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Ken Folletts über 1000 Seiten schwere Werk „Die Säulen der Erde“ war unglaublich erfolgreich. Das im 12. Jahrhundert angesiedelte, fiktionale Werk dreht sich um den Bau einer Kathedrale in England. Das nun erschienene Spiel für die Xbox One erzählt in drei Teilen die ruhige, aber dramatische Geschichte. Wir haben das erste „Buch“ getestet und sagen euch in unserem Review, warum nur Menschen mit viel Geduld das spielen sollten.

Gemalte Hintergründe und ruhiges Setting

Der Stil von dSdE („Die Säulen der Erde“) ist auf Screenshots sofort zu erkennen: Hintergründe sind gemalt, Personen wirken ebenfalls auf der Hand gezeichnet und der Comiclook erinnert ganz leicht an Animefiguren, auch wenn ein eher westlicher Zeichenstil dominant ist. Der optische Eindruck passt sehr gut, wirkt adäquat um das Thema zu repräsentieren und auch klanglich werden wir verwöhnt. Die dezente Musik ist sehr angenehm und stets passend (so z.B. Mönchschöre in der Kirche). Auch die Synchronisation, sowohl die englische als auch die deutsche, ist vollends gelungen und die Synchronsprecher leisten ihr Bestes, um eine möglichst authentische Geschichte zu präsentieren.

Spielbarer Roman

Im Spiel schlüpft ihr in die Haut verschiedener Charaktere und erlebt die Welt aus ihren Augen. Zuerst steuert ihr den Mönch Philip und beginnt langsam das Verschwinden eines anderen Klosterbruders aufzudecken.

Die Story ist im Prinzip eins zu eins vom Roman übernommen und ist zwar weniger actionreich, als man es vielleicht erwartet, aber nichtsdestoweniger spannend und dramatisch (und auch recht lang, wenn man sich alles anschaut, alles durchliest und alles anklickt).

Und die Geschichte ist wichtig, denn dSdE ist eigentlich weniger ein Point & Click, als dass es ein spielbarer Roman ist. Die Aufgaben und das tatsächliche Gameplay sind unwesentlich, das Spiel zu keinem Zeitpunkt schwer, man weiß immer was man zu tun hat und die Handlungsfreiheiten sind eingeschränkt. Wer also hier auf ein kniffliges, klassisches Point & Click Adventure hofft, der sucht vergebens.

Nein, dSdE spielt sich sehr ruhig, mit einem kompletten Fokus auf all den verschiedenen Interaktionsmöglichkeiten, den Dialogen und den Charakteren. Hier profitiert das Spiel von einer starken Romanvorlage, auch wenn die vielen Darstellungen und detailgetreuen Beschreibungen der Kirchen, für die der Roman so bekannt ist, natürlich in einem visuellen Videospiel fehlen.

Die Ecken und Kanten

Soweit ist das Spiel und das erste „Buch“ (wie die Episoden hier genannt werden) auch ganz gut, doch hat es seine schwachen Momente hier und da. Da wäre zum einen die Technik. Denn für ein derart simples Spiel gibt es zu viele Ladezeiten und bei jedem neuen Areal gibt es auf der Xbox One heftige Ruckler und die Framerate bricht teilweise über 20 Sekunden so stark ein, dass selbst die Dialoge schwer zu verstehen sind.

Zum anderen wäre da das Gameplay an sich. Denn so entspannt und ruhig das Spiel ist: Irgendwie ist es zu wenig und zu seltsames Gameplay. Einige der Wege, die man gehen kann, wirken seltsam, einige Animationen wirken deplatziert und einen Großteil des Spiels fragt man sich: Warum zum Henker soll ich hier überhaupt interagieren? Das Spiel spielt sich von selbst. Da kann sich bei einem ungeduldigen Actionfan natürlich einmal Langweilige einstellen.

Ach, und etwas, vor dem ich alle Spieler waren: Speichert euer Spiel! Denn dSdE unterstützt KEINE automatische Speicherfunktion. Schaltet ihr also eure Konsole ab, oder wechselt das Spiel ohne selbst vorher manuell gespeichert zu haben, kann es sein, dass euer kompletter Fortschritt weg ist! Das ist absolut nervig und wäre 2017 nicht nötig gewesen.

Fazit

Dem Buch würdig? Das muss jeder wohl selbst entscheiden. Das Videospiel zu Ken Folletts Die Säulen der Erde ist ein sehr gemütliches Point’n Click, das sehr wenig aktives Gameplay, Rätsel oder komplizierte Aufgaben bietet, sondern viel mehr mit einer ruhig erzählten Story punktet. Die Atmosphäre stimmt, der Comiclook durch die handgemalten Protagonisten und Hintergründe ist schön, die Synchronisation sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch sehr gelungen.

Kleinere technische Probleme wie lange Ladezeiten, Ruckler oder ein verwirrendes Speichersystem sind eher Randerscheinungen und es ist der Stil des Spiels an sich, der darüber entscheidet, ob es einem zusagt oder nicht. Letztendlich ist das Spiel für alle interessant, die eine gute Geschichte mit Intrigen mögen und dem Mittelalter-Setting nicht abgeneigt sind. Zu viel interessantes Gameplay sollte man eben nicht erwarten, denn davon bietet die Roman-Versoftung recht wenig. Es ist ein spielbares Buch, bei dem man keinen Einfluss auf das Ende hat.


Bewertung

Pro

  • Schöne Atmosphäre
  • Gute Synchronssprecher
  • Ruhiges, stressfreies Gameplay
  • Interessante Story
  • Akzeptabler Umfang (5-6 Stunden mindestens)

Contra

  • Gameplay sehr eingeschränkt und simpel
  • Grafik mit Rucklern und unschönen Animationen
  • Zu viele Ladezeiten
  • Ruhiges Tempo nicht jedermanns Geschmack

Grafik 7 von 10
7/10
Sound 8 von 10
8/10
Story / Atmosphäre 9 von 10
9/10
Gameplay 5 von 10
5/10
Umfang 7 von 10
7/10
7

2 Kommentare

XBU Philippe Sa, 26.08.2017, 10:11 Uhr

Ich habe das Buch mal angefangen, den Film nie gesehen. Aber sie orientieren sich am Buch, das ist soweit klar. Es hat nichts mit dem Film zu tun. Inwieweit aber die Geschichten zwischen Game und Buch auseinander gehen, kann ich dir leider nicht sagen :-/

Amani HT Fr, 25.08.2017, 12:19 Uhr

kennst du das Buch und/oder den Film ?
kannst du sagen, ob es vom Storytelling eher mit dem Buch oder eher mit dem Film vergleichbar ist, denn beide divergieren doch arg