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Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Microsoft mit seiner Xbox eine echt seltsame Bahn einschlägt. Der ernste Ton, den das Gaming seitens Microsofts bekommt, passt irgendwie so überhaupt nicht zur Natur des Spielens. Irgendwie fehlt mir hier der Spaß… Eine kleine Analyse darüber, was die Ernsthaftigkeit ausmacht und wie man gegensteuern könnte.

Wir nehmen das Gamen ernst. Todernst.

So zumindest könnte das Motto der Xbox sein, denn keine andere Konsole verkauft sich so selbstbewusst aber auch gleichzeitig so trocken und fast schon langweilig. Man bedenke allein die Bildersprache und den Content, den die Xbox liefert.

Die Bildersprache

Fangen wir mal ganz am Anfang der Konsole an: Dem Verkauf der Konsole an sich. Das mag jetzt trivial klingen, aber die Xbox Bildersprache beginnt bereits beim Verkauf der Konsole und der Verpackung. Sehen wir uns die drei Hauptrivalen einmal an (hier die Standard-Modelle der aktuellen Konsolen; Sony Playstation 4 Pro – Microsoft Xbox One X – Nintendo Switch)

Auf den ersten Blick unauffällig, auf den zweiten Blick glasklar: Die Xbox ist die einzige, die keine bunte Verpackung hat. Der kleine winzige Streifen Grün deutet noch irgendwie auf die identitätsstiftende Farbe hin, das war’s dann aber. Weiterhin sind die Verpackungen der Konkurrenz deutlich verspielter. Zum einen hat die Playstation ein Designmerkmal, das etwas unernst und spaßig rüberkommen soll: Die blauen Wellen mit den Symbolen des Controllers. Dahingehend hat Microsoft nur seine flächige, Windows/Microsoft-typische Einfachheit. Mag schick und edel sein – für eine SPIELEkonsole aber vielleicht etwas ZU ernst. Die Switch hingegen punktet bereits mit der bunten Konsole an sich. Das Modell mit dem neonblau und neonrot ist das Standardmodell und zeigt, dass die Konsole sich eben nicht ernst nimmt, nicht mal im TV-Regal stehend.

Der Content

Es ist gewusst und das ewige Problem der Xbox One (vielleicht sogar schon der Xbox 360), das aber irgendwie niemand in den Griff bekommt: Die Exklusivspiele. Scheinbar hat man die Strategie auch immer wieder in Angriff nehmen wollen, es dann aber wieder fallengelassen. Momentan scheint die Xbox ja auch eher den Weg der Streaming-Konsole und Tech-Konsole gehen zu wollen, anstatt mit Games zu punkten.

Die ewig guten Games und exklusiven Spiele bei Xbox sind aktuell die folgenden vier:

Die Designsprache der Cover sagt zwar schon alles, aber, damit wir den Fokus wieder drauflegen: Alles nimmt sich zu ernst. Halo ist zwar etwas bunter, fährt aber die Schiene des todernsten (allerdings auch wirklich gut gemachten) eSports. Gears ist Gears und in trüb-düsterer Manier schneidet, schießt und metzelt man sich durch außerirdisches Blut. Forza ist eine Rennsimulation höchsten Grades (Horizon schafft den etwas spielerischeren Aspekt, bleibt aber weiterhin eine Simulation) und Quantum Break ein dunkles Sci-Fi-Drama mit guter Story, aber altbackenem Gameplay.

Die Spiele sind gut – versteht mich nicht falsch – aber sie reichen nicht und sind kein Alleinstellungsmerkmal. Auch Sony bietet gute Shooter, gute 3rd-Person-Adventures und gute Rennspiele, und schlussendlich deutlich mehr an der Zahl. Außerdem schafft es Sony, immer wieder neue Games auf den Markt zu bringen, während man bei Xbox an Teil XYZ von Halo, Gears und Forza arbeitet.

Nintendo hingegen punktet wie immer mit kinderfreundlichen Games, die aber dermaßen gut entwickelt und unterhaltsam sind, dass jeder erwachsene Gamer sie kennt und sicherlich auch schon einmal gespielt hat. Wer Super Mario Galaxy 2 schon einmal gespielt hat, weiß, wie gut ein 3D Jump’n Run sein kann. Wer Mario Kart schon einmal mit Freunden gespielt hat, weiß, dass man damit einen ganzen Abend füllen kann – mit Forza nicht. Wer Zelda: Breath of the Wild schon einmal gespielt hat, weiß, dass ein Adventure nicht so düster wie The Witcher und nicht so ernst wie The Elder Scrolls sein muss, damit es auch einen riesigen Umfang hat und jede Menge Spaß macht.

