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Lern ich was?

Werfen wir einen Blick auf das wirkliche Gameplay. Erst bekommt ihr eine Technik vorgeführt, danach müsst ihr sie nachmachen. Schritt für Schritt. Ein Befreien  aus einer Position, in der euer Arm festgehalten wird: Arm nach außen drehen, auf den Ellbogen des Gegners schlagen und ein gezielter Tritt in die Genitalien! Eins nach dem andern und am Schluss alles hintereinander. Dass das Üben vor einem Fernseher ohne einen Sparring-Partner, geschweige denn einen echten Angreifer, relativ sinnbefreit ist, sollte jedem schnell klar werden. Denn es macht schon einen Unterschied, ob mich jemand tatsächlich mit beiden Armen festhält oder ob ich die Luft als meine Begrenzung habe...

Trotzdem machen wir's einfach mal mit. Ich soll den Arm nach außen drehen. In dem Moment klingelt mein Telefon. Verdammt. Ich geh ran. Aus meinem Fernseher hör ich nur ,,Hervorragend!". Ich spreche ein wenig weiter, gestikuliere aus dem Fenster. Aus dem Fernseher ertönt: ,,Sehr gut!". Als ich auflege vernehme ich noch einmal ,,Hervorragend!" und stelle fest, dass ich mich gerade aus einem komplizierten Griff befreit, das Trommelfell meines Gegners zerstört und ihm in die Genitalien getreten habe. Na so was! Das ist ja praktisch.

Ihr seht: Das Spiel verzeiht viel zu viel. Ob ihr das linke Bein hebt, oder das rechte, ob ihr nach vorne oder zur Seite schlagt - die Bewegungen, die eigentlich präzise sein müssten, sind so vage mit Kinect definiert, dass ihr eure Katze im Wohnzimmer verfolgen könnt und ihr trotzdem die volle Punktzahl erreicht.

So lernt man definitiv keine Selbstverteidigung! Denn sogar wer ernst davor steht und spielt, kommt sich irgendwann komisch vor, mit einem unsichtbaren Sparringpartner reihenweise Übungen zu machen. Hinzu kommt: Die Techniken stehen ohne Kontext. Man macht eine nach der andern, ohne sie je wiederholen zu müssen. Außerdem hätte ich mir einen Modus gewünscht, in welchem man sich aus einer bestimmten Position befreien muss und man selbständig die richtigen Moves ausführen muss (also eine tatsächliche Reaktion zeigen muss). Als ,,Prüfung" nach Abschluss einiger Techniken wäre das durchaus angebracht. Gibt es aber nicht. Man macht eine willkürliche Technik nach der anderen.

Den Körper trainieren...

Obwohl Ubisoft für seine guten Fitnessspiele (Your Shape) bekannt ist, haut es mit dem Selbstverteidigungs-Coach irgendwie nicht hin. Denn neben den Kampftechniken gibt es noch andere Sachen zu entdecken, die auch nicht wirklich spannend sind. Das Aufwärmtraining besteht aus einer Reihe verschiedener Figuren und Posen und ist... nicht wirklich aufwärmend. Ins Schwitzen kam ich beim Spielen nie; das ist schon mal kein gutes Zeichen. Außerdem scheint hier die Erkennung der Bewegungen sehr ungenau - oft wird es falsch erkannt. Sollte ja eigentlich egal sein; es geht ja ums Aufwärmen und nicht ums Punktemachen. Wenn allerdings ersteres sowieso nicht klappt, ist es umso nerviger wenn letzteres ebenfalls nicht funktioniert.

Es gibt aber noch andere Sachen zu entdecken. Yoga gefällig? Das scheint in dem Selbstverteidigungscoach auch etwas zu langweilig. Bei You Shape oder anderen Fitnessspielen (Wii Fit z.B.) ist das spannender umgesetzt worden. Hier kommt man sich komisch vor, bestimmte Figuren vor dem Bildschirm auszuführen.

Die andern paar Minispiele, die es zu entdecken gibt, sind Reaktionsspiele in einem Boxring. Aber die sind so unglaublich monoton und leicht, dass man auch darauf nicht viel Lust hat. Wer will schon 4 Minuten nur nach links und rechts ausweichen?!
Zugegeben: Das Spiel kann schon teilweise Spaß machen, aber als Gesamtpaket bietet es weder genügend Fitnessübungen, noch ausreichend Unterricht in der Kunst der Selbstverteidigung. Besonders zur Erlernung eben dieser ist das Spiel einfach untauglich. Ja, es kann sogar gefährlich sein, wenn sich jemand übernimmt und denkt, er könne nach Abschluss der 1000 Gamerscore hier sich tatsächlich selbst gegen Angreifer verteidigen...

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Fazit

Ihr wollt lernen, euch selbst gegen Angreifer zu verteidigen? Dann geht in eine Selbstverteidigungsschule und schmeißt dieses Spiel in den Müll. Denn das kann es euch sicher nicht beibringen!

Es fehlt an Hintergrundinformationen, Kinect akzeptiert viel zu großzügig Fehler eurerseits und ihr werdet durch die mauen Aufwärm- und Reflexübungen auch nicht körperlich fitter.

Die Puppengrafik, die hölzernen Animationen und der etwas dürftige Umfang geben die Frage nach dem Sinn dieses Spiels auf. Selbstverteidigung? Nein. Fitness? Nein. Spaß? Etwas. Zumindest können einige Übungen ein paar Minuten lang ganz cool sein und euch theoretisches Wissen über bestimmte Selbstverteidigungsbewegungen vermitteln.

Aber im echten Leben einem Angreifer ausgesetzt zu sein ist nochmal eine komplett andere Sache, als vor dem Fernseher rum zu hampeln und Punkte dafür zu kassieren...


Bewertung

Pro

  • Gute deutsche Synchro und passende Atmosphäre
  • Sportlich interessant
  • Viele Techniken, verschiedene Spielmodi

Contra

  • Eignet sich AUF KEINEN FALL zum Erlernen von Selbstverteidigung!
  • Keine Hintergrundgeschichte, keine Erklärung, nur Moves (!)
  • Lächerliche Animationen
  • Fehlerhafte Bewegungen werden zu stark verziehen
  • Ist nicht anstrengend (nicht mal das Aufwärmtraining...)

Grafik 7 von 10
7/10
Sound 8 von 10
8/10
Story 3 von 10
3/10
Umfang 8 von 10
8/10
Spielspaß 7 von 10
7/10
Gameplay 7 von 10
7/10
7

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