
Und wieder Open World
Die Spielwelt von Mittelerde Schatten des Krieges ist ein Musterbeispiel für die aktuelle Generation von Open World Titeln. Sobald die ersten Missionen erledigt werden, wird die Spielwelt geöffnet und an jeder Ecke tauchen Aktivitäten auf. Es gibt haufenweise Sammelgegenstände, die durch die typischen Türme auf der Karte markiert werden können. Natürlich gibt es Nebenmissionen, Herausforderungen und eben das Nemesis-System.
Auf dem Weg zu einer Aktivität läuft euch nicht selten ein Hauptmann über den Weg. Tötet ihr diesen ist das gut, tötet er euch, eher nicht, Nun wird die Blutrache freigeschaltet und euer Ehrgeiz wird geweckt, den Bösewicht zu finden, um euch zu rächen.
Viele der Möglichkeiten, welche die offene Spielwelt bietet sind aber auch Füllmaterial. Natürlich ist die gewonnene Erfahrung immer gut und auch Waffen sind nett, doch selten bringen Sidequests so gute Items, dass sie mehr sind als Material zum Zerlegen für neue Ressourcen. Zwar funktioniert das Konzept gut genug, damit auf dem Weg von A zu B plötzlich der Fokus auf Aktivität C liegt, doch insgesamt schrecken die weiten Wege dann häufig ab, bestimmte Ziele zu verfolgen.
Die Art, auf welcher Quests gestartet werden, ist leider nicht optimal. Irgendwo in der Spielwelt schwebt ein Symbol in blauem Licht, hier geht Talion hin und per Druck auf RB wird die Mission gestartet. Das schreit einfach förmlich nach Videospiel und passt nicht zu der sonst atmosphärischen Auslegung des Titels. Es sind viele Kleinigkeiten, aber wenn nach vielen Stunden Spielzeit die Story fast beendet, der Fortschritt aber noch unter 50% ist, dann fällt auf, das fiele Füllelemente im Spiel vorhanden sind.
HDR steht nicht nur für Herr der Ringe
Bei der Betrachtung der technischen Seite von Schatten des Krieges muss besonderes Augenmerkt auf die Grafik gelegt werden. Auf vielen Präsentationen und in vielen Trailern wird Mittelerde Schatten des Krieges gerne als Werbetitel für die Xbox One X erscheinen. Der Titel bietet vom Setting auch wirklich viel Futter für eine potente Konsole. Die Massenschlachten und die vielen Lichteffekte könnten auf der neuen Konsole nochmal schöner und imposanter werden, es bliebt spannend.
Doch auch das Grundgerüst ist nicht von schlechten Eltern. Die Welt von Talion ist vollgestopft mit Vegetation und Figuren. Die Bäume und das Gras wehen, während die Orks (nicht immer ganz intelligent) durch die Welt laufen. Es ist immer was los auf dem Screen und dabei fallen keine groben Framedrops auf. Dafür gibt es aber die Klassiker aller Grafikfehler; Popups und Clippingfehler. Die Clippingfehler sind wirklich selten und tauchen eher in den Sequenzen auf, in denen sich Orks vor einem Duell vorstellen. Popups sind aber bei den Fußmärschen durch die Wildnis an der Tagesordnung. Hier wird es spannend, ob die Xbox One X dies besser machen wird. Aktuell fallen diese besonders negativ auf, da die Ladezeiten (auch beim Neustart einer Mission) stellenweise einfach zu lang sind. Die offene Spielwelt wird zudem in einzelne Bereiche gegliedert, zwischen denen auch geladen wird, daher gibt es keine gute Entschuldigung für die Popups.
Wirklich schön ist die Farbenpracht im HDR Modus. Mit Xbox One S und einem HDR TV macht der Titel optisch gleich eine wesentlich bessere Figur. Die Grafik ist grundsätzlich über dem Durchschnitt aber kein Meilenstein, das HDR ist aber wirklich gut gelungen. Nachts oder beim Sonnenauf- und Untergang kommen die Lichteffekte dank erhöhtem Kontrastumfang wirklich gut zur Geltung.
Der Soundtrack setzt wie erwartet auf epische Klänge. Große Trommeln kündigen Gefahr an und ein Orchester untermalt die emotionale Stimmung einer Passage. Das ist alles schön und gut, leider wiederholen sich die Sprüche der normalen Gegner recht schnell. Die Hauptmänner sind natürlich mit guten Sprüchen versehen, diese sind leider in der deutschen Fassung manchmal eher peinlich als bedrohlich. Lichtblick ist hierbei aber Bruz, dieser wird vom Synchronsprecher von Ron Perlman gesprochen. Hier macht es viel Spaß, den Sprüchen zuzuhören. Insgesamt ist aber die englische Synchronfassung zu bevorzugen.
Viel Platz für Entwicklung
Anfänglich kriegt man als Spieler noch recht häufig auf die Mütze. Es empfiehlt sich, erst einige Story Missionen zu machen, hier wird am schnellsten gelevelt. Dies ist auch ein wichtiger Punkt des Spiels. Es haufenweise Skills und es kann pro Aufstieg nur einer neu ausgewählt werden. Hierbei könnt ihr Schleichen, Kämpfen, Fernkampf oder auch Ritte auf Bestien verbessern. Je mehr Skills ihr habt, desto besser könnt ihr euch gegen die großen Gegnermengen wehren.
Insgesamt gibt es aber zu viele Moves, die auf zu ähnliche Tastenkombinationen ausgelöst werden. Nicht alle sind sinnvoll und gerade deswegen werden viele Moves und auch passive Skills schnell vergessen. Hier geht die Übersicht etwas flöten.
Die Übersicht verliert Talion auch in den Kämpfen an machen Punkten. Das aus den Batman-Spielen bekannte Kampfsystem funktioniert auch in unübersichtlichen Situationen recht solide, doch es ist nach wie vor nur schwer möglich, selbst zu entscheiden, welcher Gegner angegriffen wird. Versuche zu flüchten oder Kletterorgien an großen Gebäuden sind stellenweise auch hakelig und so kommt es hin und wieder zu Frustmomenten, bei denen man als Spieler verliert, obwohl es nicht sein müsste.
Fazit
Mittelerde: Schatten des Krieges ist eine gelungene Fortsetzung. Gerade durch die Erweiterung des Nemesis-Systems macht das Spiel richtig Spaß. Der Aufbau einer eigenen Armee ist wohl das Highlight des Titels, genauso gehört auch der Sturm auf eine gegnerische Festung dazu.
Die Mikrotransaktionen, die nötig sind um die eigene Festung zu verteidigen, sind allerdings ein NoGo.
Grafisch hebt der HDR Modus das Spiel vom Durchschnitt ab und die englischen Sprecher bringen gute Stimmung in das Spiel. Spielerisch muss man aufpassen, dass die Serie nicht zum Open World Einheitsbrei wird. Schon jetzt gibt es grenzwertig viele sinnfreie Aktionen auf der Karte.
Wer das Herr der Ringe Setting und zünftige Schwertkämpfe mag, macht auch mit dem zweiten Teil der Mittelerde-Reihe nichts falsch.
Bewertung
Pro
- Schöne Lichteffekte im HDR Modus
- Der Aufbau einer Armee macht Spaß
- Gutes Kampfsystem
Contra
- Zu viele Lückenfüller Missionen
- Mikrotransaktionen

1 Kommentar
XBU MrHyde Di, 17.10.2017, 21:30 Uhr
Sah optisch auf der gamescom schon klasse aus. Aber ist halt OpenWorld und damit kann man mich eher jagen ;)