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Ein Rollenspiel in dem Grafik keine Rolle spielt

"Arcania 4 Gothic" bekommt von mir persönlich einen neuen Titel in Sachen grafischer Präsentation. "Arcania Gothic 4 die Tonne"! Es ist schlichtweg nicht nur keine Meisterleistung, sondern eine absolute Frechheit, was die Entwickler mit diesem Titel auf die Mattscheibe der heimischen Konsolenfreunde zaubern. Man kann in dem weitsichtigen Leveldesign nicht einen virtuellen Meter in den pixeligen Socken voranruckeln, ohne dass man auf einer matschigen Textur ausrutscht, und die Begeisterung an dem Spiel nicht nur optisch unter Vollgas auf Talfahrt geht.

Einmal nicht aufgepasst, verbrennt sich euer Protagonist am Kantenflimmern die Kutte. Schafft ihr es nicht schnell genug, durch das Leveldesign zu ruckeln, sorgen die wechselnden Wetter und Lichtverhältnisse für einen ungläubigen Blick auf den Tacho. Wie schon wieder Abend? Das Leben in Arcania scheint in einem Zeitraffer voranzuschreiten. So geben sich die jeweiligen Tageszeiten und Wetterverhältnisse förmlich die Klinke in die Hand, und sind dabei stets unter Zeitdruck, der Erste auf dem Bildschirm sein zu wollen. Aufpassen solltet ihr auch, wo ihr hintretet, denn nicht selten poppen Objekte vor eurer Nase auf, die eine Sekunde zuvor noch nicht an Ort und Stelle waren.

Grundsätzlich wäre die Präsentation mit wechselnden Licht- und Wetterverhältnissen, kombiniert mit einer enormen Weitsicht durchaus in der Lage, eine zum Spiel passende Atmosphäre zu schaffen, aber so geht´s nicht. Da spiel ich lieber eine Runde Tetris. Da weiß man wenigstens, dass einen Klötzchengrafik erwartet, und von oben zuvor unbekannte Objekte aufpoppen.

Abreaktion

Wem die Präsentation dann den Blutdruck nach oben getrieben hat, der sollte den gestiegenen Adrenalinspiegel dazu nutzen, wenigstens erfolgreich in einen der wirklich spaßigen Kämpfe zu ziehen. Das neue Spielkonzept und die Möglichkeit, bei den Schwierigkeitsgraden zwischen vier verschiedenen wählen zu können, geben jedem Spieler die Möglichkeit, erfolgreich an einem der toll animierten Kämpfe teilnehmen zu können. Hier hat JoWood offensichtlich ebenfalls versucht, das Spiel einsteigerfreundlich zu machen. Anspruchsvoll wird es dann aber erst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad.

Auch wenn es häufiger mal einen auf die Zwölf gibt, nicht allen Gegner hat diese Tatsache geschadet. So haben die verschiedenen Gegnerscharen durchaus andere Taktiken auf Lager, holen sich Orks zur Hilfe und selbst Wildschweine versuchen euch zu attackieren, bevor ihr diese zu Gulasch verarbeitet. Andere virtuelle Teilnehmer sind wiederum einmal zu viel mit dem Kopf auf die Tischkante gefallen. Nicht selten könnt ihr euch an dem Hab und Gut anderer bedienen, ohne dass diese auch nur Anzeichen von Unmut zeigen. Dies macht das Leben aber erträglicher und ihr könnt einsammeln, was das Zeug hält, und alles in euren unendlich großen Rucksack stopfen. Ihr könnt soviel mitschleppen wie ihr wollt, und den Spielfortschritt an jeder beliebigen Stelle speichern.

Tut euch somit keinen Zwang an und sucht in der Landschaft nach Herzenslust nach Ogerblättern, Pilzen etc. Nehmt einfach alles an euch, was ihr finden könnt. Platzmangel gibt´s ja nicht, und wer weiß, wozu ihr den ganzen Krempel noch brauchen könnt.

Lösungswege

Ebenso vielfältig wie die grafischen Mängel, sind auch eure Möglichkeiten, bei einer Aufgabe zu einer Lösung zu kommen. Der Weg durch die Story ist zwar mehr oder minder geradlinig, die Aufgaben der Hauptstory sind aber alles andere als bloßes Beiwerk, und bieten nicht selten mehrere Lösungsansätze. Hingegen dienen euch die Nebenquests eher dazu, den Sammeltrieb zu befriedigen und ein paar Skills zu sammeln.

Ebenfalls eine gute Lösung war es, das Spiel als reinen Single-Player auf den Markt zu bringen. Für Rollenspiele zwar durchaus nicht unüblich, für diesen Titel aber umso empfehlenswerter. Ein derart verseuchter Quellcode gehört evakuiert und darf die heimischen vier Wände zum eigenen Schutz nicht verlassen.

