
Der Relaunch der Rennspielserie ist nun erfolgt. Nach einer eher fragwürdigen Kinofilmadaption steht nun ein neues Need for Speed, ohne Untertitel, ohne Zahl, einfach so in den Verkaufsregalen. Man will sich auf die Underground-Teile berufen und verspricht nächtliche Fahrten mit Polizeiverfolgungen und viel Tuning. Wir haben nun einen Blick in das Spiel geworfen und berichten euch in unserem Review, was wir davon halten.
First things first... Immer Internet bitteschön.
Ja, das hat viele geschockt, aber es hat wohl nun auch Konsolenspiele getroffen. Was man bisher nur von PC-Spielen kannte und als Sicherheitsmaßnahme gegen Raubkopien galt, gibt es jetzt auch in Need for Speed für die Xbox One: Always on. D.h. ihr müsst zwingenderweise mit den Xbox-Live-Servern, sowie mit den EA-Servern verbunden sein (was übrigens voraussetzt, dass ihr 14 seid, obwohl das Spiel eine USK-Freigabe ab 12 Jahren bekommen hat), um das Spiel tatsächlich genießen zu können. Die Details auf dem Cover lesen sich sogar wie eine richtige Horror-Geschichte: ,,Zum Spielen ist eine permanente Internetverbindung, ein EA-Konto [...] erforderlich. [...] EA kann die Online-Features mit einer Frist von 30 Tagen durch Information per Mail (falls vorhanden) und durch Bekanntgabe auf service.ea.de einstellen." Puh...
Und dass das kein Zuckerschlecken ist, merkt man dann spätestens, wenn das erst Mal das Internet spinnt, der Router nicht mehr funktioniert oder die Telekom Wartungsarbeiten durchführt. Dann könnt ihr Need for Speed - auch im Singleplayer - nicht spielen.
Abgesehen von Ausfällen, ist dieser Onlinezwang aber auch während des Spiels nervig. Zum einen ist jedes Spiel eine Multiplayersession in welcher irgendwelche Leute mit in eurer Welt herumfahren, euch stören oder zu Rennen auffordern können. Zum anderen, und das hat mich persönlich am meisten genervt, verschwindet durch das permanente Onlinesein ebenfalls ein Pause-Button. Ihr könnt das Spiel nicht pausieren. Beim Öffnen der Karte oder der Menüs läuft das Spiel stets im Hintergrund weiter, auch wenn ihr gerade ein Rennen fahrt oder sonst etwas. D.h. ihr seid ggf. mitten in einer spannenden Verfolgungsjagd, das Handy klingelt... Tja, dumm gelaufen. Für etwas müsst ihr euch jetzt entscheiden. Pause gibt's nicht.
Und als allerletztes zum Always on muss ich noch die EA-Server nennen, dir mir neulich beim Spielen einen Strich durch die Rechnung gemacht haben, allerdings mit Ansage! Während ich ein kleineres Rennen fuhr stand plötzlich unten auf dem Bildschirm ,,Wegen Wartung am Server wird der Server in 1 Minute heruntergefahren." Eine halbe Minute darauf die gleiche Meldung mit ,,30 Sekunden" und danach war dann Licht aus. Das Spiel hat mich mitten aus dem Rennen gerissen, mich ins Menü geworfen und ich konnte erst mal auf den Neustart der Server warten. Gott sei Dank hatte ich gerade keinen guten Lauf, sonst hätte mein Controller das Zeitliche gesegnet.... (Es gibt übrigens natürlich wieder KEINEN Splitscreen-Modus für zwei Spieler an einer Konsole. Eigentlich hätte ich den Controller ruhig gegen die Wand schmeißen können, denn meinen zweiten kann ich eh nie benutzen.)
Technisch ein dunkler, aber feiner Leckerbissen
Was die Präsentation bei NfS angeht, so kann man eigentlich nicht viel meckern. Das Spiel sieht sehr gut aus. Die Zwischensequenzen sind ein Mix aus Real Live Action (also echten Aufnahmen mit Schauspielern) und computeranimierten Grafiken; der Übergang ist so nahtlos, dass er nicht auffällt und grandios wirkt. Ist besonders am Anfang sehr beeindruckend!
Aber auch Ingame hat man sich sichtlich Mühe gegeben. Die Autos blinken durch die Reflexionen der Straßenlampen, die Geschwindigkeit verzerrt den Bildschirm, in Pfützen sieht man die Sirenen der Polizei. Insgesamt viele Details und eine packende Atmosphäre... wenn die Straßen nicht immer so leer wären. Ich weiß ja, dass es ein Arcaderacer ist und zu viele nervige Autos den Fahrspaß mindern - aber manchmal kam ich mir auf den Straßen sehr einsam vor... Ebenfalls manchmal etwas eintönig: Das Tageslicht. Es wechselt in einem bunten, scheinbar willkürlichen Zyklus zwischen Nacht, Dämmerung, kurzem Tag um wieder in Dämmerung und Nacht zu verschwinden. Die meiste Zeit über bleibt das Spiel sehr dunkel; passt allerdings sehr gut in die Underground-Atmosphäre.
Klanglich hat man ebenfalls viel gemacht. Die Autos klingen fantastisch (die schnurrenden Motoren und die quietschenden Reifen beim Driften sind ein Muss) und die Musik ist gut ausgewählt (viel Drum'n'Bass und Clubmusik, ebenfalls passend zur Underground-Stimmung). Selbst die deutsche Synchronisation ist nicht von schlechten Eltern und wirkt nicht aufgesetzt - mal ganz abgesehen von der dämlichen Story an sich...
Fazit
Ganz weit ausgeholt, aber knapp daneben getroffen. Need for Speed macht sicherlich Spaß und sorgt mit seinem arcadelastigen Gameplay besonders in Polizeiverfolgungen und bei Drifts um enge Kurven für coole Spielmomente. Auch die Tuningmöglichkeiten, sowie die schöne Präsentation sprechen für sich. Allerdings gibt es dann auch zu viele Dinge, die nerven, wie die ständige (und unnötige) Internetverbindung, die ein Pausieren unmöglich machen, sowie die total abgedrehte und peinliche Story (die wiederum authentisch präsentiert ist).
Gameplay-mäßig hat man soweit vieles richtig gemacht, aber es fehlt einfach das Drumherum. Die Story ist lächerlich, die Gameplaymissionen fühlen sich alle irgendwie gleich an, der Umfang ist etwas gering, der Multiplayer nicht der Kernfokus und die Sammelobjekte banal und langweilig.
Wer ein paar Tage lang Spaß mit einem Arcaderacer haben möchte, ist bei Need for Speed goldrichtig. Wer allerdings ein Rennspiel sucht, das er auch noch in zwei Jahren mit Freunden zocken wird... Fehl am Platz. Dafür bietet NfS einfach nicht genug und wird wahrscheinlich in den Regalen der vergessenen Spiele landen.
Bewertung
Pro
- Teils abwechslungsreiche Missionen
- Arcadelastiges Gameplay mit Drifts und Boosts
- Optisch stets schön anzusehen, guter Soundtrack
- Schön inszenierte Zwischensequenzen
Contra
- Online-Zwang! (dadurch auch kein Pausebutton!)
- Kein lokaler Multiplayer
- Peinliche Story ohne Sinn
- Umfang der Einzelspielermissionen eher gering
- Belanglose Sammelobjekte, keine wirkliche Erkundungsmöglichkeit
