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Der Frühling ist da und die Saison-Kennzeichen sind wieder gültig. Was also besseres tun, als sich mitsamt dem Winterspeck in den Rennanzug zu quälen und sein Motorrad auf eine der gefährlichsten Strecken der Welt, der berühmt-berüchtigten Isle of Man, zu bringen?

Für Rennsimulationen ist in erster Linie das italienische Label Milestone bekannt, die sich unter anderem mit der MotoGP-Reihe oder etwa Ride 1 & 2 einen Namen machten. Der Publisher BigBen Interactive heuerte zum Entwickeln von TT die Programmierschmiede Kylotonn aus Frankreich an und versucht, Milestone nun Konkurrenz zu machen. Diese Konstellation BigBen / Kolytonn kommt vielleicht dem einen oder anderen WRC-Fan bekannt vor, da die Zusammenarbeit der Beiden auch seit der Rally-Serie WRC (ab Teil 5) erfolgreich stattfindet. Somit präsentieren BigBen und Kylotonn ihr Debüt einer Motorrad-Simulation, ob das Endprodukt konkurrenzfähig ist, und ob das Spiel möglicherweise in eure Sammlung gehört, erfahrt ihr hier.

Die im Test erwähnten Ladezeiten sowie Grafik- und Tonbewertungen beziehen sich auf eine Xbox One X und einen 4K TV. Ein- und Ausgabegeräte sind ein Xbox Standard-Controller sowie ein HyperX Cloud 2 Headset.

Ersteindruck vor den Rennen

Schon der erste Blick auf das Menü verrät, dass den Spieler die Menüstruktur und der Umfang keinesfalls überfordern werden. Einzelspieler, Mehrspieler, Bestenlisten und Optionen sind als Obermenüs wählbar. Eine wunderschön animierte Rennmaschine wird aus allen Winkeln gezeigt, und das war’s.
Nicht viel tiefgreifender sind die Untermenüs, auf die wir nebenbei in diesem Artikel noch eingehen werden.

Steuerung, Physik, Grafik, Sound

Konkurrenz belebt bekanntermaßen das Geschäft und so kann man schon hier vorgreifen: Während Milestone in Sachen Innovation bei ihren Rennserien so ziemlich auf der Stelle treten, kann der Neueinsteiger TT: IoM ganz neue Maßstäbe setzen. Zumindest dem Kenner wird gleich zu Beginn ein grafischer Qualitätssprung auffallen. Die Strecken und Maschinen sind sehr aufwendig gestaltet, ebenso die Sonne,- Schatteneffekte. Bei der Umgebung gibt es Einschränkungen- aber vertretbare, sie erinnert stark an WRC7 (TT ist aber eher besser). TT: IoM kann mit 4K aufgelöst werden.

Allerdings dürften die Umgebungsdetails bestenfalls für Sonntagsfahrer Priorität haben. Dazu kommen Effekte wie etwa die Insektensammlung auf der Windschutzscheibe, die mit jedem gefahrenen Kilometer wächst und wächst. Sehr beeindruckend sind die Motoren,- und Umgebungsklänge, die hier detailreich wiedergegeben werden. Manchmal vermisst man nur, was man schon kennt. Hier kann TT: IoM richtig aufdrehen: Ab einer gewissen Geschwindigkeit dreht der Fahrtwind auf und wird mit jeder Geschwindigkeitszunahme lauter. Ein Mittendringefühl, welches kein Spieler anschließend mehr missen will. Wer unter direkter Nachbarschaft leidet, sollte unbedingt mal ein Headset nutzen und aufdrehen.

Die Strecken beinhalten die knapp 61 KM lange Gesamtrunde, einzelne Abschnitte sowie angepasste Rundkurse. Mehr braucht es auch nicht, schließlich soll der Name Programm sein. Der Gesamtkurs macht mal so richtig Spaß und beansprucht etwa um die 20 Minuten volle Konzentration. Alle Kurse wurden Laservermessen und detailgetreu 1:1 wiedergegeben.

Die Steuerung ist wie bei den meisten Rennspielen recht eingängig, die wahre Kunst das Spiel zu beherrschen liegt eher beim Spieler, schließlich übersetzt der Stick bei 300 KM/h genau so wie bei 30 KM/h. Die Schwierigkeit sein Krad zu beherrschen liegt also in der Natur der Sache. Die Physik kann man in allen Belangen als beispielhaft bezeichnen.

Die Karriere startet durch

Startet man eine neue Karriere, müssen zunächst der Name des Protagonisten und dessen Rennkluft angepasst werden. Die Kluft ist lediglich ein vorgegebener Anzug, der in drei frei einstellbaren Farben unterteilt ist. Mehr ist nicht möglich. Viel breitgefächerter sind die Möglichkeiten bei der Motorradauswahl auch nicht. Zum Saisonstart gibt es für den Motorradkauf 40.000 Pfund, frei zur Auswahl stehen ab hier Maschinen von Honda, Kawasaki, Triumph, und Yamaha. Eine BMW ist ebenso verfügbar, da sich der Einkaufspreis aber auf 44.000 Pfund beläuft, ist beim ersten Karrierestart noch kein Rankommen. Später lassen sich von den genannten Herstellern weitere Motorräder freischalten. Dazu gesellen sich später noch Maschinen der Hersteller EBR, Norton und Suter. Anschließend bekommt der Spieler Renneinladungen der Hersteller, die bewältigt werden müssen.

