
Wenn der selbsternannte Erfinder des First Person Shooters einen neuen Shooter ankündigt, dann mündet das grundsätzlich in zwei verschiedenen Gesichtern. Zum einen dürfte sich die CoD-Generation fragen, ob es wirklich auch etwas vor der Serie gab. Zum anderen werden sich Veteranen daran erinnern, dass mit Wolfenstein, DOOM und Quake ganze Spielelegenden im Hause id Software entstanden sind. Umso gespannt war ich seit geraumer Zeit und verfolgte jedes neue Video, dass Bethesda Softworks, die als Publisher für Rage fungieren, veröffentlichten. Die Erwartungshaltung war groß und die Videos taten ihr Übriges dazu, die Wartezeit mal wieder unerträglich zu machen...
Darf's ein bisschen mehr sein?
Ich war nicht unvorbereitet, aber als ich die Review-Version endlich in den Händen hielt und den Umschlag ins Altpapier beförderte, öffnete ich natürlich sofort die Hülle und tatsächlich: Da starten Sie mich an - die drei DVDs voll mit Shooteraction. Da sollte also reichlich Gesamtumfang drin stecken. Natürlich lautet die Empfehlung der Entwickler, dass Spiel auf der Harddisk zu installieren. Notwendig ist es jedoch nicht, ihr könnt auch im laufenden Spiel auf die zweite Disk wechseln. Wer jedoch die knapp 23 GB seiner Harddisk opfert, wird durch erheblich schnellere Ladezeiten belohnt. Also besser installieren, starten und entspannt in das Abenteuer abtauchen - Kleiner Tipp: Die dritte Disk enthält nur den Mehrspielerpart des Spiels und muss nicht unbedingt installiert werden.
Man ist das öde hier...
Rage, das ist die Geschichte eines namenlosen Helden in einer nicht allzu fernen Zukunft. Die Erde drohte durch den Einschlag des Meteoriten Apophis zerstört zu werden. In weiser Voraussicht wurde eine Vielzahl wichtiger und intellektueller Menschen in so genannten Archen in einen Kryoschlaf versetzt und unter der Erdoberfläche in vermeintliche Sicherheit geschafft. Dort sollte diese Elite für einige hundert Jahre verbleiben um dann eines Tages eine neue Welt zu gründen. Wie so oft kommt vieles anders - warum erfährt der Spieler jedoch nur sehr träge im weiteren Verlauf.
Unser alter Ego erwacht langsam in seiner Kryo-Kammer. Bereits hier zeigt sich, wer sich aufmerksam umsieht und zuhört, kann so einige Informationen aufschnappen. Dennoch geht es schnurstracks in Richtung Tür. Kurz das Buttonlayout gecheckt und öffnen. Die gleißende Sonne nimmt uns für wenige Sekunden die Sicht, doch dann sehen wir die Erde in ihrer vollen Pracht erstrahlen.
Was man sehen kann, lässt schnell den Atem stocken. Die Landschaft und der Weitblick sind unglaublich. Die übrig gebliebene Landschaft jedoch leider nicht, denn die Welt ist ein einziges Ödland. Es ist kaum noch Vegetation auszumachen. Bereits nach wenigen Schritten machen wir Bekanntschaft mit den aktuellen Bewohnern des Ödland, dass voll gespickt ist mit Banditen, blutrünstigen Mutanten und so manch anderen merkwürdigen Gestalten. Der beherzte Einsatz eines Fremden schützt uns jedoch und gabelt uns sogleich auf, um uns in seinen kleinen Aussenposten zu bringen. Dort angekommen starten wir erst richtig in unser Abenteuer.
Eine Hand wäscht die andere
Wer jedoch glaubt, dass die Action ab sofort im vollen Gang ist, der wird enttäuscht. Rage ist nicht ein linearer FPS, sondern eher eine Mixtur aus diversen Genres, dass diverse Missionen, Nebenmissionen, Rennen und andere Aktivitäten mit Shootereinlagen vermischt. Gewisse Ähnlichkeiten zu Titeln wie Borderlands oder Fallout werden schnell ersichtlich. In Rage startet ihr von einem Punkt in eine Mission. Einige Nebenquests lassen sich durch Gespräche mit den Bewohnern aktivieren. Generell lohnt sich immer das Gespräch mit den NPCs, denn eigentlich haben diese immer was zu erzählen.
Zuhören lohnt sich, zumal die Synchronisation als gelungen bezeichnet werden kann. So gibt es nicht nur in einer der vier unterschiedlichen Städte, die es zu besuchen gilt, sondern auch außerhalb im Ödland so einiges zu entdecken. Zusätzlich gibt es noch diverse Zugänge zur Kanalisation - zu dieser habt ihr jedoch nur als Erstkäufer des Spieles oder eben nach Kauf auf dem Xbox Live Marktplatz Zugang. Hier warten so einige Überraschungen, aber eben auch reichlich Sammlerstücke auf euch. Denn wie es in einem Endzeitszenario so ist, alles ist irgendwie von Wert - und wenn es leere Glasflaschen sind.
Der Rollenspielähnlich-aufgebaute Teil von Rage beschränkt sich jedoch hauptsächlich darauf, dass euer Charakter nach und nach mit neuen Waffen oder Munition für die verschiedenen Waffen ausgestattet wird. All diese schönen Sachen lassen sich in diversen Geschäften kaufen. Wer jedoch auch ein paar Nebenmissionen erledigt und die Augen aufhält, der kann die notwendigen Baupläne und Teile erlangen, mit denen solch effektive Dinge selber zusammengebaut werden können. Dazu zählen Bandagen, die euch sofortige Heilung bringen oder eben auch Munition oder Schlossknacker, die euch so manche Tür öffnen.
