L.A. Noire

[logiCopter]

Innovation ist eine schöne Sache, wenn die neue Idee faszinierend umgesetzt ist und dem Gamer neue Möglichkeiten der Spielewelt zeigt.
Ob die Innovations-Idee von LA Noire faszinierend sein kann (statt durch ballern und Action löst man die Fälle mehr durch Indizien und kombinieren beim Verhör Tatverdächtiger) wird von LA Noire leider nicht beantwortet.
Sicher ist nur eins: Durch diese öde, lieblose und völlig langweilige Umsetzung wird dieser Innovations-Idee zuverlässig und nachhaltig das Licht ausgeblasen.
Haupt-Kritik-Punkt: Atmosphäre
Die Entwickler erhoben ja den Anspruch, man solle beim Spielen das Gefühl haben, man spiele sich in einen Film hinein.
Dann hätten sich die Entwickler besser erstmal einen Film genau angucken sollen, da hätten sie vielleicht bemerkt, dass fast jeder Film Atmosphäre schafft, indem er Szenen mit guter und passender Hintergrund-Musik unterlegt.
Sowas sucht man bei LA-Noire vergebens. Die einzige Musik, die auftaucht, ist das immer absolut gleiche emotionslose Gesäusel beim durchsuchen von Tatorten, und man ist froh, wenn dieses Gesäusel endlich verstummt, weil das nämlich bedeutet, dass man alles gefunden hat und die öde Suche endlich ein Ende hat.
Beim Startbildschirm sieht es noch gut aus: Die LA-Noire-Leuchtreklame, unterlegt mit gepflegter Jazzmusik und die folgende verregnete Gasse, wo man fortsetzen und Extras anwählen kann, lassen auf eine fesselnde Atmosphäre hoffen. Aber sobald man das Spiel dann startet, ist's aus mit Musik, aus mit Wetter und aus mit so ziemlich allem, was sonst noch Atmosphäre schaffen könnte.

Stattdessen befindet man sich in einer sterilen Stadt ohne jede Atmo, ohne Hintergrundmusik und fast ohne Wetter. Selbst Tag und Nacht fällt kaum auf.
Und die Cole Phelps-Figur hat so ziemlich das langweiligste und nichtssagendste Gesicht, das ich jemals durch eine Spielewelt geschoben habe.
Ein Witz bei einem Spiel, das schon im Vorfeld große Ankündigungen von wegen Mimik und neuer Gesichtstechnik vom Stapel gelassen hat. Hier ist auch kaum was zu bemerken bei den sonstigen Charakteren, ich kenne jedenfalls viele Spiele, wo mich die Mimik ihrer Charaktere dreimal so viel beeindruckt hat, egal, wieviele Muskeln mehr sich in einem LA-Noire-Gesicht da angeblich bewegen sollen.

Hinzu kommt die alte Krankheit von Rockstar, seine Spiele grundsätzlich nicht zu synchronisieren. Was habe (bzw. hätte) ich von angeblich toll animierten und aussagekräftigen Gesichtern, wenn ich beim Verhör dauernd die Untertitel lesen muss, um alles genau zu verstehen und richtig zu kombinieren ?
Aber keine Sorge, das mitlesen und kombinieren kann man sich auch sparen. Denn egal ob man Lüge oder Wahrheit anklickt, es ändert nicht das geringste am weiteren Spielverlauf, die Fragen bleiben gleich, die Antworten bleiben gleich, alles bleibt gleich. Das ganze endet in einem Herunterbeten (= Anklicken) von Stichpunkten in eurem Notizbuch, den Rest erledigt Cole Phelps mit seinem Allerweltsgesicht.
Na ja, immerhin bekommt man am Schluß der Mission für "richtiges" Einschätzen der Antworten ein paar Sternchen mehr - wie aufregend !
Warum ihr die ein oder andere Antwort "falsch" eingeschätzt habt, werdet ihr allerdings nie erfahren.

Genauso steril und langweilig wie die Stadt aussieht, genauso steril und langweilig fahren sich auch die Autos. Sie vermitteln kein Fahrgefühl, keine Fahrphysik und steuern sich alle gleich. Auch das blöde Rumsuchen nach dem Weg sollte langsam mal der Vergangenheit angehören. Na ja, man kann beim Fahren den Kollegen nach dem Weg fragen, und wenn der nicht gerade was anderes zu labern hat, sagt er dir vielleicht auch, dass du abbiegen sollst ... wenn !
Ich habe ihn schon bald selbst fahren lassen, denn beim Fahren dieser Autos kommt ja eh kein Spaß auf.

Nach Red Dead Redemption ist LA-Noire nun der zweite Innovationsversuch von Rockstar - und gleichzeitig auch der zweite Rohrkrepierer.
Rockstar hat ja mit seinem Open-World-Konzept einst DIE Innovation im Gameruniversum hingelegt. Aber das ist inzwischen schon ein Weilchen her, neu ist das jetzt nicht mehr.
Wenn Rockstar nicht bald ein paar Leute einstellt, die kreativ genug sind, neue innovative Ideen so umzusetzen, dass sie auch was bringen, sehe ich schwarz für den guten Ruf.
Mit "Team-Bondi" war das jedenfalls nix.



PS: Wer Lust auf Innovation hat, sollte es lieber mit Portal 2 versuchen.
Falls er ein Rätselhasser ist wie ich, könnte er bei diesem Spiel aufgrund einer genialen Innovation plötzlich eine ganz neue Seite an sich entdecken.