-Op 9 von 10
9/10
XBU-Silver-Award
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