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In einem Setting kurz nach dem ersten Weltkrieg will Vampyr euch in die Haut eines frischen Vampirs stecken – und überlässt euch die Wahl über Gut und Böse. Wie sich das Rollenspiel mit Actionelementen schlägt und warum es aus technischen Aspekten manchmal etwas enttäuscht, erfahrt ihr in unserem Review.

Die Zeit der Spanischen Grippe

1918, der erste Weltkrieg ist gerade erst vorbei, schon kommt das nächste große Problem auf die englische Bevölkerung zu: Eine Pandemie, die am Ende 50 Millionen Todesopfer fordert. Als wäre das nicht genug, kommt noch ein anderes Übel dazu… VAMPIRE! Die Story beginnt, indem euer Hauptprotagonist Dr. Reid gebissen wird und zum Vampir wird. In seinem Blutrausch tötet er seine eigene Schwester und muss fortan mit üblen Schuldgefühlen kämpfen.

Die Story entwickelt sich langsam, aber in einem sehr angenehmen Tempo. Der Rollenspielcharakter von Vampyr wird hier sehr schnell klar: Ein Großteil des Spiels sind Unterhaltungen mit anderen Menschen. Man kann oftmals sogar ein wenig Einfluss auf den Gesprächsverlauf ausüben und gleichzeitig lernt man die Sorgen und Bedürfnisse der anderen Charaktere kennen. So gibt es viele Nebenmissionen, die man für alle möglichen Personen (vom Priester über den Journalisten, bis zur Krankenschwester oder die Prostituierte) erledigen kann.

Die Geschichte, die erzählt wird, ist eine dramatische. Sie ist umringt von Tod, schlimmen Schicksalen und dem Frust einer Bevölkerung, die von einer Krise in die nächste fällt. Diese Stimmung wird wunderbar rübergebracht, zusammen mit dem mysteriösen Zweig der Vampire. Wo kommen sie her? Wie funktioniert es? Und: Welchen moralischen Dilemmata sind sie ausgeliefert?

Guter Vampir, böser Vampir

Ein Feature, das relativ gut in die Story und ins Gameplay eingebettet ist, ist die Tatsache, dass man sich entscheiden kann, ob man eher der brave Ritter sein möchte oder der heimliche Ausnutzer. Denn ihr habt die Möglichkeit ab einem gewissen Fähigkeitenlevel NPCs zu hypnotisieren und anschließend zu beißen/einzuverleiben. Dann geht ihr aufgesaugtes Blut in euch direkt als Erfahrungspunkte über. Allerdings verschwindet der NPC dann natürlich auch und bestimmte Nebenaufgaben sind ggf. nicht mehr verfügbar. Und wer weiß, wie wichtig ein Charakter schließlich wird?

Die Tatsache, dass ihr generell eher wenig Erfahrung bekommt, reizt dann natürlich noch mehr zum Aussaugen der unschuldigen Zivilisten. D.h. euch ist stets die Wahl gelassen… Schlimmer wird das Dilemma übrigens auch noch dadurch, dass durch Heilung dieser NPCS und das Erfüllen von Nebenmissionen für sie sich der Gemütszustand und damit auch die Blutqualität eures potentiellen Opfers erhöht. D.h. ihr habt ggf. bereits viel emotionale Zeit in einen Charakter investiert, er bedankt sich wie verrückt für euren Einsatz, und dann wollt ihr dies schamlos ausnutzen und dadurch noch mehr Erfahrungspunkte gewinnen? Irgendwie sehr, sehr zwiespältig und grausam…

Reden, Sammeln, Kämpfen

Und in dieser Reihenfolge und Priorität! So sieht das Gameplay schlussendlich aus. Es geht immer darum, die Geschichte zu entwickeln und Antworten auf die vielen offenen Fragen zu suchen. Daneben ist man auch sehr viel damit beschäftigt, alle möglichen Objekte zum Craften aufzusammeln, um Medizin für hilfsbedürftige NPCs zu brauen oder seine Waffen zu upgraden.

