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Bereits voriges Jahr durften wir uns die Hallenschuhe anziehen und stürzten uns in Handball 16, der ersten Videospielumsetzung des Sports auf der Xbox One. Was Bigben Interactive dort allerdings ablieferte, war nicht einmal auf Kreisliganiveau. Wir hatten nun die "Ehre", auch die diesjährige Version genauer ansehen zu können. Und so viel sei verraten: Handball 17 ist besser als der direkte Nachfolger – was es aber noch immer nicht zu einem guten Spiel macht.

Was habe ich getan, dass ich das verdiene?

Es kostet schon einige Überwindung, überhaupt das Spiel zu starten. Aber so wie sich all die Mannschaften in der Handball Bundesliga jeder Herausforderung stellen, musste ich da jetzt auch durch…

Das spärliche Menü, von dem man begrüßt wird, bietet sogleich vier Optionen. Da wäre das Online-Spiel (welches, oh Wunder, nicht zustande kommt, da keiner Handball 17 online spielt), lokale Matches, die Saison und neu der Karriere-Modus. Und, was durften meine Augen da sehen? Mit Druck auf Y lässt sich doch tatsächlich eine Hilfe aufrufen! Gut, das ist noch immer kein Tutorial, aber wenigstens kann man sich durchlesen, welche Tasten für welche Aktionen stehen.

Rot gegen Rot

Besonders schön fand ich den Text, der mir riet, die Wurftaste gedrückt zu halten, um dann mit dem rechten(!) Stick zu zielen! Gut, gemeint ist zum Glück der linke Stick, wie die Zeichnung des Controllers an der linken Seite auch vermuten lässt, aber das war dann auch direkt der erste Schock.

Mit meiner erlesenen Erfahrung ging es dann also in das erste Match, natürlich konnte das nur SG Flensburg-Handewitt gegen den THW Kiel lauten! Einige Spieler kann man nun sogar grob erkennen – aber auch nur durch eindeutige Details wie z.B. Bärte. Denn die sonstigen Details der Gesichter sagen nichts über den Spieler aus. Aber gut, wenn sich wenigstens etwas am Gameplay getan hat, dann kann man das sicher verkraften…

Kann es sein? Ist doch Schwung in die Sache gekommen?

Und tatsächlich, es hat sich etwas getan! Einer meiner größten Kritikpunkte im letzten Jahr war die fehlende Dynamik. Diese ist dieses Jahr immerhin gegeben. Es dauert nicht mehr gefühlte Stunden, bis der Ball beim Pass die Hand des Spielers verlässt und auch die einzelnen Animationen reihen sich einigermaßen flüssig aneinander. Sie sehen zwar noch immer hölzern aus, aber das kann man in dem Fall wohl sogar ignorieren.

Durch neue Spezialaktionen kann man sogar Ketten von Pässen oder Angriffen initiieren, was für deutlich mehr Schwung sorgt. Auch am Sprint wurde geschraubt, so dass man insgesamt von einer deutlichen Steigerung der Geschwindigkeit sprechen kann.

Was gibt es also zu meckern, außer dass die Kommentatoren, zumindest die deutschen, die englischen Stimmen und Kommentare können sogar halbwegs überzeugen, wieder unterirdisch sind und sich an der Grafik, bis auf kleinere Details, nun auch nicht viel getan hat?

Wer hat sich das ausgedacht? Und vor allem, wer war der Meinung, die Idee sei gut?

Es ist leider zum einem großen Teil noch immer die miese Torwurfsteuerung. Durch den Dynamikboost fallen zwar auch bei unerfahrenen Spielern mehr Tore und das Texttutorial sorgt dafür, dass man nicht planlos auf dem Feld stehen muss, dennoch will das alles nicht so recht funktionieren.

Statt einfach in eine Richtung des Tores zu zielen, um dann, wie bei eigentlich jedem anderen Sportspiel, Schuss zu drücken um den Ball, Puck oder was auch immer Richtung Punktzone fliegen zu sehen, baut man hier dieses unnötig komplizierte Minispiel wieder ein. Im Klartext bedeutet das, dass man die Wurftaste gedrückt hält und dann Zeit hat zu Zielen. Leider wird der Wurf aber immer ungenauer, je länger man gedrückt hält, was dazu führt, dass man sehr ungenau in eine Ecke wirft - oder präzise genau den in der Mitte stehende Keeper abballert. Und man ehrlich: Im Eifer des Gefechts möchte man nicht groß darüber nachdenken, wie man jetzt genau in eine Ecke wirft. Und so verkommen nahezu sichere Chancen wie ein Tempogegenstoß zu einem großen Glücksspiel.