Die Hardware

Ja und schlussendlich ist es wohl die Hardware an sich, die immer dermaßen gepusht wird, welche zeigen möchte: Die Xbox ist eine ernste Angelegenheit. Schließlich geht es um Auflösung, um Frames per Second, HDR und Hastenichtgesehn. Dieses Image ist so ernst und komplex, dass man damit eigentlich nur auf erwachsene Technik-Geeks zielt. Dass aber auch die eine kindische Seite in sich (oder gar Kinder zuhause) haben, wird dabei vergessen. Das resultiert schließlich darin, dass man sich eine Xbox UND eine Nintendo-Konsole kauft. Dabei wäre es doch möglich, beides in einem zu bekommen? Vor allem dann, wenn man bedenkt, dass die Switch sonstwas drauf gibt, Technik voranzupushen. Nintendo-Konsolen standen technisch immer hinter Sony und Microsoft, und dennoch sind es die meistverkauften Konsolen (nicht umsonst). Wen wundert’s, dass man ENTWEDER eine PlayStation ODER eine Xbox besitzt, während eine Nintendo-Konsole fast schon zum Must-Have für beide Konsoleros gilt.

The good old days

Dabei war die Xbox einmal richtig gut, was all diese Dinge angeht und nahm sich nicht immer so ernst! Gerade die unglaublich erfolgreiche Xbox 360 wusste, wie man sich verkauft. Erinnert jemand sich noch an den aberwitzigen Werbespot zur Xbox 360?

Vergleicht man das mit langweiligen, Standard-TV-Spots der Xbox One heute, wird das Problem offensichtlich.

Aber auch sonst hatte sich die Xbox 360 Mühe gegeben, etwas mehr Unterhaltung, Spaß und Witz in die ganze Sache zu bringen. Bei den Games fallen einem die ganzen Rare Titel ein (Banjo-Kazooie, Viva Piñata, Kameo, Perfect Dark Zero) – bei denen heute nur Sea of Thieves bleibt, ein sehr akribisches Spiel mit hohen Erwartungen, das letztendlich aber nur einen Comic-Style und wenig wirklich fesselndes und schlussendlich untypisches Rare-Gameplay bietet – und natürlich auch nicht zuletzt Kinect! Obwohl es einige für unnötig hielten und die Idee, die Xbox One anfangs nur zusammen mit Kinect zu verkaufen, wohl ein Schuss in den Ofen war, hatte die Xbox 360 zusammen mit Rare einige richtig gute Familien- und Partygames für die Kinect. Es war die konsequente Weiterentwickling des EyeToy des PlayStation und ein wahrer ungeschliffener Diamant…

Insgesamt müsste man bei der Xbox wohl auch wieder auf gemeinsames Zocken setzen, das ein derartiges Erfolgsrezept bei Nintendo ist. Überlegt einmal, wie viele Spiele auf der Xbox heute denn überhaupt im Split-Screen spielbar sind. Es gibt nur sehr wenige Games, bei denen es sich lohnt, einen zweiten Controller zu haben. Hier müsste man wieder zurück zu den Wurzeln des Gamings und dem Grund, warum wir eine Konsole und keinen Gaming-PC haben: Das gemeinsame Zocken auf dem Sofa. Das bringt nämlich richtig Stimmung!

Ebenfalls richtig hat es die Xbox 360 mit ihren Avataren gemacht. Zwar war es mehr oder minder eine Kopie der „Miis“ der Nintendo Wii, allerdings hat es in das Konzept gepasst. Die Xbox 360 ist mit ihrer „New Xbox Experience“ (NXE) einen richtigen Weg gegangen. Viele Spiele haben die Avatare unterstützt (z.B. die Kinect-Spiele, aber auch UNO, Einer gegen 100 oder aber auch Sonic & Sega All-Star Racing) und sie waren nahtlos in das Dashboard integriert, so dass alles ein wenig verspielter und witziger erschien (siehe Bilder). Richtig cool war das Feature (das mit dem neusten Update aber wieder verschwand), die Freundesliste mit den Avataren zu sehen. Man sah die Freunde, die zusammen in einer Party waren, man sah, welches Games sie zockten – alles in einem verspielten Avatar-Style, und nicht wie jetzt, trocken, als Informationen in einem grauen 2D-Untermenü aufgelistet.