Soundtechnisch gibt es aber wenigstens ein wenig Ablenkung von der optischen Misere. Die teils orchestrale Musikuntermalung des Spiels trägt zu einer passenden, mittelalterlichen Atmosphäre bei, und lenkt bei actionreichen Kampfszenen ein wenig von dem ganzen Geruckel ab. Euer Protagonist sieht zwar nicht aus wie Leonardo DiCaprio, hat aber zumindest seine Stimme bekommen. Für Arcania Gothic 4 haben die Entwickler niemand geringeren als Gerrit Schmidt-Foß mit der Synchronisation beauftragt. Auf diesem Niveau hätte man weiterarbeiten sollen.

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Fazit

Mit Arcania Gothic 4 bringt JoWood den vierten Teil der bei Rollenspieler begehrten Gothic-Serie auf den Markt. Statt dem Spieler ein für Rollenspiele recht gängiges, extrem komplexes Skill-System und Talentbäume um die Ohren zu hauen, hat man in Sachen Komplexität ordentlich den Rotstift angesetzt. Das Spiel wirkt vielmehr wie ein Action-Adventure, als ein reinrassiges Rollenspiel.

Rollenspiel Noobs wird der Einstieg durch unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, der Möglichkeit jederzeit zu speichern, einem guten Tutorial etc. erleichtert, so dass jedem Spieler ein Erfolg in den toll animierten Kämpfen garantiert ist.

Auf die Omme gibt's aber nicht nur in den Kämpfen. Visuell gibt es das volle Programm der technischen Misserfolge auf die Kauleiste. Ruckeln, Kantenflimmern, Pop-Ups, matschige Texturen...man hat so ziemlich kein präsentationstechnisches No-Go ausgelassen, um euch den Spaß am Spiel zu verderben.

Wer auf die Optik keinen Wert legt, der darf sich alleine zu Hause mit tollen orchestralen Klängen und der Synchronstimme von Leonardo DiCaprio in den Kampf gegen König Rhobar den Dritten begeben, und möglicherweise sogar ein paar Spaßmomente mit Arcania Gotik 4 erleben.


Bewertung

Pro

  • Weniger Komplex als reinrassige Rollenspiele
  • Einsteigerfreundlich
  • Toller Synchronsprecher und passende Musikuntermalung
  • Gut animierte Kämpfe

Contra

  • Schlechte Präsentation mit einer Fülle von technischen Mängeln
  • Kein klassisches "Gothic" mehr durch die abgespeckte Komplexität
  • Nebenquests ohne große Herausforderung

Grafik 5 von 10
5/10
Sound 8 von 10
8/10
Story 7 von 10
7/10
Umfang 7 von 10
7/10
Spielspaß 6 von 10
6/10
Gameplay 7 von 10
7/10
7

4 Kommentare

Nebulah So, 17.07.2011, 10:32 Uhr

CeAzZ schrieb:
Und ich dachte es läge daran das es nur eine Demo war.

Verglichen mit Fable 3, kann es nur besser aussehen. Fable 3 ist von der Grafik, Story/Quests her ziemlich lieblos gemacht finde ich. Fand Fable 2 schon ziemlich langweilig. Fable 1 war der beste Teil ... mit der Heldengilde usw. :smt023

Fable 2 super Märchen nur das letzte drittel hinkt. Genauso ist es bei Fable 3. Trotzdem ist Arcania ein Spiel das ab der hälfte stark abbaut. Am ende ist es ein reines Hack n Slay Button mashing.

CeAzZ So, 17.07.2011, 10:18 Uhr

Revolvermann schrieb:
Doch leider läuft das Spiel in einer relativ geringen Framerate.

Und ich dachte es läge daran das es nur eine Demo war.

Verglichen mit Fable 3, kann es nur besser aussehen. Fable 3 ist von der Grafik, Story/Quests her ziemlich lieblos gemacht finde ich. Fand Fable 2 schon ziemlich langweilig. Fable 1 war der beste Teil ... mit der Heldengilde usw. :smt023

Revolvermann Fr, 15.07.2011, 15:48 Uhr

Da sich hier ja keiner zum Spiel geäußert hat und der Test wenig hergibt^^, mache ich das mal und beschreibe kurz und knapp die wichtigsten Aspekte des Spiels.

