Überraschend startete am 15. November 2021 Halo Infinite passend zum zwanzigsten Geburtstag der Serie mit einer Beta in den Multiplayer, der losgelöst vom Singleplayer dank Free-to-Play-Ansatz neue Spieler für sich gewinnen will. Ob der neueste Ableger im Multiplayer an die alten Tage anknüpfen und wieder ganz oben bei den Shootern mitmischen kann? Wir sind dieser Frage für euch nachgegangen.
Hinweis: Bei diesem Testbericht behandeln wir ausschließlich den Multiplayer-Part von Halo Infinite. Ein separates Review zum Singleplayer und der Kampagne findet ihr ebenfalls auf unserer Seite.
Die Krux zuerst: das Free-to-Play-Modell
Free-to-Play bringt immer einige Sachen mit sich, die man vielleicht nicht gerne sehen möchte. Fangen wir also mit den schlechten Dingen an, ehe wir uns dem Positiven widmen – und die überwiegen, also bleibt dran.
Da wäre zum einen die offensichtliche Monetarisierung. Natürlich kommt auch Halo Infinite mit einem Battle Pass daher, natürlich gibt es einen Ingame-Store, der euch Skins, Posen, Rüstungsteile und kleine Bildchen verkaufen will.
Problem dabei: Die Preise. Viele Gegenstände werden nur in Bundles angeboten, die schnell mal 12 Euro, ehemals sogar bis zu 20 Euro kosten können. Das steht leider in keinem Verhältnis, auch wenn zum Glück schon an der Preisschraube gedreht wurde und auch Items aus Bundles einzeln erworben werden können. Außerdem soll es ab Season 2 die Möglichkeit geben, Ingame-Währung durch das Spielen zu verdienen.
Immerhin: Es gibt keine Dinge im Shop, die euch im Spiel besser machen würden.
Es gibt aber XP Boosts und Herausforderungswechsler – und die spielen in das zweite Problem rein, den Battle Pass. Der fällt mit rund 10 Euro relativ human aus und bietet 100 Level, die verschiedene Belohnungen für euch bereithalten. Man kann hier darüber streiten, ob die Gegenstände das wert sind, aber grundsätzlich sind wir recht zufrieden mit der Ausbeute. Nervig ist nur, dass wir den Battle Pass nur über Herausforderungen vorantreiben können. Auch hier hat 343 Industries schon nachgebessert und immerhin bringen die ersten sieben Matches, die ihr an einem Tag spielt, 1000 XP, was genau einem Level entspricht. Besondere Leistungen in einem Match, etwa der Sieg oder viele Kills werden allerdings so gar nicht belohnt – irgendwie frustrierend.
Der wöchentliche Frust
Zusätzlich können wir in wöchentlichen Herausforderungen weitere XP verdienen. Schaffen wir alle Herausforderungen einer Woche, winkt sogar eine besondere Belohnung. Aber natürlich gibt es auch hier einen Haken: die Herausforderungen an sich. Denn die sind sehr unterschiedlich in der Schwierigkeit. Mal müssen wir nur ein paar Kills machen, mal wiederum mit einer bestimmten Waffe oder einem Fahrzeug Gegner vernichten. Die müssen wir aber erst einmal finden und dann natürlich noch die Kills machen – nicht immer so einfach.
Passt uns eine Aufgabe so gar nicht, können wir sie austauschen. Einige dieser Swaps bekommen wir übrigens auch im kostenlosen Battle Pass – dennoch, nahezu jede Woche ist eine Herausforderung dabei, die man partout nicht machen will oder kann.
Das größte Problem: Das Spiel zwingt uns Waffen oder Modi auf, die wir vielleicht gar nicht spielen wollen. Wenn ich mit Freunden spiele, will ich nicht Free to Play, also Jeder gegen Jeden spielen. Und ich will vielleicht auch nicht mit einer speziellen Waffe spielen.
