
Schuld und Sühne: Ich entscheide!
Das, was diesmal ein wenig anders daherkommt, sind die Schlussfolgerungsmöglichkeiten. Holmes ist für seine ,,Deduktionen", Ableitungen bekannt. Ihr entscheidet aus den vielen Hinweisen selber, welche ihr miteinander verbinden wollt und wen ihr als Täter verurteilen möchtet. Und da die Polizei wie immer Holmes volle Entscheidungskraft annimmt, bleibt euch somit offen, tatsächlich auch mal den Unschuldigen zu beschuldigen und ihn hinter Gitter (oder sogar an den Galgen...) zu führen. Das Spiel lässt euch diese Möglichkeiten steht's frei und verrät auch nur optional, ob ihr euch tatsächlich für den ,,richtigen" Schuldigen entschieden habt. Außerdem habt ihr stets die Möglichkeit, euren Beschuldigten der Polizei zu übergeben oder Gnade walten zu lassen und ihn entkommen zu lassen. Diese moralische Flexibilität, die in den Büchern auch immer wieder dargestellt wurde, macht das Spiel sehr spannend. Man weiß nie wirklich, ob man die richtige Schlussfolgerung gezogen hat und man muss selbst entscheidend, ob man ein gnadenloser Richter oder ein wohlwollender Rätsellöser sein möchte, der die Motive von Mördern nachvollziehen kann.
Allerdings kommt diese Entscheidungsmöglichkeit zu einem gewissen Preis. Wir haben feststellen müssen, dass durch die verschiedenen Enden und die Tatsache, dass das Spiel euch es generell nicht zeigen möchte, ob ihr richtig lagt, gerade die Auflösung der Fälle recht unspektakulär daherkommen. Es gibt keine spannenden Verfolgungsjagden, kein großes Rumgeschrei der Beschuldigten, es gibt eigentlich nie so wirklich einen richtig spannenden und schönen Schluss. Ist der Fall analysiert und ein Schuldiger gefunden schließt das Spiel recht schnell ab und es geht zum nächsten Fall. Das ist schade - hier geht einiges verloren. Oft interessiert es einen ja, was aus den involvierten Parteien in dem Mordfall geworden ist.
Kein Wiederspielwert gegeben
Das Spiel macht Spaß, ist eine Abwechslung im Xbox-Alltag und ist durchaus spannend - bietet aber leider überhaupt keinen Wiederspielwert. Zwar könnte es interessant sein, wenn man sich falsch entschieden hat, die Fälle nochmal zu spielen und den richtigen zu finden, doch so wirklich motivierend ist das nicht. Das liegt unter anderem daran, dass das Spiel auch etwas zu viele, unnötige Ladezeiten hat. Die werden zwar immer schön überspielt indem man Holmes und Watson in einer Kutsche von Punkt A nach B fahren sieht, doch erscheint es manchmal müßig. Entdeckt ihr an einem Tatort einen Hinweis auf einen alten Skandal müsst ihr erstmal wieder nach Baker Street reisen (Ladezeit) um euer Archiv nach einer alten Zeitung zu durchsuchen und dann wieder zurück (Ladezeit) um ggf. Leute mit neuen Tatsachen zu konfrontieren. Die Ladezeiten variieren, sind meist nicht sehr lang (nur in einem Fall ist ein Tatort sehr groß - ein Gewächshaus - da dauert die Ladezeit fast eine Minute!), wirken aber einfach nervig, weil man sich denkt, dass das auch schneller hätte ablaufen können.
Da ihr auch nicht wirklich frei in London umherlaufen könnt und immer nur zwischen ein paar Orten hin und herreisen könnt, sowie auch die Interaktions- und Erkundungsmöglichkeiten von Dingen sehr gering gehalten sind, ist das Spiel auch recht schnell durchgespielt. Wir haben neuneinhalb Stunden gebraucht, um alle Fälle abzuschließen und damit ist die Sache auch gegessen. Nochmal spielen ist uninteressant, schließlich kennen wir die Fälle und deren Auflösung ja jetzt bereits. Wem das also zu wenig ist, wird wahrscheinlich nicht bereitwillig viel Geld für Crimes & Punishments ausgeben wollen.
Fazit
Crimes & Punishments spielt sich genauso, wie wir es von einem Sherlock-Holmes-Spiel erwartet haben. Das ist allerdings nicht unbedingt so positiv. Denn die Technik ist gleichgeblieben und ist so eines Xbox-One-Spiels nicht unbedingt würdig - bereits Xbox 360 Spiele mit ähnlichem Gehalt haben es besser gemacht. Allerdings ist Grafik nicht alles. Die rein englische Sprachausgabe ist gewohnt gut und rettet viel Atmosphäre in einem Spiel, indem es hauptsächlich um das Stück für Stück Erkunden von Mordfällen geht.