Waffen? Ja, das ist auch ein Teil des Gameplays: Das Kämpfen und die Action. Allerdings, das muss man leider sofort sagen, ist die nicht so gut wie in anderen Rollenspielen. Eins ist es vor allem: Ziemlich schwer. Vampyr fordert einen von Anfang an. Die Kämpfe sind schwer, da man ständig das Gefühl hat, unterlevelt zu sein. Man begegnet auf den Straßen ab und an besessenen Menschen, die zombieartig umherlungern, aber auch die „Priwen“-Mitglieder zählen zu den Gegnern. Dies ist eine brutale Gang, die sich auf Vampirjagd spezialisiert hat.

Die Kämpfe sind zwar spannend und schwer (was eine gute Sache ist), aber nicht sonderlich abwechslungsreich und teilweise schlecht koordinierbar. Das liegt hauptsächlich an der Kamera, die einem öfter einen Strich durch die Rechnung macht. Oft ist sie zu nah an unserem Protagonisten, besonders dann, wenn er einen Spezialangriff (wie z.B. einen Vampirbiss) ausführt – dann geht aber jegliche Übersicht verloren und man weiß nicht mehr, wo die Gegner sind und man wird plötzlich von allen Seiten angegriffen.

Auch die Art und Weise der Kämpfe ist nicht sonderlich spannend: Man kann ein wenig ausweichen, hat ein paar verschiedene Arten von Waffen und Spezialfähigkeiten, die man freischalten kann, aber irgendwie fühlen sich die Kämpfe doch immer gleich an, da sich bestimmte Taktiken generell als besser als andere erweisen.

Fazit

Vampyr ist ein langsames, ruhiges Spiel, mit teilweise sehr spannenden Storymomenten und einer packenden Atmosphäre. Die gute Synchro und die großartigen Verstrickungen der Geschichte sorgen für ein tolles Setting. Die Rollenspielelemente werden größtenteils gut umgesetzt, doch sind die Kämpfe nicht so abwechslungsreich und teilweise sehr schwer – Kameraprobleme helfen da ebenfalls nicht. Auch optisch ist das Spiel nicht auf dem neusten Stand und Abwechslung im Gameplay ist auch nicht sonderlich vorhanden.

Dennoch ist es schade, dass man aus dem grandiosen Setting nicht noch mehr rausgeholt hat. Besonders die Kämpfe und das Crafting/Level-System hätte deutlich besser sei können. Schlussendlich haben wir aber ein klasse Spiel, was einen mit der Story und Atmosphäre in seinen Bann zieht.

Aus diesem Grund verleihen wir auch den XBoxUser.de-Special-Award: Für die grandios düstere und spannende Vampir-Atmosphäre!


Bewertung

Pro

  • Spannende Atmosphäre
  • Sehr interessante Story
  • Sehr gute Synchronisation
  • Schwierige Entscheidungen
  • Gameplay fordernd

Contra

  • Technisch nicht auf dem neusten Stand
  • Einige unnötige Ladezeiten
  • Action-Gameplay nicht abwechslungsreich
  • Einfluss der Entscheidungen gering

Grafik 7 von 10
7/10
Sound 8 von 10
8/10
Story / Atmosphäre 10 von 10
10/10
Gameplay 6 von 10
6/10
Umfang 8 von 10
8/10
Spielspaß 8 von 10
8/10
XBU-Silver-Award
8
XBU-Special-Award

3 Kommentare

Mimi So, 01.07.2018, 17:10 Uhr

guter Bericht,jetzt weiss ich welches game bei mir als nächstes gespielt wird

Agent 221 Sa, 30.06.2018, 20:40 Uhr

Ich wusste gar nicht, dass das Spiel so einen Faktor auf die Gesprächselemente legt. Nicht schlecht.
Dafür finde ich, dass bei einem Spiel mit Vampiren das Kämpfen schon locker von der Hand gehen sollte.

XBU MrHyde Sa, 30.06.2018, 11:18 Uhr

Oha, das klingt aber überraschend gut. Das hatte ich so nicht auf dem Schirm.