Wer hier noch nicht weiß wohin die Reise hingehen soll, hat die Möglichkeit, neben der Karriere sogenannte Quick Races zu fahren. Dort sind alle verfügbaren Maschinen ohne Kauf fahrbar. Daneben sind im Solo-Modus noch der Modus Time Attack (Zeitfahren gegen seinen Geist) und ein Tutorial verfügbar. Das Tutorial ist allerdings ein schlechter Witz, man bekommt mehr Informationen, wenn man sich in den Optionen die Controller-Belegung ansieht. Das ist sehr schade, bei einer so knallharten Simulation wäre es schon wünschenswert, ein paar wertvolle Tipps mitzubekommen. Das Problem zieht sich leider durch das gesamte Spiel. Wenn der Entwickler davon ausgeht, dass nur eingefleischte TT-Fans, die zeitgleich gerne mal das eine oder andere Spiel spielen, TT: IoM kaufen, könnte es mit dem Absatzwunsch kollidieren. Wählt man zum Beispiel zwischen Rennen mit TT-Start und Massenstart, lernt man erst nach und nach, was das im Einzelnen bedeutet. Gleiches bei den Rennklassen etc., eine kurze Erläuterung zu Beginn wäre wirklich wahnsinnig hilfreich.

Nun beginnt die Karriere mit dem ersten Rennvorschlag. Hier werden die meisten Spieler bemerken, dass es sich bei TT: IoM um alles andere als einen Arcade-Racer handelt. Der Anspruch ist vor allem für ungeübte Rennfahrer enorm, und so mancher wird die Runde neu starten. Apropos: Feature oder Bug? Denn, eines fiel auf: Egal welche Voreinstellung der Gegnerstärke man wählte, es schien in der Karriere partout keinen Unterschied zu machen. Dies bestätigte sich im Quick Race Vergleich. Dort hatten die Rennzeiten der KI je nach einer der vier Voreinstellungsmöglichkeiten zur Gegnerstärke enorme Unterschiede. Den genommenen Zeiten zufolge scheint es, dass man in der Karriere auf den größten Schwierigkeitsgrad trifft, nämlich „Experte“. Nun, Bug oder Absicht- weder dem Spieler noch dem Absatz dürfte das zugutekommen. Wie auch immer. Auch wenn manche erfahrene Spieler hier gut durchkommen, die Masse dürfte massive Startschwierigkeiten haben.

Experte bedeutet in Summe fahre Unfallfrei, am Geschwindigkeitslimit und Ideallinie. Das sind gleich drei Dinge auf einmal, das geht nun wirklich nicht! Frei nach Nitzsche: Wer bremst kann verlieren, wer nicht bremst hat schon verloren. Hier die entscheidende Mischung zu finden, bedarf schon ziemlich langer Einarbeitung. Denn das mit den „drei Dingen“ war’s noch nicht ganz. Man muss schon viele Runden fahren, da ohne weitere Streckenerfahrung kaum ein Sieg drin ist. Dazu kommen obendrauf noch Unebenheiten in den Straßen, die man bestenfalls kennt. Sehen wird sie bei 300 km/h eher niemand.

Trotz des Frustpotenzials werden viele Spieler wieder und wieder auf den Bock steigen, denn vom Anspruch abgesehen ist es ein absolutes Highlight die Mischung aus Anstrengung, Grafik, Sound und Wettkampf zu erleben. Einigen wird der Anspruch dazu eher noch den Anreiz geben erneut zu starten. Die gilt aber eher für die Spielersorte „verbissener Kämpfer“. Wenn man dann Siege einfährt, können auch die Preisgelder recht üppig ausfallen. Nach der ersten Runde in der Karriere bekommt man mehrere Vorschläge für Rennen, die man sich aussuchen kann, leider sind auch hier die Hintergrundinformationen recht spärlich. Wer die einzelnen Abschnitte des Snaefell Mountain Gesamtkurses nicht kennt, wird ins kalte Wasser geschmissen. Aber das ist nur so lange frustrierend, bis man merkt, man sollte bestenfalls den Gesamtkurs auswendig lernen.

Für die Wartung werden pro Rennen zudem 200 Pfund abgezogen. Fährt man also keine Gewinne ein, geht es bis in die Pleite. So gilt es also sich durchzuboxen und durch die Karriere-Jahre zu kämpfen. Die Kampagne ist also definitiv für erfahrene und / oder frustresistente Spieler geeignet. Spieler die bei Need for Speed & Co. überfordert sind, werden mit TT: Isle of Man nicht glücklich. Dies ist mit TT: IoM aber auch mit Sicherheit nicht das Klientel, das mit dem Spiel angesprochen werden soll.

