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„Gehe zu“ Review Absatz drei

Spielerisch geht es -typisch für ein Point and Click Adventure- dabei darum, die Hauptaufgabe zu lösen, indem man viele kleinere Rätsel auf dem Weg dahin bewältigt. Das macht der Spieler, in dem alle Items, die nicht festgeklebt sind, eingesteckt und an anderem Ort verwendet oder kombiniert werden. Witzige Dialoge und kleine Denkaufgaben müssen ebenso bewältigt werden.

Kommandos wie „nimm“, „drücke“, „öffne“ oder „benutze“ wähle ich aus und bestimmte dann per Cursor auf welchen Gegenstand oder mit welcher Person dieses Kommando ausgeführt werden soll. Der Aufbau des Inventars und der Kommandos ist genauso, wie ich es aus meiner Kindheit kenne.

Die Rätsel variieren dabei von einfachen Kombinationen (benutze 10 Cent Münze mit Münztelefon) bis hin zu abgedrehten Lösungen, bei denen man um Ecken denken muss (trinke scharfe Sauce um Feuer zu spucken, um damit einen Kamin anzuzünden). Schön ist, dass es hierbei zwei Schwierigkeitsgrade gibt. Humorvoll heißt es, einen für den der weiß, dass es noch viel Schöneres als Games im Leben gibt und einen für den, der weiß, dass es nichts Schöneres im Leben als Adventure-Games gibt. Im schwierigen Modus sind in der Regel mehr Schritte zur Lösung notwendig, so finden wir die Tinte für einen Drucker auf einfach direkt im Tintenfass, auf schwer müssen wir diese aus einzelnen Komponenten mixen.

Die Rätsel sind insgesamt weniger abgedreht als bei anderen Genrevertretern, das macht sie einfach zu lösen. Schwierig ist es nur manchmal, einige Objekte auf dem Screen zu sehen ( Benzin vor dem „Mansion Mansion“). Mir gefällt die Variante mit den zwei Schwierigkeitsgraden sehr gut, da die Story gut ist und so einige Spieler nur die Geschichte genießen können, andere sich aber komplett den Kopfnüssen hingeben können.

Auf alt gemacht aber nicht alt

Die gesamte Aufmachung des Titels weckt in mir ein Gefühl, als wäre Monkey Island 2 erst vor einem Jahr erschienen und Thimbleweed Park ist der nächste Streich von LucasArts. Das liegt natürlich erstmal an dem unverkennbaren Pixel-Stil, den der Titel hat. Das Schöne ist, dass wir zwar einen auf alt gemachten Look haben, der Titel aber dennoch viel bietet, was damals nicht möglich gewesen wäre. Zum einen sind die Pixel nur da pixelig, wo sie auch sein sollen. Das Spiel lässt sich wunderbar auf einem großen Screen in Full-HD Auflösung spielen, Full-HD Pixel-Optik sozusagen.

Dann sind aber die Hintergründe und die Gebäude wesentlich detaillierter als es zur Hochzeit der Grafik-Adventures Usus war. Klar, im Vergleich zum heutigen Standard kann man immer noch von Detailarmut reden, für den Look and Feel des Titels ist es aber genau der Grad an Detailtiefe und Verpixelung, den es braucht, um die Atmosphäre alter Klassiker zu wecken und dennoch keinen Augenkrebs zu verursachen.

Auch unter den bekannten Grafik-Adventures sticht Thimbleweed Park mit seinem Look heraus. Mit seinem Neo-Noir Look mit vielen technischen Geräten, Neon-Leuchtröhren und dem Gebrauch vieler Blau-Töne unterstreichen die Entwickler den Mistery-Flair des Titels und sind damit zeitgleich deutlich weniger bunt, als man es von solchen Spielen kennt.

Bunt ist dafür der Soundtrack, denn hier haben wir eine große Mischung von fantastischen Sprechern. Glücklicherweise beruft der Titel sich nicht nur auf die Anfänge des Genres, denn dann hätten wir keine Sprachausgabe gehabt. Hier geht man den Schritt zu den etwas modernen Point and Click Adventures (oder den so genannten Talkie Versionen der Klassiker). Thimbleweed Park kommt mit cooler, typischer Synthie Musik und fantastischen Sprechern. Das Spiel ist voll von gewitzten Dialogen und tollen Wortwitzen. Diese sind nicht nur lustig, sondern klingen auch gut.

Ich vertrete hier die Meinung, es ist besser einen einfachen, passenden Stil zu wählen, als auf eine Grafikbombe zu setzen und am Ende seelenlos zu erscheinen. Mir reichen die Grafik und auch der Sound, so wie das Spiel es liefert. Natürlich spielt hier Nostalgie eine große Rolle, diejenigen, welche das Spiel finanziert haben, werden aber genau solche Nostalgiker gewesen sein. Für Neulinge des Genres kann der Titel natürlich optisch und akustisch etwas zu zurückhaltend sein, es gibt halt nur wenige Explosionen.