Das Gameplay ist somit wie gewohnt ruhig, ein Point & Click ohne große Überraschungen, ohne zu große Erkundungsfreiheiten und ohne Schwierigkeiten. Selbst die Minispiele können übersprungen werden. Neu ist die Möglichkeiten bei den Schlussfolgerungen selbst entscheiden zu können, wen man als Schuldigen überführt und die Möglichkeit, seinen Beschuldigten hinter Gitter zu bringen oder Gnade walten zu lassen. Dies macht die Lösung der Fälle spannender, da man selbst stets etwas im Ungewissen bleibt, ob man die richtige Entscheidung getroffen hat.
Insgesamt bietet das Spiel aber nicht sehr viel Umfang. Das simple Gameplay, die lineare Story und die nicht vorhandenen Zusatzfeatures resultieren in 9-10 Stunden Spielspaß ohne wirklichen Wiederspielwert. Alles in allem bleibt das Spiel für Krimifans interessant und unterhaltsam, besonders im Gegensatz zum ,,normalen" Xbox-Alltag, kann aber in einigen Bereichen nicht mit anderen Vollpreistiteln mithalten.
Bewertung
Pro
- Charme und Atmosphäre von Sherlock Holmes
- Möglichkeit, eigene Schlussfolgerungen zu ziehen
- Spannende Kriminalfälle mit kniffligen Rätseln
Contra
- Grafisch veraltet, nur englische Sprachausgabe
- Gameplay sehr linear, keine großen Erkundungsmöglichkeiten
- Umfang gering, kein Wiederspielwert

7 Kommentare
Jason_V. Di, 05.04.2016, 20:54 Uhr
Habs zwar auch nur als Gratisdownload gespielt und die Maschinerie somit nicht finanziell unterstützt, fand das Spiel aber richtig gut.
Grafik kann man verschmerzen, Steuerung ist teilweise natürlich etwas wackelig in der kleinen, bespielbaren Welt.
Aber das macht nichts. Die Fälle sind spannend weil ich mir meist bis zum Schluss nie wirklich sicher war, ob ich richtig liege.
Wenn da ein neuer Teil raus kommt, würd ich mir den für 40 oder 50 Euro sicher kaufen!
c0rtez Mo, 02.03.2015, 06:47 Uhr
Ja da magst du recht haben. Einen Actionreichen trailer zu machen fällt bei dem Spiel sehr schwer. Und Grafik is halt Meinungssache. Ich zb finde die Grafik sehr gut. Ich meine klar is kein ryse forza oder bf aber für ein Spiel dieser Art finde ich die Grafik top.
XBU Philippe So, 01.03.2015, 23:25 Uhr
Ich glaube, dass ein großes Problem bei Sherlock Holmes auch ist, dass sich das Spielprinzip schwer "vermarkten" lässt. Das muss man einfach selber spielen, um zu verstehen, dass es unterhaltsam ist. In einem Trailer sieht man eher die prinzipiell mittelmäßige Grafik, macht sich kein Bild vom Gameplay und es gibt auch keine wirklich vergleichbaren Spiele.
Ist ein wenig so, wie für ein komplexeres Brettspiel Werbung zu machen: Schwierig. Man muss es selbst spielen, um herauszufinden, ob es einem gefällt.
c0rtez So, 01.03.2015, 18:02 Uhr
Gern geschehen.
Eben deswegen habe ich auch nochmal was dazu gesagt. Solche Dinger werden echt unterschätzt. Sind halt mal was total anderes, aber grundsätzlich spaß am räteseln hat macht nix verkehrt. Auch wenn sonst eher Shooter oder Sportspiele auf der Kaufliste stehen.
XBU MrHyde So, 01.03.2015, 17:24 Uhr
Cool, dass Du noch so einen persönlichen Bericht geschrieben hast (y)
Manch kleine Perle geht einfach unter, die vielleicht nicht 60-70€ wert ist, die man aber für 30-40€ durchaus kaufen kann. Manchmal liegt es an fehlendem Marketing-Budget, manchmal an schlechten Releasezeiten, wenn man sich mit großen Titeln vor Weihnachten anlegt. Es kann ja nicht jeder 5-6 Spiele im Monat kaufen und da ziehen die Blockbuster halt mehr.
Solche Spiele sollten aus meiner Sicht mal die Releasefenster im ersten Halbjahr im Blick haben.
Selber habe ich den Titel hier nicht gespielt, aber bei den Rätseln der anderen Sherlock-Spiele Spaß gehabt. Noch mal Danke für den Input :)