
Telltale Games veröffentlicht nach Sam & Max und The Walking Dead nun ein weiteres Spiel im Episodenformat; diesmal basiert das Spiel auf dem in den Deutschland eher unbekannten Comic Fables, in welchem Märchenwesen in der menschlichen Welt händeringend zu überleben versuchen. Im Spiel fokussiert sich alles auf Bigby (der große, böse) Wolf und seine Arbeit als Sheriff und Detektiv. Wir haben uns das düstere Spiel angeschaut und verraten euch in unserem Testbericht, ob sich der Kauf für die Xbox One lohnt.
Grafik
Wenn man sich die Screenshots anschaut, merkt man sofort, dass wir es hier mit dem gleichen Grafikstil wie bei The Walking Dead zu tun haben. Der starke Cell-Shading-Look eignet sich hervorragend, um einen Comic zu adaptieren und die Details, die es trotzdem gibt, zeigen sich erstaunlich beeindruckend. Das Aufeinanderprallen zwischen buntem Comic und düsterer Atmosphäre - seien es schäbige Pubs, Stripbars oder heruntergekommene Wohnungsgebäude - funktioniert erstaunlich gut, auch wenn man ein wenig braucht, um sich daran zu gewöhnen. Die Animationen wirken übrigens insgesamt sehr beeindruckend. Gesichtsausdrücke und Bewegungsabläufe wirken nie abgehakt, stets flüssig und realistisch. Hier hat man gute Arbeit geleistet.
Negativ ist uns nur die Xbox-Adaption an sich im Vergleich zur PC-Version aufgefallen, die ein paar Bugs und Fehler hat (auf der 360 wie auf der One). So gibt es ab und zu beim Speichern oder Laden starke Ruckler und ab und zu schleichen sich komische Fehler ein. Es bleibt zwar die Seltenheit, aber es kommt vor.
Sound
Was Musik angeht, hält man sich hier wieder dezent. Es gibt eigentlich nur ein wenig Intro-Musik, sowie ein bisschen was im Menü zu hören, insgesamt bleibt das Spiel aber lautlos und fokussiert sich auf die Dialoge. Die Musik in den Menüs sorgt aber für eine sehr gute Stimmung und ist wegen ihrer Schlichtheit auch durchaus gelungen. Warnung: Es gibt keine deutsche Synchronisation, dafür aber eine sehr gute deutsche Übersetzung in den Untertiteln. Die englische Synchro ist aber mehr als gelungen und ist tatsächlich schwer beeindruckend. Die Figuren kommen unglaublich gut rüber, jeder hat seine Eigenheit, seinen eigenen Akzent oder seine eigene Note und die Synchronsprecher leisten während allen Episoden unglaublich überzeugende Arbeit. Dies ist auch enorm wichtig, da man sich so erst richtig ins Spiel hineinversetzen kann.
Story
Die Story ist natürlich das Hauptaugenmerkt dieses ,,spielbaren Films". Wir wollen deswegen hier nicht zu viel verraten, aber umreißen: Ihr spielt den großen bösen Wolf, Bigby Wolf, in seiner (zumiest) menschlichen Form in Fabletown. Hier versuchen die Fabelwesen und Kreaturen aus Märchen ein ,,normales" Leben unter anderen Menschen zu führen - zumindest diejenigen, die sich einen Zauber leisten können, der sich menschlich erscheinen lässt. Bigby ist der Scheriff und Detektiv und gleich zu Beginn muss er einen brutalen Mordfall aufklären, dessen Enthüllung sich dann über die fünf Episoden zieht. Die Geschichte ist oft düster und brutal, aber exzellent geschrieben.
Der Clou des Spiels ist, dass bestimmte Teile der Geschichte durch eure Entscheidungen beeinflusst werden. Das kennen wir bereits aus The Walking Dead, ist somit nichts Neues, sorgt aber für spannende Entwicklungen und das Gefühl, dass man selbst die Geschichte in eine gewisse Richtung lenkt. Leider ist der Einfluss auf die Story dann im Endeffekt doch nicht so groß, wie man es sich erhofft und Entscheidungen haben nur kleinere Konsequenzen, keine so weitreichenden wie in The Walking Dead. Hier hätte man ggf. mehr alternative Storypassagen einbauen müssen.
