
Spieltempo: Gemächlich
Liebe 13-jährige Call of Duty Spieler, ich weiß eurer Leben ist richtig schwer, ihr müsst zwischen Hausaufgaben und Killstreaks noch verarbeiten, dass euer Körper beginnt sich zu verändern, wenn ihr mal Ruhe in eurem Leben braucht, werft einen Blick auf Wasteland 2. Der nukleare Winter wird in der isometrischen Perspektive erlebt, im Director's Cut könnt ihr zusätzlich die Kamera drehen, was für mehr Übersicht sorgt. Ihr könnt zu Beginn des Spieles Charaktere erstellen oder auch vorgefertigte Figuren nehmen. Wie es sich gehört, gibt es hier diverse Möglichkeiten, die besonders spielerisch Folgen haben. Ihr könnt Raufbolde, Diplomaten, Sanitäter oder einfach nur Irre mit riesigen Waffen erzeugen, überlegt euch also gut, wie ihr spielen wollt.
Ihr könnt immer wieder im Spiel neue Personen zu eurer Party hinzufügen oder alte Kameraden entlassen, dies wird die Zeit aber vermutlich für euch erledigen. Denn in Wasteland 2 ist ein Charakter futsch, wenn er oder sie stirbt. Ihr könnt, wenn ihr einen Chirurgen habt, natürlich noch versuchen Personen vor dem Ableben zu schützen, wenn diese keine Lebensenergie mehr haben, doch ist jemand tot, dann ist er tot. Eines der Hauptelemente ist das Erkunden, wahlweise mit der ganzen Truppe oder mit einzelnen Personen. Es gibt an nahezu jeder Ecke eine Kiste oder eine Mülltone mit Items und an jeder zweiten Ecke steht eine Person, die eine Quest oder nützliche Informationen für euch hat, man sollte also jedes Gebiet in Ruhe untersuchen.
Ein weiteres großes Element ist die Charakterentwicklung, diese wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Immer wenn ihr nach Kämpfen oder Quests per Funk Meldung an euren Chef macht, hagelt es Erfahrungspunkte, diese lassen sich auf viele Attribute verteilen und in bestimmten Abschnitten gibt es auch Perks. Hier ist es wichtig nicht einfach irgendwas zu klicken, habt ihr keine ausgewogene Party, werdet ihr nicht weit im Spiel kommen.
Selbst die Reisen in Wasteland sind eher gemütlich, auf der Weltkarte könnt ihr direkt Ziele anwählen und die Gruppe läuft oder ihr steuert manuell. Jeder Schritt verbraucht hier Wasser, ohne Wasser zieht jeder Schritt Energie ab, daher müsst ihr immer Ausschau nach Oasen halten. Sowohl in Gebieten, als auch auf der Weltkarte gibt es regelmäßige Kämpfe für euch zu bewältigen, diese nehmen den letzten großen Teil des Spiels ein.
Rundenbasierte Kämpfe für alte Gamer
Wer die goldene Zeit der RPGs auf dem PC miterlebt hat, kennt die guten alten rundenbasierten Spiele. Mein allzeit Favorit hierbei ist einer der letzten großen Titel dieses Genres: Jagged Alliance 2. Wer solche Spiele mag, sollte hier wirklich einen Blick riskieren. Das Kampfsystem erinnert stark an die ersten zwei Fallout Spiele oder Planescape: Torment (was auch von Fargo ist und ebenso einen Kickstarter-Nachfolger bekommt). Ihr könnt euch in den Gebieten frei bewegen und frei Items nutzen, bis ihr auf Gegner trefft, der Kampf geht in der Position los, in welcher euch der Gegner erwischt (es macht daher Sinn vorher alle in Position zu bringen oder einen Erstschlag auszuführen).
Je nach Charakterklasse und Level habt ihr nun eine bestimmte Anzahl an Aktionspunkten (AP), wie der Name vermuten lässt, verbrauchen alle Aktionen diese Punkte. Auf dem Spielfeld erscheint ein Raster, jedes Feld verbraucht AP um es zu passieren, nun muss man also überlegen, ob man alle Punkte verbraucht um einen Angriff durchzuführen und dann riskiert in der Schusslinie zu stehen oder ob man lieber erst mal in Deckung bleibt. Es gibt allerhand Waffen, alles was zum Schlagen und Stechen benutzt werden kann, aber auch Projektilgewehre und Energiewaffen. Wer Sprengstoffexperten und Sanitäter hat, kann diese natürlich auch im Kampf gegen AP nutzen.