Es lässt sich jedoch sagen, dass Munition gerne schon mal Mangelware wird und man deshalb sparsam und mit Bedacht mit ihr umgehen sollte, zumal die Gegner teilweise gut einstecken können. Gerade im fortgeschrittenen Spielverlauf ist es wichtig, die passende Munition für die unterschiedlichen Gegnertypen zu nutzen, um so maximalen Schaden anzurichten. Eine wirkliche Überforderung werdet ihr dabei jedoch nicht spüren. Neue und stärke Munition geht meist einher mit einem verstärkten Gegnertypus. Und so heißt es im Spielverlauf immer Augen auf, die Fahrzeuge gut ausgerüstet, damit euch auch im Ödland nicht die Banditen überfallen können, und rein in die nächste Mission.
Fazit
Rage erscheint zu einer Zeit, in der es geradezu vor Titeln nur so strotzt, und will den Spieler mit einer langen und intensiven Spieldauer locken. Einige dürfte das zum jetzigen Zeitpunkt eher abschrecken, da es eine Vielzahl spielenswerter Xbox 360 Games zurzeit gibt. Und so hinterlässt Rage in meinem Kopf so manches Fragezeichen. Neben der Frage, warum man es gerade jetzt vermarktet wird, bleiben leider auch im Rahmen der Story viele Fragezeichen stehen.
Rage kommt nur langsam in Fahrt, nimmt aber leider nie so richtig Speed in der Story auf. Das Verknüpfen der Shootereinlagen mit diversen Quests und Zugängen zu verschiedenen Orten unterbricht immer wieder aufkommende Spannung. Zumal das Spiel an jeder beliebigen Stelle gespeichert werden kann - was man auch sollte - und somit schnell die Herausforderung verloren geht.
Wer bei Rage einen guten Hardcoreshooter erwartet, wird eher enttäuscht sein und es nicht schaffen, sich von den anderen Aspekten von Rage begeistern zu lassen - was sicherlich schade ist. Wer auch etwas ruhiger vorgehen möchte und den Mix ala Borderlands zu schätzen weiß, der erhält mit Rage ein sehr gutes Spiel. Allerdings sollte man sich bewusst darüber sein, dass in den ersten vier bis fünf Stunden keine Stresspusteln auf der Stirn erscheinen werden.
Bewertung
Pro
- Agile Gegnertypen
- Unglaubliche Weitsicht
- 60 fps für flüssiges Gameplay
Contra
- Matschige Texturen, sobald man sehr nah ist
- Story verläuft etwas träge
- Geschwindigkeit wird immer wieder herausgenommen

2 Kommentare
dasjuju Di, 18.10.2011, 19:14 Uhr
Ohne euren Testbericht jetzt gelesen zu haben, aber:
Rage ist aufgrund diverser Schwächen und Fehler meiner Meinung nach kein 90+% Game, aber eins bei dem man gar nicht auf die Wertung zu achten braucht.
Wie es sich für einen id-Shooter gehört gibt es Action satt, viele kleine Spielereien (die Minigames und die Rennen), eine beeindruckend stabile Framrate, und für mich das bisher beste Shooter-Feeling infight. Noch nie hat sich ein Shooter in den Kämpfen so flüssig gespielt.
Die kleineren Gegner sind down und nur noch der dick gepanzerte steht? Kein Problem! Völlig selbstverständlich wechselt man in Windeseile die Waffe und wählt die passende Munition und es kann direkt weitergehen. Man hat eigtl wirklich jederzeit alle Optionen (wenn man sein Arsenal beherrscht und weiß, auf welchem Knopf was liegt). Absolut flüssig wechselt man zwischen den Waffen, stellt eine Selbstschussanlage auf, hüpft hinter die Ecke und pfeift sich einen Verband rein, rennt wieder aus der Deckung, reißt einem Gegner via Wingstick den Schädel ab, schiesst dem flüchtenden Gegner mit der Pistole ins Bein und bringt ihn zum Straucheln. Ein Gegner nähert sich derweil, der mit der Schrotflinte weggepustet wird, ehe man dem immer noch am Boden kriechenden Gegner schnell mal einen Pfeil in den Kopf fetzt.
Wie gesagt, objektiv gesehen hat das Spiel einige Schwächen die echte Top-Wertungen undenkbar machen.
Aber wer id-Shooter mag und diese (drei ^^) Disc einlegt, der wird definitiv seinen Spaß haben :)
Ach und abgesehen vom Setting haben Borderlands und Rage eigentlich nicht mehr allzu viel gemein. Sind grundverschiedene Shooter-Arten und beide extrem spassig. Wobei ich im Single-Player lieber Rage zocke.
XBU Dirty Di, 18.10.2011, 14:08 Uhr
Bietet das Game irgendetwas was es nicht schon mehrfach in vielen Spielen gab? Irgendetwas fesselndes, so dass man in Versuchung kommt, einige Stunden länger zu spielen, als man eigentlich geplant hat? Ich befürchte nur, wenn man von Borderlands absolut fasziniert war, denn mir kommt es so vor, als könnte Rage nirgends mehr bieten. :-k