Selbst Sprungwürfe sind jetzt machbar

Was mich in der Version von 2017 jedoch noch mehr stört, was im letzten Jahr nicht auffiel – vermutlich, weil das Spiel noch schlechter war -, ist die scheinbare Zufälligkeit. Egal was man zu machen scheint, der Ball will bei einer Führung teilweise einfach nicht ins Tor gehen. Andererseits werfen die Gegner dann Tore, da der eigene Torwart wohl gerade die letzte Nachricht auf dem Smartphone checken wollte. Man kann es mit dem Kaugummieffekt vergleichen, der in so vielen Rennspielen zum Einsatz kommt und Spieler zum Verzweifeln bringt. Und so fühlt sich am Ende jede Partie irgendwie geskriptet an!

Zuletzt mag die Idee des Karrieremodus, in dem man seinen eigenen Spieler baut, um dann nach und nach neue Vereine für sich zu gewinnen, auf dem Papier sicher gut ausgesehen haben, am Ende fühlt man aber keinen Unterschied zur Saison oder einem einfachen Freundschaftsspiel. Hier wäre es schön gewesen, wenn man dann wenigstens nur diesen Spieler hätte spielen dürfen, damit man sich irgendwie auch mit dem "Talent" identifizieren kann.

Fazit

Handball 17 ist, anders als der Vorgänger, kein Totalausfall. Durch die ungewohnte Dynamik und das etwas verbesserte Gameplay kommt zwischenzeitlich fast so etwas wie Spaß auf.

Doch leider greifen dann wieder all die Krankheiten und das Spiel steht sich selbst im Weg. Da wäre z.B. die unnötig komplizierte Art und Weise auf das Tor zu werfen, die mäßige Grafik, die schlechten deutschen Kommentatoren, die gefühlt zu keiner Zeit das aktuelle Spiel besprechen, und vor allem das Gefühl, dass jedes Match einer großen Portion Zufall unterworfen wurde.

Rechnet man dann noch hinzu, dass der Onlinemodus erneut völlig unnötig ist, stattdessen aber wieder ein Tutorial vergessen wurde, der Karrieremodus dasselbe in grün darstellt, und der Preis bei rund 60 Euro liegt, kann die Empfehlung erneut nur heißen: Lasst das Spiel bitte im Regal liegen!

Am Ende kann man nur hoffen, dass wir nächstes Jahr von Handball verschont bleiben. Nutzt lieber die Zeit, liebe Entwickler, um wesentlich mehr Arbeit in die kleinen Details zu stecken, dann gebe ich dem Titel im Jahre 2018 oder besser noch später gerne noch eine Chance. Wenn es aber weiter im jährlichen Takt weitergeht, kann man bei den kleinen Detailsverbesserungen dann vielleicht bei Handball 2030 von einem guten Titel sprechen - oder auch nicht!


Bewertung

Pro

  • Noch mehr Lizenzen
  • Tutorial in Textform

Contra

  • Noch immer altbackene Präsentation
  • Schlechte deutsche Kommentatoren
  • Unnötiger Onlinemodus
  • Furchtbares Torwurf-Minispiel
  • Uninspirierter Karrieremodus

Grafik 4 von 10
4/10
Sound 2 von 10
2/10
Gameplay 3 von 10
3/10
Spielspaß 3 von 10
3/10
Multiplayer 2 von 10
2/10
Lizenzen 7 von 10
7/10
4

2 Kommentare

XBU Dirty Do, 08.12.2016, 13:24 Uhr

Warum nicht gleich nen Säckchen voll Pixel verkaufen und jeder bastelt sich sein eigenes Handballgame^^

XBU Philippe Do, 08.12.2016, 11:11 Uhr

"Pro: Tutorial in Textform"

JUCHE!! :D