Der erste Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Grafik und die Technik allgemein. Die Grafik ist recht schön, da gibt es deutlich schlechtere Titel. Die Landschaften und besonders die Höhlen sehen wunderschön aus, die Texturqualität ist angemessen und die Weitsicht ist besser als bei den meisten Titeln. Insbesondere die Wettereffekte sind sehr stimmungsvoll. Auch die Gesichter der Figuren sind sehr gut gelungen. Außerdem gibt es - anders als z.B. in Fable 3 - wenig aufpoppende Objekte. Bei Fable 3 erscheinen ja sogar Feinde so plötzlich, dass man gegen sie läuft. In dieser Besziehung spielt sich Arcania wesentlich besser. Doch leider läuft das Spiel in einer relativ geringen Framerate. Den Spielspaß trübt das aber wenig, da es kein wirkliches Ruckeln ist wie z.B. bei Fable 3. Das konnte man ja teilweise kaum spielen, da es nur ruckelte und das Bild quasi ständig stehenblieb.
Bei Arcania ist das ein ganz feines Ruckeln, welches nicht jedem Spieler auffällt und auf die niedrige Framerate zurückzuführen ist. Erst am Ende bei den letzten Kämpfen im Kloster begann Arcania stark zu ruckeln.
Bugs sind kaum vorhanden, was möglicherweis am aktuellen Patch liegen mag. Aber auch die Tests, welche kurz nach dem Release erschienen, bestätigten die zufriedenstellende Grafik und die vergleichsweise (Gothic 3) wenigen Bugs.

Komme ich nun zum Gameplay...
Arcania ist kein wirkliches Rollenspiel, vielmehr ist es ein Action-Adventure, wobei das Kämpfen im letzten Drittel stark zunimmt. Dies ist aber kein Kritikpunkt, da das Kampfsystem unglaublich gut und vor allen Dingen fair ist. Auf dem Schwierigkeitsgrad "schwer" kommt man ohne große Frustmomente gut durch.
Die Landschaften sind herrlich weitläufig, doch folgt man einer linearen Story. Diese wird in der zweiten Hälfte des Spiels wirklich gut und spannend. Dann werden auch die Quests abwechslunsgreicher und interessanter. Anfangs sind die Aufgaben nämlich eher belanglos. Leider reagieren die NPCs kaum auf mich. So kann ich jedes Haus plündern, ohne dass die Bewohner auch nur Notiz von mir nehmen.
Ein weiterer Wehmutstropfen ist, dass man nach dem Endkampf die Welt nicht weiterhin durchstreifen kann. Das wurde bei Fable besser gelöst.
Dennoch gelangt man mit einigen Tricks und Geschick auch kurz vor dem Endkampf noch fast überall hin. Jedoch erweisen sich die Teleporter dabei als wenig hilfreich, da sie nicht optimal platziert sind.
Da es zu Fuß aber eh am meisten Spaß bringt, die Welt zu erforschen, stört dies nicht weiter.

Das Inventar ist schön übersichtlich und gut an Konsolenverhältnisse und den TV angepasst. Die Menüführung funktioniert super. Symbole und Texte sind sehr gut erkennbar.
Großartige Entwicklungsmöglichkeiten für den Charakter gibt es jedoch nicht, da es eben mehr ein Action-Adventure ist als ein Rollenspiel. Die Fähigkeit "Schleichen" lohnt sich z. B. gar nicht auszubilden, da sie für das Spiel völlig unrelevant ist.
Man kann aber viele verschiedene Waffen, Tränke usw. sammeln, was sehr motivierend ist. Denn mit einer hochwertigen Waffe kämpft es sich einfach besser. Natürlich kann man bei Händlern die Gegenstände auch kaufen und verkaufen.
Außerdem kann man Rezepte sammeln, durch welche man Waffen, Tränke, usw. herstellen kann.
Was mir besonders viel Spaß gemacht hat, war das Sammeln der Runenbruchstücke, Relikte, Artefakte und Statuen. Habe sie alle gefunden und neben den entsprechenden Erfolgen auch ein besonderes Extra bekommen. Hat man nämlich alle Artefakte gefunden, kann man etwas ganz besonderes herstellen, was einem beim abschließenden Endkampf gute Dienste erweisen wird. ;)

Erayzor2k7 Mo, 25.10.2010, 12:55 Uhr

Im Forum wurde ja schon viel über Arcania geschrieben und diskuttiert. Das Spiel hat einfach wohl keine nennenswerten Höhepunkte und wird zwischen FALLOUT NEW VEGAS, FABLE 3, AC: Brotherhood (würd ich jetzt einfach mal dazu zählen, auch wenns kein RPG is...) und evtl. ja auch TWO WORLDS 2 zerrieben! Ich muss auch zugeben, das ich nie ein grosser Gothic- Fan war. Für mich gab es immer Titel die mich zu der Zeit mehr angesprochen haben ( Elder Scrolls-Teile, KOTOR, Neverwinter,...).
Ich werd trotzdem mal irgendwann reinschauen um mir selbst ein Bild zu machen, obwohl wichtige Elemente eines RPG schlichtweg verbockt wurden....