Auch auf Deutsch witzig

Selbst bei dem Thema der Übersetzung muss ich die Nostalgie-Keule wieder schwingen. Es gab Zeiten, da wurden Spiele nur von Spielern übersetzt und nicht von Agenturen und Firmen, deren Hauptaugenmerk nicht auf Gaming liegt. In dieser Zeit hat man gerade im Hause LucasArts immer wieder Lokalisationen geschaffen, die genau den Namen verdienen. Viele Gags wurden nicht nur übersetzt, sondern popkulturelle Anspielungen wurden auf den deutschen Markt angepasst. Besonders The Secret of Monkey Island hatte hierbei eine gute Übersetzung (abgesehen von dem Monkey Wrench Rätsel, was für uns in Deutschland kaum lösbar war).

Für die sprachliche Anpassung für den deutschen Markt war kein geringerer als Boris Schneider-Johne verantwortlich. Eines der Stretch Goals der Kickstarter Kampagne von Thimbleweed Park war, genau diesen Mann wieder ins Boot zu holen und das hat am Ende geklappt.

Wie in alten Zeiten werden Texte nicht wortwörtlich übersetzt, sondern sinngemäß. Schön ist dabei, dass die englische Sprachausgabe erhalten bleibt, so kann der Spieler entscheiden, welches er lieber mag. Anspielungen werden gut eingedeutscht, so wird aus der „Tonight Show“ das hier besser bekannte „Wetten, dass…?“. Alles in allem eine runde Lokalisation.

In den acht bis zehn Stunden, die je nach Schwierigkeitsgrad, nach Spieltyp und Skill anfallen, sind es die skurrilen Figuren und Gags, die am meisten unterhalten. Es gibt haufenweise Anspielungen an Figuren aus bekannten LucasArts Games. So treffen wir eine uns bekannte menschenfressende Pflanze wieder oder werden oft von Figuren darauf aufmerksam gemacht, dass dies aktuell eine sehr faire Stelle war und bei Sierra On-Line nun ein Game-Over folgen würde. Der Humor ist allgegenwärtig und passt, übertönt das Gameplay aber nicht. Eine gelungene Symbiose.

Und wer sich immer darüber beschwert hat, dass man bei LucasArts Spielen jedes Staubkorn anklicken muss, der wird seine Freude an den Collectibles aus Thimbleweed Park haben… ja richtig… es sind Staubkörner. Ich habe die rosarote Nostalgiker Brille auf, dass muss ich zugeben. Aber auch ganz objektiv, hat mich lange kein Game mit so wenig Aufwand so sehr in seinen Bann gezogen.

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Fazit

Ich bin direkt mit den Figuren warmgeworden und hatte viel Spaß an den Rätseln und Dialogen. Klar, dass ein oder andere übersieht man leicht oder es ist zu skurril, sowas hält sich aber in Grenzen. Die Grafik und der Sound werden Fans der Vorbilder mehr begeistern als Neulinge, aber keiner kann sagen, das Spiel wäre in sich nicht stimmig.

Es scheint, als sei Dr. Emmet Brown gerade aus seinem DeLorean gestiegen und hat uns Thimbleweed Park aus seiner Reise ins Jahr 1989 mitgebracht. Es fühlt sich an, als hätte der Trend um Point and Click Adventures nie aufgehört. Für diese perfekte Vermittlung des Spielgefühls der späten Achtziger und der frühen Neunziger gibt es von uns den XBoxUser Special Award.

Zwanzig Euro könnten Neulinge abschrecken, aber lasst es euch von einem Kenner sagen: Das Spiel ist jeden Cent wert, daher rate ich euch „gehe zu“ Microsoft Store und „kaufe“ Thimbleweed Park.


Bewertung

Pro

  • Knüpft perfekt an die Klassiker des Genres an
  • Witzige Dialoge
  • Zwei Schwierigkeitsgrade
  • Coole Rätsel

Contra

  • Einige Items übersieht man leicht
  • Der Look richtet sich hauptsächlich an Nostalgiker

Story / Humor 9 von 10
9/10
Grafik 7 von 10
7/10
Sound 8 von 10
8/10
Gameplay 8 von 10
8/10
Spielspaß 9 von 10
9/10
Umfang 8 von 10
8/10
XBU-Gold-Award
9
XBU-Special-Award

2 Kommentare

XBU Razor Di, 09.05.2017, 04:15 Uhr

Ich finde die Anspielungen an Maniam Mansion und Zak McKracken überragend. Alleine in der Zirkusszene mit dem Clown sind mMn alle Charaktere der früheren Teile vorhanden.

Super Spiel!!!

StruC Mo, 08.05.2017, 15:31 Uhr

Großartiges Spiel - das Ende hat mich total geflashed, aber einen enttäuschten Nachgeschmack hinterlassen. Trotzdem jeden Cent Wert! :)