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In den letzten Jahren konnten wir ein nahezu explosives Wachstum in der iGaming-Industrie beobachten. Eine Industrie, die sich gleichzeitig auch als extrem krisenfest erwiesen hat und jede Wirtschaftskrise mehr oder weniger unbeschadet überstanden hat. Das war natürlich zu erwarten, wenn man bedenkt, dass Glücksspiel immer ein fester Bestandteil der Menschheit war. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis das Internet von Roulette, Slots, Poker und Co. erobert wurde.

Das Überraschende an der iGaming-Industrie ist daher nicht das rasante Wachstum, sondern der Effekt, den diese Industrie auf den „Cousin“, die Videospiel-Branche, hat. In diesem Artikel werde ich mich daher mit diesen beiden Industrien beschäftigen und aufzeigen, wie Entwicklungen im iGaming-Bereich Videospiele maßgeblich beeinflusst haben.

Die positiven technologischen Entwicklungen

Schauen wir uns also zuerst die gemeinsamen Entwicklungen an – Entwicklungen, die man sowohl in der iGaming- als auch in der Videospielindustrie mehr oder weniger zeitgleich vorfinden kann. Dabei handelt es sich meistens um Entwicklungen, die darauf abzielen, ein besseres und immersives Spielerlebnis für die eigenen Kunden zu schaffen. Auch die zugrunde liegende Hardware wird häufig von beiden Industrien entwickelt und geteilt.

Grafik und visuelle Effekte
Vermutlich ist die offensichtlichste Schnittmenge dieser beiden Branchen ganz banal gesagt die visuelle Darstellung der jeweiligen Spiele. Wenn wir uns die Grafik von Spielen aus den 90er-Jahren anschauen, merkt man schnell, dass hier nur schwer Immersion aufkommen kann. Dasselbe gilt auch für Slots aus dieser Zeit, die meistens nur pixelige Rollen hatten. Um das Spielerlebnis für die Kunden zu verbessern, war es wichtig, die Spiele visuell auf eine neue Ebene zu bringen. Die iGaming-Branche hat dafür sehr schnell HTML5 genutzt, um zumindest rudimentäre Grafiken auf den eigenen Webseiten zu ermöglichen. HTML wurde dann von der Videospielindustrie übernommen, nicht für die Grafik der eigenen Spiele, sondern um Cross-Plattform-Gaming zu ermöglichen.

Cross-Plattform-Gaming
Unter Cross-Plattform-Gaming versteht man die Möglichkeit, mit anderen Spielern auf unterschiedlichen Plattformen zu spielen. Also zum Beispiel, dass man auf dem PC mit einem Freund auf dem Smartphone spielen kann. Die iGaming-Branche hat schon früh auf Cross-Plattform-Gaming gesetzt und damit das Fundament für die Videospiel- Branche gelegt, die bei fast jedem Mehrspieler-Spiel jetzt auf diese Technologie setzt. Der Vorteil liegt auf der Hand: Man ermöglicht es Freunden, auch bei inkompatibler Hardware miteinander zu spielen und erweitert damit die Zahl der möglichen Kunden.

Optimierte mobile Erlebnisse
Aber damit unser Beispiel funktioniert, muss auch das Erlebnis für mobile Endgeräte optimiert werden. Den iGaming-Anbietern war mit dem Aufkommen von Smartphones schnell klar, dass Kunden auch unterwegs auf die Spiele zugreifen möchten. Um den Spielern, die unterwegs sind, das bestmögliche Erlebnis zu bieten, fokussierte die Industrie viele Ressourcen auf den mobilen Gaming-Bereich. Wichtig waren dabei Techniken wie responsives Design, effizientes Daten-Streaming und benutzerfreundliche Schnittstellen. Diese Entwicklungen wurden später dankend von der Gaming-Industrie übernommen und haben letztendlich die Explosion des mobilen Gaming-Marktes generell ermöglicht.

