
Keine realistische CPU
Die Schwierigkeitsgrade der CPU sind sehr seltsam. Einige niedrige Schwierigkeitsgrade agieren nicht taktisch, sondern einfach dumm (bestrafen offensichtliche Fehler nicht, exponieren ihre wertvollsten Figuren, usw.) und selbst das Großmeister-Niveau ließ sich mit einem simplen gratis Schachprogramm schlagen.
Es fehlen ebenfalls weiterhin „Spielercharaktere“. Denn Schach gegen einen „perfekten“ Computer ist bei weitem nicht so interessant, wie gegen echte Spieler, welche Emotionen und Taktiken haben, ab und an Fehler begehen und vielleicht auch kein Pokerface besitzen. Die virtuelle Partie gegen einen nichtexistierenden Gegner ist somit durchaus uninteressanter, als gegen echte Personen. Es gibt mittlerweile aber viele Schachcomputer, die reale Personen imitieren und z.B. aggressiver spielen, sehr langsam oder auch teilweise unüberlegt. Diese Spieler-Charaktere fehlen in Chess Ultra, man spielt einfach eine Partie gegen die CPU und fertig. Sie agiert prinzipiell immer gleich.
Elo? It’s me.
Die für die Xbox größte Änderung zum Vorgänger, ist, dass man als Spieler (sowohl gegen den Computer als auch gegen menschliche Gegner) keine spielspezifische Bewertung bekommt, sondern dass man einen Elo-Rang erhält. Elo ist ein anerkanntes Ranglistensystem, in welchem man eine Bewertung für sein Spielen bekommt. Es wird hauptsächlich im Schach benutzt, findet aber auch in anderen Sportarten oder Brettspielen seine Anwendung. Mit einem Elo-Rang können erfahrene Spieler sich ein genaueres und besseres Bild machen, wie gut sie selbst oder ihre Gegner sind.
Der Rang steigt sowohl im Multiplayer als auch im Singleplayer. Spielt ihr gut gegen den Computer, steigt ihr also ebenfalls im Rang. Er hat keine Bedeutung und neben ein-zwei Erfolgen fällt er nicht weiter ins Gewicht: Es ist eine Art Handicap und ermöglicht euch besser, euch einzuschätzen. Für den neuen, systemübergreifenden Mehrspielermodus eine feine Sache. Doch die Probleme aus dem Vorgänger bestehen hier weiterhin (immer im Prinzip Fernschach und wenn ein Spieler keine Lust mehr hat, bleibt die Partie stets offen und man hat nie verloren oder gewonnen),
4K und VR?
Groß angekündigt und wohl auch ein Grund, warum man so schnell einen Nachfolger von Pure Chess haben wollte, ist das 4K- und VR-Feature. Die Xbox unterstützt momentan keine VirtualReality, weswegen dieses Feature – sich komplett um das Schachfeld bewegend im Raum hin und her sehend – erst einmal komplett wegfällt.
Und 4K? Ja gut, die Xbox One X eventuell in Zukunft, aber die aktuellen Konsolen erlauben das noch nicht. Und da muss man sich weiterhin fragen, ob es für ein Schachspiel wirklich vonnöten ist, in 4K zu spielen… Als zukünftiges Standardformat sage ich: Von mir aus. Aber als Feature anzupreisen? Ich frage nochmal: Habe ich wirklich etwas von der Auflösung in einem Schachspiel? Primär geht es um die Partie und nicht um das unnötige Gewusel und das Setting drum herum…
Tja, und als wäre 4K und VR nicht genug unnötiger, technischer Firlefanz, hat das Spiel teilweise technische Probleme auf der Xbox One. Es unterstützt den Ruhemodus der Konsole nicht richtig (das Spiel geht dann sofort ins Hauptmenü, wenn man die Konsole aus dem Ruhezustand erwacht und das Spiel startet), die Auswahl des Menüs hängt teilweise und nach einer abgeschlossenen Partie funktioniert das Zurückspulen oft nicht, so dass man gar nichts auswählen kann.
Fazit
Zu seinem Vorgänger hat sich nichts groß verändert und das ist wohl der größte Kritikpunkt des Spiels. Die kleinen Fehler und Problemchen hier und da, wie die mangelnde Kontrolle über die Kameraperspektive oder der zu kleine Soundtrack, sind nicht ausgebügelt, sondern einfach weiterhin übernommen worden. „Neue“ Features sind lediglich das Elo-Bewertungssystem und die Möglichkeit, in VR und 4K zu spielen, während diese beiden Optionen für keine Xbox-Konsole momentan zur Verfügung stehen. Daneben funktioniert das Spiel nicht mehr so technisch rund, wie der Vorgänger und hat uns zudem der Möglichkeit beraubt, dem Gegner ein Remis anzubieten.
Sicherlich ist Pure Chess weiterhin ein gutes Schachspiel für einen kleinen Preis. Es bietet eine sehr schöne, ruhige Atmosphäre und gute Schachrätsel, doch hebt es sich insgesamt nicht genug von seinem Vorgänger ab und enttäuscht, da man von einem Nachfolger deutlich mehr Verbesserungen erwartet. Wo sind CPU-Gegner mit verschiedenen Spielercharakteren? Wo ist das Taktiklehrbuch? Hier ist noch viel Luft nach oben.
Bewertung
Pro
- Schöne, ruhige Atmosphäre
- Neues ELO-Rangsystem
- Gutes Preis/Leistungs-Verhältnis
- Online-Multiplayer ist systemübergreifend
- Neu: Möglichkeit, gegen den Computer aufzugeben
- Viele Anpassungs- und Einstellungsmöglichkeiten
Contra
- Keine Verbesserungen zum Vorgänger
- Kamera nicht frei wählbar
- Teils unmöglich zu unterscheidende Figuren
- Soundtrack zu klein, keine Sprachausgabe
- Keine CPU-Charakterprofile
- Tutorial ohne Tipps zu Taktiken
- Technische Probleme
- Die Möglichkeit, ein Remis anzubieten, fehlt
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