 Die comichaften Avatare sorgten für eine spielerische Identifikation mit der Xbox-Marke. Als die Avatare von Microsoft letztes Jahr einen neuen Anstrich bekamen, wurde das nicht einmal groß beworben, denn abgesehen von ein paar wenigen kleinen Features tauchen sie nirgendwo auf. Das ist richtig schade, denn sie verpassen der Marke einen spielerischen (und dadurch weniger ernsten) Ton.

Wie man es besser machen könnte

Was nutzen uns jetzt diese Erkenntnisse? Man könnte darauf hoffen, dass Microsoft sich irgendwann einen Ruck gibt und die Xbox als SPIELEkonsole wieder hochleben lässt. Spiel und Spaß müssen im Vordergrund stehen. Da helfen sowohl exklusive Spiele wie auch ein Marketing und eine Design-Sprache, die etwas verspielter und weniger ernst sind. Auch Erwachsene wollen ab und zu Kinder sein. Gleichzeitig spielerisch und erwachsen geht auch – es muss nicht gleich das komplette Nintendo-Programm sein.

Eine Möglichkeit wäre z.B. die neuen Avatare – die meines Erachtens wirklich gut geworden sind und richtig toll aussehen – wieder stärker einzubinden. Sowohl ins Dashboard wie auch ins Marketing. Xbox heißt: Gamen, heißt: Verspielt sein, heißt: mit Freunden spielen. Und das soll sich dann auch optisch widerspiegeln.

Eine weitere Möglichkeit, die ich bisher nur kurz erwähnt habe, ist das lokale Gaming auf der Couch. Nur die wenigsten der großen Titel haben diese Option und wenn, dann oftmals so halbherzig, dass es einen nicht wirklich lange vor dem Fernseher bannt. Ich wünsche mir Spiele, die gerade FÜRS gemeinsame Zocken vor dem Fernseher geschaffen wurden. Ich will nicht jedes Mal, wenn Freunde rüberkommen zum Zocken, den alten Nintendo 64 auspacken, um coole Partygames zu haben. Die Konsole, bei der man auf der Couch vor dem Fernseher und nicht allein in seinem Büro vor dem PC-Monitor hockt, sollte für mehrere Leute sein. Das gemeinsame Spielen ist in den letzten 10 Jahren viel zu viel vernachlässigt worden.

Was denkt ihr dazu? Findet ihr es auch so schlimm mit der Ernsthaftigkeit der Xbox? Oder ist alles in bester Ordnung und ihr findet den „erwachsenen“ Ton Microsofts eher als lässig und zeitgemäß?

P.S. Im Anhang ein Foto von mir… indem ich es nicht so ernst nehme ;) Hoch leben die Avatare! Dreimal Hoch!

Quelle: XBoxUser.de

3 Kommentare

Zeerp Mi, 26.02.2020, 12:36 Uhr

Vollkommen richtig. Verstehe auch nicht, wieso MS nicht mehr den Indie-Sektor pusht. Da gibt es auf der PS4 echte Perlen...

Mattcher77 Sa, 22.02.2020, 18:21 Uhr

Ein sehr interessanter Text. Vor allem die Unterschiede bei der Verpackung sind mir so gar nicht aufgefallen. Tatsächlich denkt man bei der Xbox nicht sofort an Spiel und Spass. Da könnte genauso gut eine, zugegebenermaßen sehr edle, Kaffeemaschine drin sein :D
Das Problem mit den Exklusivspielen ist ja schon immer ein bekanntes Thema der Xbox. So richtige Spieleperlen findet man oftmals nur noch im Arcade- oder Indiebereich, welche jedoch beide viel zu wenig seitens MS unterstützt werden.
Nun könnte man die im Text aufgezählten Punkte, z. B. Seriösität, als Alleinstellungsmerkmale der Xbox ansehen, allerdings passen sie einfach nicht zu einer Spielekonsole. Die sollte doch für Spiel, Spass und Abwechslung stehen. Diesbezüglich könnte man mal einen Blick auf die "Konkurrenz" werfen.

Phoenix80 Sa, 22.02.2020, 09:45 Uhr

Die Verpackung finde ich durchaus stylisch von der Xbox, sie soll auch edel wirken, denke ich. Aber die Avatare vermisse ich auch, da wurden auf der Xbox 360 nette Spiele mitgemacht und das Dashboard war lebendiger.