Cloud-Gaming
Cloud-basierte Spielelösungen aus dem iGaming trugen entscheidend zur Entwicklung von Cloud-Gaming-Diensten bei. Diese Technologien kamen im iGaming zum Einsatz, um Spieler unabhängig von ihrer Hardware nahtlos zu verbinden und ihnen Echtzeitspiele ohne Downloads zu ermöglichen. Diese bahnbrechenden Innovationen ebneten sicherlich den Weg zu Plattformen wie Xbox Cloud Gaming sowie NVIDIA GeForce Now. Nutzer können heute anspruchsvolle Videospiele über verschiedene Geräte spielen, ohne auf leistungsstarke Hardware angewiesen zu sein. Die technischen Entwicklungen im Cloud-Gaming wurden maßgeblich durch die im iGaming gewonnenen Erfahrungen mit Netzwerklatenz, Datenübertragung sowie Nutzererfahrung beeinflusst.

Echtzeit Multiplayer
Wenn wir schon über das gemeinsame Spielen mit Freunden sprechen, müssen wir uns auch die Mehrspieler-Technologien anschauen, die durch die iGaming-Industrie entwickelt wurden. Jeder weiß, dass ein Spiel mehr Spaß macht, wenn man zusammen mit Freunden spielen kann, doch zu Beginn dieser Entwicklung standen andere praktische Probleme. Online-Slots müssen natürlich über das Internet gestreamt werden, wobei es wichtig ist, dass die Verbindung stabil ist und der Kunde nicht mitten im Spin aus dem Spiel geworfen wird. Deshalb hat die iGaming-Industrie schon früh in die eigene Internet-Infrastruktur investiert. Dieses Investment hat sich ausgezahlt und wurde schnell von der Videospiel-Industrie aufgegriffen und in der Entwicklung von Multiplayer-Spielen genutzt.

Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR)
VR und AR sind wohl eine der größten Entwicklungen der letzten Jahre, die die Immersion von Spielern erhöhen. Die iGaming-Industrie hat schon früh auf beide Technologien gesetzt, um den eigenen Kunden ein neues Erlebnis zu bieten. VR wird zum Beispiel genutzt, um eine virtuelle Realität zu schaffen oder ganz praktisch, um ein virtuelles Casino darzustellen, in dem sich die Kunden frei bewegen können. AR hingegen wird genutzt, um den Kunden mehr Informationen zu bieten, während man mit dem Spiel interagiert. So können Timer, Durchschnitte oder andere Informationen einfach zur Verfügung gestellt werden, um den Kunden bei schwierigen Entscheidungen zu unterstützen. Beide Technologien werden nun auch verstärkt in der Videospiel-Industrie genutzt, gerade AR hatte vor einigen Jahren einen wahren Hype dank Pokémon Go. Hier kann man gut erkennen, dass beide Industrien darauf abzielen, ihren Kunden eine nie zuvor erlebte Immersion zu ermöglichen.

Die negativen technologischen Entwicklungen

In meinem ersten Abschnitt habe ich mich auf positive Entwicklungen fokussiert. Dabei ging es vor allem um Technologien, die beide Industrien in eine positive Richtung gesteuert haben. Natürlich ist die Geschichte aber nie ganz so einfach und hat auch immer wieder negative Seiten. Im Folgenden möchte ich auf zwei Entwicklungen innerhalb der iGaming-Industrie eingehen, die einen eher negativen Effekt auf die Videospielindustrie haben.

Monetarisierung
Es dürfte kein Geheimnis sein, dass die iGaming-Industrie seit Jahren eine Vorreiterrolle einnimmt, wenn es darum geht, neue Wege der Monetarisierung zu erschließen. Viele dieser Taktiken haben sich vor allem in den letzten Jahren in einigen großen Produktionen der Videospielindustrie wiedergefunden und dabei mehr als nur ein paar Kontroversen ausgelöst.

Mikrotransaktionen
Im Prinzip handelt es sich bei Mikrotransaktionen um kleine Käufe, die oft nur wenige Euro kosten und dem Nutzer entweder kleinere Boni, kosmetische Änderungen oder andere In-Game-Inhalte bieten. Diese kleineren Transaktionen, vor allem für spielerische Vorteile, gab es schon lange in der iGaming-Industrie, waren aber noch recht unbekannt in der Videospiel-Industrie, bis sich mehrere Entwickler entschieden, diese in Vollpreisspiele (ca. 60 - 70 Euro) zu integrieren. Dabei kam es oft vor, dass relevante Vorteile hinter diesen kleineren Transaktionen versteckt waren, die man als Spieler quasi fast schon kaufen musste. Das Interessante an diesem Überschwappen der Technologie war, dass die Videospielindustrie deutlich aggressiver in der Implementierung dieser Transaktionen war. Natürlich hat dieser aggressive Ansatz zu vielen Kontroversen geführt, die letztlich dazu führten, dass die meisten Entwickler entweder nur kosmetische Inhalte anbieten oder komplett auf Mikrotransaktionen verzichten.