Man könnte jetzt sagen: „Dann lass die Aufgaben doch einfach“ – und das wäre vermutlich das Gesündeste, was man machen kann. Aber dann tritt die berüchtigte FOMO auf – Fear of Missing Out –, die Angst also, etwas zu verpassen. Denn schließlich winkt am Ende aller Herausforderungen eine Belohnung – auch wenn es ein noch so ödes Visier sein mag.
Das Gunplay rettet den Tag
Wenn man aber all diese Problematik außer Acht lässt – und das sollte man wirklich – kann man einer der besten und ausgereiftesten Shooter des letzten Jahres vollkommen kostenfrei genießen. Natürlich ist es ärgerlich, wenn das ganze Progressionssystem auf Mikrotransaktionen ausgelegt ist. Aber im Endeffekt sollten wir doch einfach aus Spaß spielen, oder nicht?
Und der kommt dank des wirklich genialen Gameplays, über das wir schon im Review zum Singleplayer gesprochen, einfach jederzeit auf. Es kommt sogar noch besser: das Gameplay aus dem Singleplayer kann noch getoppt werden. Warum? Weil wir gegen echte Gegner antreten, die teilweise clever agieren, und weil wir mit jeder Runde unser Movement verbessern können. Wenn wir dann am Ende einen Feind mithilfe der wahnsinnig tollen Sandbox von Halo Infinite auszutricksen und ein Duell für uns entscheiden oder sogar eine ganze Partie drehen, ist das so unfassbar befriedigend.
Großen Einfluss auf das Spielgeschehen haben natürlich die Waffen. Was wir besonders hervorheben wollen: das Balancing. Jede Waffe (mit einzelnen Ausnahmen – wir gucken auf dich, Ravenger) fühlt sich einfach gut an und nimmt verschiedene Rollen ein. Ein Skewer ist eine langsame, ballistische Waffe, die dafür mit einem Schuss tötet und Fahrzeugen ordentlich zusetzt, während die Heatwave dank zweier Feuermodi perfekt Schilde zerstört oder Wege abschneidet. Hinzu kommen altbekannte Waffen wie die Battle Rifle mit tödlicher Präzision und die endlich wirklich nützliche Assault Rifle, die auf kurze und mittlere Distanzen ordentlich reinhaut.
Fazit
Der Multiplayer von Halo Infinite ist derzeit ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite steht das großartige und umfängliche Gameplay, die tollen Sandbox-Arena-Gefechte und der ungemeine Spielspaß. Zudem ist das Grundgerüst sehr ausgereift – anders als viele Spiele der letzten Zeit.
Auf der anderen Seite steht die Monetarisierung, die uns jederzeit begleitet und die Anpassungsmöglichkeiten stark einschränkt. Hinzu kommen Aufgaben, die uns einen Spielstil vorgeben, nur damit wir am Ende der Woche eine Belohnung verdienen können.
Machen wir von dieser Problematik aber frei, haben wir richtig viel Spaß mit dem Mehrspielerpart des neuesten Halo-Ablegers. Bei all dem Spaß darf man aber auch nicht vergessen, dass es noch grundlegende Probleme gibt, die kurzfristig gelöst werden müssen: die Menge an Cheatern, der Zwang zu Crossplay oder auch schlechte Serververbindungen mit hohen Pings.
Langfristig wird dann ebenfalls spannend, wie häufig und regelmäßig Neuerungen wie Karten, Modi oder Features wie Forge sowie ein Custom Browser hinzukommen. Wir hoffen jedenfalls, dass spätestens mit Season 2 einige neue Inhalte hinzukommen und langfristiger Support gewährleistet wird.
Bewertung
Pro
- Gut designte Maps
- Tolles Sandbox-Gameplay
- Befriedigendes Trefferfeedback
- Tolles Audioerlebnis
- Flüssige Performance
- Viele Anpassungsmöglichkeiten (Steuerung, Farbgebung etc.)
Contra
- Monetarisierungsmodell
- Wöchentliche Herausforderungen
- Zwang zu Crossplay
- Fehlende Features
- Teilweise schlechte Serververbindungen und Cheater
3 Kommentare
XBU TNT2808 Do, 12.05.2022, 08:53 Uhr
Hey Mattcher77, erst einmal vielen Dank für deinen Kommentar. Ich spiele Halo Infinite immer noch sehr gerne, aber gegen Ende von Season 1 ging ein wenig die Luft raus.