Ich mag dieses Spielprinzip, es ist sehr taktisch und ich musste mich auch erst wieder daran gewöhnen, lieber eine Runde nur zu kauern, als immer direkt auf den Gegner zu rennen. Kämpfe dauern so immer etwas länger. Stirbt eine Figur oder wird sie verletzt, so ertappt man sich immer wieder zu denken, man hätte es durch anderes Vorgehen verhindern können, insgesamt ein sehr faires Kampfsystem, wenn man es richtig nutzt
Übersichtliches Spiel mit unübersichtlichen Menüs
Viele Leute Loben die Menüführung von Wasteland 2, dieses kann ich nicht bestätigen. Auf dem PC stelle ich es mir tatsächlich angenehm vor mit Maus und Tastatur durch alle Menüs und Untermenüs zu scrollen, doch mit dem Gamepad überfordert mich das System doch immer wieder. Nicht nur in Menüs, sondern ganz besonders in Kämpfen finde ich die Auswahlmöglichkeiten zu viel. Über die Trigger könnt ihr zwei Ringmenüs aufrufen, im Prinzip eines für defensive Fähigkeiten und eines für offensive. Währen ich Kampfhandlungen schnell verstanden habe, stehe ich mit Heilen etc. noch immer auf Kriegsfuß. Hier ist es einfach unübersichtlich, welche Figur gleich wen heilt, zu oft habe ich so mein letztes Medikit für die falsche Person geopfert. In Städten ist das Spiel so übersichtlich und auch die Weltkarte ist nicht überladen, da hätte ich mir eine bessere Menüführung für Konsolen gewünscht.
Grafisch gibt es ein wahnsinnig großes Problem. Ich rede hier nicht von der Optik selbst, diese ist wahrlich kein Hochgenuss aber sie ist authentisch und damit kann ich leben. Gleiches gilt auch für den Ton, die Sprecher sind gut und die Musik ist nett, hier hätte ich mir jedoch häufigeren Einsatz von Soundtracks gewünscht, ein wenig mehr Drama wäre sicher drin gewesen. Das nicht alle Personen über Sprachausgabe verfügen, ist grundsätzlich in Ordnung, geht in diesem Fall jedoch Hand in Hand mit dem großen Grafikproblem: Die Schriftgröße ist viel zu klein.
Für PC Spieler, die direkt am Monitor sitzen mag das reichen, doch Konsoleros spielen oft vom Sofa aus mit mehreren Metern Abstand zum TV. Selbst wer einen Fernseher mit großer Diagonale hat und den optimalen Sitzabstand einhält, wird hier nicht mitlesen können. Das ist unglaublich ärgerlich, so gehen nicht nur Kampfinformationen flöten, sondern auch wichtige Hinweise. Die Story interessiert mich, aber es gibt wahnsinnig viele Texttafeln und ich habe keine Lust jedes mal aufzustehen und zum TV zu laufen, um zu sehen, was mich in einer Quest erwartet. So erwischte ich mich irgendwann die Dialoge einfach durchzuklicken und daher später gar nicht zu wissen, was ich machen muss, also wieder ins Logbuch gucken, zum TV laufen und analysieren. Dieser Fauxpas macht das Spiel für mich komplett kaputt, bitte bringt ein Update, welches die Schriftgröße anpassen lässt, dann gebe ich dem Titel noch eine neue Chance.
Fazit
Nostalgiker und Fans des ersten Wasteland-Teils werden sich freuen. Der Titel spielt sich wirklich, als wäre es noch 1988 und das ist in diesem Falle positiv gemeint.
Das Spielprinzip hat Tiefe und Taktik, alleine mit er Entwicklung der Figuren kann der Spieler Stunden verbringen. Besonders positiv haben mir die Kämpfe gefallen, das Kampfsystem ist wirklich rund.
Grafisch sollte man jetzt nicht das Vorzeigeprodukt für die Xbox One erwarten, optisch ist der Titel lediglich OK.
Für mich macht schlussendlich die zu kleine Schriftart ein gutes Spiel unspielbar, hätte man eine Limited Edition mit Opernfernglas auf den Markt gebracht, wäre das anders, so kann man Wasteland 2 Director's Cut nur spielen, wenn man unmittelbar vor dem Screen sitzt.
Bewertung
Pro
- Lange Story
- Rundenbasierte Kämpfe machen Spaß
- Das Spiel bleibt seinem Vorgänger treu
Contra
- Kleine Schriftgröße macht den Titel nahezu unspielbar
- Menüs teilweise unübersichtlich
- Technisch nur mittelmäßg
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