Lootboxen
Eine Diskussion über die Schnittmenge zwischen der iGaming- und der Gaming-Industrie kann nicht vollständig sein, ohne auf Lootboxen einzugehen. Bei Lootboxen handelt es sich im Prinzip um RNG (Random Number Generators), die dem Spieler zufällig eine Auswahl an Gewinnen anzeigen und diese dann durchlaufen, um am Ende ein zufälliges Item auszuwählen. Klingt vermutlich sehr bekannt. Im Prinzip sind Lootboxen Slotmaschinen, in denen Spieler Vorteile erhalten können. Diese Boxen waren vor allem 2019 sehr beliebt und man fand sie quasi in jedem Spiel, das neu auf den Markt kam. Oft wurden die Spiele auch so designt, dass Kunden diese Boxen nutzen mussten, um wirklich im Spiel voranzukommen. Natürlich hat das zu vielen Beschwerden unter den Kunden geführt, da man ja schon den vollen Preis bezahlt hat. Außerdem muss man sich auch klar sein, dass sich in einem Casino niemand beschwert, wenn ein Glücksspiel angeboten wird, in einem FIFA- oder Star-Wars-Spiel allerdings ist man darauf nicht vorbereitet. Etwas, das auch einige Regierungen dachten, und Lootboxen als Glücksspiel deklarierten, wodurch den jeweiligen Spielen automatisch keine Jugendfreigabe erteilt wurde. Nach diesen Urteilen wurden Lootboxen aus den meisten Spielen entfernt.

Die zukünftigen Technologien

Am Ende dieses Artikels möchte ich noch einen Blick in die Zukunft wagen. Es ist klar, dass die Videospielindustrie und die iGaming-Branche auch weiterhin eng zusammenarbeiten werden. Gerade im Bereich der KI werden wir vermutlich noch viele Kooperationen sehen. Besonders wenn es um die frühzeitige Erkennung von betrügerischem Verhalten geht, haben beide Industrien ein großes Interesse daran, ihre eigenen Kapazitäten zu erweitern. Viele Online-Casinos setzen hinter den Kulissen auf unterschiedliche KI-Anwendungen, die problematisches Verhalten erkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen können. Die Videospielindustrie auf der anderen Seite nutzt viele dieser KI-Anwendungen, um Betrüger in ihren Spielen zu identifizieren und diese auszuschließen. Aber auch andere Anwendungen wie Altersnachweise oder der Kundensupport werden durch künstliche Intelligenz vereinfacht, maßgeblich durch beide Industrien entwickelt.

Fazit

Die iGaming-Branche und Videospiele stehen in enger Beziehung zueinander. iGaming hat durch die Einführung einer Fülle von Innovationen Fortschritte gemacht, die den Videospielsektor maßgeblich beeinflussen. Da sich beide Branchen weiterentwickeln, versprechen ihre Zusammenarbeit und ihre gemeinsamen Verbesserungen größere Möglichkeiten für Wachstum und Innovation. Diese Branchen lernen voneinander. Dieser Ansatz garantiert ihre Relevanz und Attraktivität in einer zunehmend wettbewerbsorientierten Unterhaltungslandschaft. Dieser aktive branchenübergreifende Austausch bringt unbestreitbare technische Vorteile mit sich und auch wichtige Erfahrungsgewinne.

Bio:
Mit mehr als 10 Jahren Erfahrung ist Jonas Waltenberg einer der Experten in der iGaming-Industrie. In dieser Zeit hat er sich mit seinen fundierten Artikeln den Ruf erarbeitet, eine der vertrauenswürdigsten Stimmen in der Industrie zu sein. Sein Fokus liegt vor allem auf den großen technologischen Entwicklungen der iGaming-Industrie, um so immer der Erste am Puls der Zeit zu sein.

Quelle: XBU, Jonas Waltenberg