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Pseudo-Ästhetik?

Wer die Screenshots kennt, sieht, dass The Witness neben dem Rätselgameplay sehr viel von seiner liebevoll gestalteten Umgebung profitiert und dies an sich Teil des Gameplays ist. Die Insel, auf der ihr euch bewegt, ist sehr divers und will erkundet werden. Die verschiedensten Umgebungen, die man von unserem Planeten Erde kennt, gehen nahtlos ineinander über. Von bunten Blumenwiesen, einer kargen Wüstenlandschaft mit Kakteen, dichten Wäldern, Bambusplantagen, einem Dorf, einem Bunker, einem Schiffswrack über Sümpfe, Tempel und moderne Innenarchitektur ist alles vertreten.

Optisch, als auch klanglich ist das Spiel sehr schön und entspannend. Allerdings wirkt es öfter wie eine Art „Pseudo-Ästhetik“. Es ist irgendwie zu einfach: Die Natur! Und dies möglichst bunt und abwechslungsreich. Dazu kommt, dass man in dieser Welt komplett alleine ist. Keine andere Menschenseele ist zu begegnen. Es gibt zwar als Easter Eggs ein paar Videos freizuschalten, sowie versteinerte Menschen, die an eine vergangene Zivilisation erinnern, aber das alles ist dann doch eher langweilig, als wirklich faszinierend. Das Mysteriöse, das am Anfang durch diese Einsamkeit entsteht, ist nach den ersten Spielstunden recht schnell verflogen. Das Problem bei The Witness ist nämlich, dass mit dieser Gesamtatmosphäre nie gebrochen wird. Man wird nie überrascht, es ist nicht plötzlich so, dass eine Person auftaucht oder etwas explodiert. Schnell hat man verstanden: Man ist wirklich allein, allein in einer starren Welt, in der sich höchstens mal ein Lift, eine Leiter oder eine Tür bewegt. Und das wirkt irgendwie traurig und das Konzept wirkt recht schnell abgedroschen. Besonders, weil man mit nichts, außer Rätseln und Bildschirmen interagieren kann. Die Welt ist teilweise zu statisch und ein Monolog oder ein Erzähler, der zumindest beschreibt, hätte dem Spiel deutlich mehr Stimmung gegeben.

Spaß oder nicht Spaß?

Ja, das ist hier die Frage. Schlussendlich ist dies wohl sehr schwer zu beantworten, da das Spiel auf keinen Fall für jedermann ist. Das Kerngameplay fokussiert sich auf Labyrinthrätsel, welche recht schnell sehr schwer werden. Ich habe mir zwischenzeitlich einfach mal andere Herausforderungen gewünscht, aber jedes versiegelte Tor, jeder Bonusinhalt und jedes Easter Egg basiert auf dem Lösen von diesen Bildschirmrätseln.

Aber das Spiel wird definitiv seine Fangemeinde haben. Denn die Atmosphäre, auch wenn sie einen Hauch Simplizität und Naturverliebtheit zu viel hat, ist sehr gut und wirkt besonders in den ersten Spielstunden anziehend. Hinzu kommen die vielen Logikrätsel, die so manchen Gamer mit drei Fragezeichen auf dem Gesicht hinterlassen. Wenn man die groben Spielmechaniken aber erst einmal kapiert hat, können die unterschiedlichen Denkspiele dann herausfordernd wirken und die Belohnung, wenn man es denn endlich hinter diese verdammte Tür geschafft hat, ist umso größer.

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Fazit

Vorneweg: The Witness ist kein Spiel für jedermann. Der Fokus des Spiels liegt komplett auf komplexen Rätsel, dessen Bedingungen zum Lösen nicht klar sind und teilweise erst aus der Umgebung herausgelesen werden müssen. Gerade die Tatsache, dass das Spiel einen aber so überhaupt nicht an der Hand führt, auf jegliche Art von Tutorial oder geradliniger Anleitung verzichtet, macht das Verstehen und Ergründen des Spiels zu einer Frustprobe. Wer sich durchkämpft, Notizen macht und für die diversen Rätsel Stift und Papier bei Hand hat, der kann aber eine unglaubliche hohe Vielzahl an Rätseln, Easter Eggs und Herausforderungen finden. Wer einmal die Spielmechaniken verstanden hat, riskiert nicht mehr davon loszukommen und Stück für Stück weiterknobeln zu wollen.

Optisch bietet uns Witness ein wunderschönes Naturspektakel mit diversen Landschaften. Leider ist aber die Spielatmosphäre nur anfänglich mysteriös, denn nach den ersten Stunden der Erkundung ist die bunte Naturwelt etwas zu viel des Guten und die Tatsache, dass man komplett alleine auf einer großen Insel ohne Ziel oder Grund umherläuft, ist ebenfalls ausgelutscht. Das wirkt aus meiner Sicht eher programmierfaul, als wirklich kunstvoll. Schlussendlich kann man sagen: The Witness ist ein einzigartiges Spiel, mit einzigartigen, überaus komplexen Rätseln. Es ist definitiv einen zweiten Blick wert, es wird seine Anhänger aufgrund der speziellen Atmosphäre sicherlich finden, aber aufgrund mangelnder Storyumrahmung, teilweise frustrierenden Rätsel und mangelndem Sinn im Gameplay, bleibt es bei weitem hinter seinem Potential.


Bewertung

Pro

  • Sehr großer Umfang und Spieldauer
  • Schöne, abwechslungsreiche Umgebungen
  • Komplexe, aber machbare Rätsel
  • Mysteriöses Setting
  • Lösen der schwierigen Rätsel kann motivieren

Contra

  • Keine Story, keine Einführung
  • Frustmomente vorprogrammiert
  • Pseudo-Ästhetik kann langweilig werden
  • Fehlen von Hintergründen, Geschichte oder Anleitung lässt die schwierigen Rätsel sinnlos erscheinen
  • Wenig Bewegungs- und Interaktionsmöglichkeiten
  • Nur für ein kleines Publikum ansprechend

Grafik / Atmosphäre 8 von 10
8/10
Story / Setting 4 von 10
4/10
Spielspaß 6 von 10
6/10
Frustgrenze 3 von 10
3/10
Gameplay 6 von 10
6/10
Umfang / Komplexität 10 von 10
10/10
7

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