
Nach gemischten Kritiken aber positiver Resonanz von den Fans bekam Call of Juarez schnell einen Nachfolger spendiert. Doch Bound in Blood sollte vorerst der letzte Titel im Wilden Westen der Vergangenheit sein. Nun ist Call of Juarez The Cartel erschienen und markiert einen Wendepunkt in der Serie, nicht nur inhaltlich, sondern auch qualitativ. Wir haben die Zeitreise zurück in die Zukunft für euch angetreten.
Wild West aktuell
Die Story steht in der Tradition der Serie. Es ist eine ernste, erwachsene Story um Gesetzlose und die, die sich Gesetzeshüter nennen. Das Grundgerüst wurde recht gut in die Moderne umgesetzt. Aus Indianer und Sheriff wurden halten Gangster und Polizei, es geht nicht und Land und Vieh, sondern um Drogen und Menschenhandel. Im Fokus stehen dabei drei Protagonisten, Ben McCall Mitglied des LAPD mit einer Vorliebe für Prostituierte, Eddie Guerra, DEA Agent mit einem Spielproblem und die FBI Beamte Kim Evans, welche selber Familie in einer Gang hat.
Es ist also klar es geht um Antihelden, jeder von ihnen hat eine dunkle Seite und so ist das zusammengewürfelte Team nicht nur in den Drogenkrieg verwickelt, sondern kämpft auch untereinander. Die Story abseits des Trios ist banal, das liegt aber eher an der lahmen Erzählung. Zusammenfassend kann man sagen, es gab ein Attentat auf Beamte und irgendwo einen Maulwurf, der theoretisch jeder von euch sein kann.
Im Westen nichts Neues
Gameplaytechnisch will Call of Juarez The Cartel mit dem Coop Modus punkten, in der Tat ruht sich das Game zu sehr auf diesem Modus aus und bietet darüber hinaus nichts. Die Steuerung allen voran ist eher ein Schritt zurück. Anstatt sich an gängige Shooter-Belegungen anzupassen, hat man hier Muster gewählt, welche ich selbst nach Stunden nicht aus dem Handgelenk beherrsche. Positiv kann man vermerken, dass es haufenweise verschiedene Waffen gibt, die ihr durch neue Ränge freischalten müsst. Welche ihr wählt, macht am Ende jedoch kaum Unterschied. Zwar sind Schrotflinten, Maschinengewehre und Scharfschützengewehre unterschiedlich, doch in einer Klasse tut sich da wenig.
Der Spielablauf ist dann auch immer gleich: Ihr wählt Waffen, steigt ins Auto, fahrt zu einem Ort, erst lauft ihr rum und hört euch sinnfreie Gespräche der Protagonisten an und plötzlich eskaliert die Situation und hunderte Gangster-Klone stürmen auf euch zu. Durch recht eintönige und stellenweise furchtbar dunkle Szenarien ballert ihr nun alle Klischee-50 Cent-Fans über den Haufen, nur um am Ende wieder mit dem Auto zu fahren. Die Autotouren sind entweder so ausgelegt, dass ihr flüchtet, also selbst fahrt oder eben ihr der Verfolger seid, dann hängt ihr aus dem Beifahrerfenster und ballert wieder. Bei beiden Dingen läuft es eher hakelig ab und die Fahrphysik ist alles andere als realistisch.
Den aus Call of Juarez bekannten Konzentrationsmodus gibt es auch wieder. Er hilft euch, doch nur bedingt, denn das Aiming ist so schwammig, dass es selbst in der Zeitlupe nicht sonderlich einfach ist, die Gegner zu beseitigen. Die Steuerung generell ist auch überaus schwammig: Ich fühlte mich eher wie auf Ski und nicht wie in der texanischen Sonne. Es kommt vor, dass ihr fünf Magazine auf Gegner schießt, die ihr hinter Deckungen kaum seht und dank Steuerung kaum anvisieren könnt, dieser dann plötzlich auf euch zu kommt und ihr es -erneut dank Steuerung- nicht so einfach weg schafft. Boom, zurück zum Checkpoint, sehr frustrierend. Hier gibt es kein neues Gameplay und das, was alt ist, ist dafür nicht einmal sonderlich gut.
Western-Feeling gelungen portiert?
Neben allen Fragen, ist wohl die wichtigste für die Fans, ob nun das bekannte Western-Feeling gut transferiert wurde. Nun die Antwort ist ganz klar "Nein". Zwar hat man uns das neue Setting in der Präsentation in Hamburg schmackhaft gemacht und natürlich machen Bikes anstatt Pferde, Drogen anstatt Indianer und UZI anstatt Pfeil & Bogen Sinn in einem modernen Western, doch es fühlt sich einfach nicht so gut an. Wie es sich auf jeden Fall anfühlt, und das ist auch gewollt, ist wie ein Roadmovie. Denn ihr wechselt wie in guten alten Filmen immer auf Grund der Ereignisse von einem Ort zum nächsten und bewegt euch so auf Juarez zu, um den Bogen zu den Vorgängern zu schlagen. Tatsächlich wird das Spiel zum Ende hin Western-lastiger, jedoch funktioniert die Idee eines urbanen Western-Settings in mehr als der ersten Hälfte des Titels leider gar nicht.
Für Insider bieten sich dennoch einige Verknüpfungen. So sagt McCall, wenn der Konzentrationsmodus aktiviert wird, mehr oder weniger korrekte Bibelstellen auf, wie man es vom Priester des Vorgängers kannte. Weiterhin zeigt der Familienstammbaum des LAPD-Agenten eindeutig, dass er mit bekannten Figuren der Serie verwandt ist, doch das alles reicht einfach nicht, um die Enttäuschung bei den Fans wieder gut zu machen.
Call of Juarez Teil eins und zwei waren sicher nicht wegen ihrer grandiosen technischen Leistungen beliebt, sondern weil sie es schafften, einen erwachsenen Western stimmig zu vermitteln. Erwachsen ist auch The Cartel mit seinen Prostituierten, den -mittlerweile in Games immer häufiger auftauchenden- nackten Brüsten, den Drogen und der Gewalt. Doch ein Western ist dieses Spiel höchstens zu einem Viertel.
Fazit
Call of Juarez The Cartel wollte den selben Weg gehen, wie aktuell diverse Franchises aus dem Shooter-Genre, doch kein anderer Titel scheiterte so sehr daran, ein vergangenes Szenario in die Moderne zu transferieren.
Klar, WWII-Szenarien hatten die Spieler satt, da war es bei der Konkurrenz einfacher, doch den Wilden Westen mochten die Gamer und ich mochte ihn auch. Daher schmerzt es besonders, dass eine Wild West-Serie ihren ganzen Charme verliert, weil wir in matschiger Optik, voller Bugs und schlechter Steuerung Klischee-behaftete Latinos jagen.
Der Coop-Modus hingegen ist vom Gerüst her gut gelungen und dürfte wohl der einzige Grund sein, das Game ernsthaft zu spielen, denn alleine macht The Cartel wenig Spaß und treibt mir nur die Sehnsucht nach Pfeil und Bogen ins Herz. So sollte die Serie nicht weitergehen.
Bewertung
Pro
- Coop-Modus ganz gut gelungen
Contra
- Technisch altbacken und verbuggt
- Western-Charme der Vorgänger nicht mehr vorhanden
- Monotones Gameplay
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