Umfang
Insgesamt sind die 5 Episoden innerhalb von 12-13 Stunden durchgespielt. Das mag nach viel klingen, ist aber für 25 EUR nicht wirklich der Hammer. Die Spielzeit ist okay, allerdings muss man sagen, dass es keinen wirklichen großen Wiederspielwert gibt. Gerade wie bei spannenden US-Krimiserien ist die Story und die Entwicklung der Geschichte das wichtigste. Wenn man aber schon weiß, wie es ausgeht, macht das erneute Spielen keinen so großen Spaß mehr. Und gerade weil die Möglichkeiten beim Entscheiden wenig bis keinen Einfluss auf die Hauptstory haben, und das einzige was man bekommen kann einige sogenannte Märchenbuch-Einträge und Erfolg sind, wirkt das ,,Zurückspulen" und erkunden anderer Entscheidungsmöglichkeiten eher müßig. Einmal durch, war's das dann auch. Hier hätte man mehr bieten können.
Spielspaß
Natürlich ist diese Kategorie immer schwer zu bewerten. Auf der einen Seite fesselt das Spiel unglaublich durch seine spannende Story, welche einfach sehr gut rüber kommt und eine fantastische Atmosphäre vermitteln kann. Auf der anderen Seite ist es teilweise unbefriedigend, wie wenig man die Geschichte dann wirklich beeinflussen kann. Außerdem lässt einem das Spiel immer alles offen und verrät sozusagen nicht, was man hätte besser oder anders machen können. Das hinterlässt bei einem Spieler, der nach Perfektion in einem Spiel strebt, einen unzufriedenen Eindruck. Man kann ja eigentlich nicht wirklich ,,verlieren", genauso wenig aber auch nicht ,,gewinnen", sondern es ist halt immer anders.
Gameplay
Das Gameplay könnte simpler nicht sein und orientiert sich dabei an The Walking Dead. Im Prinzip ist es ein spielbarer Film, der nur ab und zu wirklich etwas vom Spieler fordert. Manchmal müsst ihr ein wenig herumsuchen und euren Charakter sogar eigenständig bewegen, die meiste Zeit über aber werdet ihr lediglich Entscheidungen treffen und Dialoge auswählen. Ab und an gibt es für Actionpassagen Quicktime-Events, aber in der Regel konzentriert sich der größte Teil darauf, dass ihr euch bei Dialogen weise entscheidet. Aufgrund der Tatsache, dass ihr nur kurz Zeit habt, euch für eine Option zu entscheiden und Bigby bei Nichts-Machen schweigt (und das auch Konsequenzen haben kann), wird es so oder so passieren, dass jeder einmal aus Stress eine ungewollte Entscheidung trifft. Dies macht das Spiel spannend und obwohl tatsächlich so wenig ,,richtiges" Gameplay vorhanden ist, fesselt einen der Wolf dann doch vor dem Bildschirm. Ich persönlich habe mich nur manchmal gefragt, ob ich es nicht einfach lieber angeschaut als gespielt hätte, denn der Einfluss ist gering und das ,,Gameplay" wirkt dadurch manchmal etwas künstlich.
Fazit
Wer nach Fabletown geht und als großer, böser Wolf für Recht und Ordnung sorgen will, der muss sich warm anziehen, denn die brutale und düstere Stadt kennt kein Erbarmen. The Wolf Among Us präsentiert sich in einer astreinen Atmosphäre. Die Kombination aus schönem Cell-Shading-Look, erstklassiger (englischer) Synchro und spannender Story funktioniert sehr gut.
Im Endeffekt habt ihr einen spielbaren Film mit einem Einfluss, der sich auf eure Entscheidungen in Dialogen oder auch in euren Ermittlungen niederschlägtz. Allerdings sind die fünf Episoden nach 13 Stunden durch, der Wiederspielwert aufgrund der nicht wirklich großen Tragweite der Entscheidungen, die man trifft, gering.
Das Spiel bleibt solide und wer eine Pause vom hektischen Shooter-Alltag braucht und eine gute Story für das A und O hält, sollte hier auf alle Fälle einen Blick drauf werfen, da The Wolf Among Us vor allem den Bereich perfekt abdeckt und spannend bis zur letzten Minute bleibt - nervenaufreibende Cliffhanger mit inbegriffen.
Bewertung