Vollgas im Mehrspieler

Der Mehrspielermodus ist ebenfalls sehr einfach aufgebaut. Da ist zunächst der klassische Online-Multiplayer. Auffallend war, dass bei moderatem NAT keine Verbindung - nicht einmal zur Teilnahme - zustande kam. Erst mit offenem NAT und recht flexiblen Filtereinstellungen kam es zum Rennen, was wirklich sehr viel Spaß macht. Im Gegensatz zu einigen Rennspielen mit hochpolierter Kampagne, muss man im Multiplayer-Modus von TT: IoM keine grafischen Abstriche machen.

Die Rennen sind weit spannender, als in der Kampagne. Das echte Publikum ist natürlich vom Skill weit breiter aufgestellt, als eine KI. Die gefahrenen Rennen verliefen allesamt sehr fair, ein Spiel für sportliche Multiplayer-Teilnehmer. Obendrauf wurde uns ein Offline-Multiplayer spendiert, in dem sich 2- 8 Spieler an einer Konsole nacheinander ein Kopf-an-Kopf Rennen im Zeitfahr-Modus liefern können. Ein toller Modus, wenn man Zockerkollegen im Haus hat. Vielmehr gibt es dazu nicht, manchmal ist weniger aber auch einfach mehr.

Fazit

Für Freunde des Genres definitiv empfehlenswert, wenn sie nicht hauptsächlich Tunen und Feineinstellungen vornehmen wollen. Damit hat das Spiel nichts am Hut. Es beschränkt sich auf die Original-Maschinen im „as is“-Zustand. Grafisch und auch tontechnisch führt das Spiel dagegen im Genre Zweirad-Rennsimulation die Tabellenspitze der ersten Liga an.

Mit TT: Isle of Man ist BigBen Interactive und Kylotonn ein hervorragender Auftakt gelungen, der die Konkurrenz hoffentlich unter Zugzwang setzt. Sehr schön wäre es noch, wenn die Schwierigkeitseinstellungen auch in der Kampagne greifen, das sorgt für weniger Frust. Da es sich trotz des relativ geringen Umfangs um ein Vollpreistitel handelt, ist es eher Liebhabern des Genres zu empfehlen. Das Spiel ist definitiv nichts für Gamerscore-Sammler und Asphalt- Rambos. Eine längere Eingewöhnungsphase sollte von vorneherein eingeplant werden.


Bewertung

Pro

  • Gute Grafik & geniale Vertonung
  • 1:1 Originalstrecke
  • Original Motorräder und Fahrer
  • 4K Xbox Enhanced Titel
  • Mittendringefühl
  • Packender Multiplayer

Contra

  • Dünner Umfang
  • Einsteigerunfreundlich
  • Schwierigkeitseinstellungen der Karriere ohne Effekt

Grafik 8 von 10
8/10
Sound 9 von 10
9/10
Gameplay 8 von 10
8/10
Umfang 6 von 10
6/10
Spielspaß 8 von 10
8/10
Multiplayer 8 von 10
8/10
XBU-Silver-Award
8

5 Kommentare

RagnaroekGER Do, 24.05.2018, 14:32 Uhr

Am 24. um Mitternacht, also eigentlich am 25., 12AM UTC bedeutet bei uns 25.05., 2:00 Uhr. Die Seitenwagen kommen mit einem Patch (1.0.0.8):

General improvements and fixes

Added sidecar DLC content

Fixed several collision glitches on the Snaefell Mountain track

Fixed small undesired elevations on several fantasy tracks (for example, old Blair Forest and Hertfordshire)

Fixed a crash which occurred when changing sections on the Snaefell Mountain Course

Updated fmod version to fix a sound bug which could cause random crashes

RagnaroekGER Fr, 18.05.2018, 12:05 Uhr

Die Seitenwagen kommen am 24. Mai. :smt003 :smt023

TT @ Facebook schrieb:
k

RagnaroekGER Di, 24.04.2018, 14:14 Uhr

Das Spiel gibt es für Gold-Mitglieder grad für 41,99 Euro in den GwG.

RagnaroekGER Mi, 18.04.2018, 17:09 Uhr

Sehr gerne, DAS war mir wirklich ein Vergnügen. Die kurvenreichen Alleen haben mich sofort sehr stark an Mecklenburg-Vorpommern erinnert. Und in der Tat war ich schon vor dem Spiel mit einem Kollegen am Grübeln, ob wir da mal zur TT fahren und uns das Spektakel live ansehen. Aber dieses Jahr geht es wahrscheinlich "nur" zur MX-Weltmeisterschaft nach Teutschenthal. \\:D/ Braaap braaap!

XBU MrHyde Mi, 18.04.2018, 14:06 Uhr

Ein schönes Review von unserem "Gastautor" Rollo, der den Gashahn für uns aufgedreht hat. Vielen Dank (y)

Man merkt deutlich, dass Du Spaß beim Spielen hattest :)