Die neuen Inhalte machen aber Spaß, die beiden Maps finde ich sehr gelungen, optisch wie auch spielerisch.
Und Last Spartan Standing ist ein schöner Vorgeschmack auf der gemunkelte Battle Royale, dass sich in Entwicklung befinden soll.
Zu deiner Frage: Ich habe den Fortschritt auch nach Verlassen des Matches erhalten, allerdings mit Verzögerung, da das Spiel ja noch nicht zu Ende war. In der Regel dauerte es eine weitere Partie, bis die Fortschritte übernommen waren. Aber seitdem gab es auch wieder einen Patch, also vielleicht geht es jetzt auch schneller.
Mattcher77 Mi, 04.05.2022, 15:24 Uhr
Ich habe keinen eigenen Thread zum Spiel gefunden, daher schreibe ich meine Frage mal hier hinein.
Mit dem neuen Update (Juhu, Erfolge schalten sich noch immer nicht frei...) gibt es ja den Modus "Letzter Überlebender Spartan". Wenn die Leben aufgebraucht sind, erscheint die Meldung, dass man das Spiel verlassen kann und der Herausforderungsfortschritt NICHT verloren geht. Nun ist es so, dass er aber verloren geht und man das Spiel bis zum Ende anschauen muss, um den Fortschritt zu erhalten. Mache ich irgendwas falsch beim Verlassen des Spiels oder ist es im Moment einfach noch verbuggt?
Mattcher77 Fr, 04.02.2022, 16:33 Uhr
Sehr guter Testbericht, der den Nagel auf den Kopf trifft. Das Gameplay ist gut und greift die Stärken von Halo absolut auf. Daher unterscheidet sich Halo auch weiterhin angenehm von anderen Shootern. Insgesamt lässt es sich gut spielen. Negativ in Sachen Gameplay fallen mir nur der viel zu geringe Radius des Radars auf und teilweise grottenschlechte Spawnpunkte.
Richtig schlecht ist für mich das ganze Drumherum. Den Battlepass hat man schon in Teilen verbessert, was positiv ist (aber warum keine Extra-Ep für einen Sieg?!). Allerdings nervt es, wie es auch im Testbericht geschrieben steht, dass der Fortschritt an Modi und Spielweisen gebunden ist. Wenn man wenigstens dann auch den nötigen Modus auswählen könnte...
Nächster Punkt ist das Matchmaking. Da habe ich den Eindruck, dass es zu Beginn besser war. Sehr häufig wirkt die Spielerzusammenstellung unbalanced. Entweder man gewinnt haushoch oder man hat im Team keine Chance. Vielleicht hängt es auch mit Crossplay zusammen, was man nicht ausschalten kann...
Richtig nervig finde ich jedoch, dass man während der Spielersuche keinerlei Änderungen an der Ausrüstung vornehmen kann (zudem wird die Spielersuche häufig abgebrochen, wenn man im Menü rumschleicht, ohne dass man es merkt). Das ist komplett unkomfortabel. Wobei es bei manchen Items, die im Shop angeboten werden, besser ist, wenn man sie nicht ausrüsten könnte. Sorry, aber die Katzenohren passen besser zu Hello Kitty als Halo und machen das ganze irgendwie lächerlich (erinnert mich stark an Gears, wo das eigene Flair durch bunte Farben und irgendwelche Quatschskins komplett verschwindet).
Abschließend wäre es noch toll, wenn Quick Resume ordentlich funktionieren würde und man nicht ständig neu laden muss, weil die Server nicht gefunden werden.
Für mich stimmt bei Halo ein Großteil vom Gameplay, aber in Sachen Komfort (Anpassungen, Modiwahl, Quick Resume) und Ausrichtung der Items gibt es noch einiges zu verbessern. Ich hoffe, dass bald neue Karten erscheinen und man vielleicht doch noch ein Levelsystem implementiert, was auf Dauer motivieren könnte.