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Ein Survival-Game mit Fokus auf Krieg. Schon wieder? Krieg ist zur Zeit ein aktuelles Thema. In This War Of Mine seid ihr jedoch kein Elite-Sniper oder ein gut ausgerüsteter Soldat. Ihr seid die Hinterbliebenen, die versuchen sich am letzten Halm über Wasser zu halten und aus den Dingen, die sie finden, das beste zu machen. Bereits vor zwei Jahren feierte das Spiel einen riesen Erfolg, als es erstmalig für den PC erschien. Für die Konsole wurde das Original mit einer Erweiterung adaptiert: The little ones. Schauen wir uns an, was das Game zu bieten hat.

Das etwas andere Kriegsspiel

Bruno und Marko waren schon immer gute Freunde. Als der Krieg ausbrach entschlossen sie sich, zusammenzuhalten. Sie trafen Pavle beim Plündern einer leerstehenden Ruine. Er war mal Spitzen-Football-Spieler, doch nun ist er einer von vielen obdachlosen Opfer des Krieges. Sie schlossen sich zusammen und hofften auf das Beste.

Bruno ist ein guter Koch und ein starker Raucher. Wenn Marko bei seinen nächtlichen Plünderungen keine Zigaretten mitbringt, ist die Stimmung im Lager spürbar angeschlagen. Pavle ist seit Tagen schwer verwundet, nachdem er drei Einbrecher in die Flucht geschlagen hat. Das Loch, das sie in der Wand hinterließen, ist immer noch nicht gestopft, da die einzigen Werkzeuge geklaut wurden. Die Ressourcen werden knapp.

Pavle stirbt drei Tage darauf, da Marko keine Medizin mehr auftreiben konnte. Er wollte es nicht riskieren im stark bewachten Supermarkt zu suchen. Bruno hätte schließlich nicht beide pflegen können. Es klopft. Ein kleines, weinendes Mädchen steht vor der Tür. Sie sucht nach ihrer Mutter und ihrem Vater und scheint krank zu sein. Die beiden haben kaum genug für sich selbst, bringen es aber nicht übers Herz, Misha weg zu schicken. Irgendwie bekommen sie das schon hin.

This War of Mine: The Little Ones ist im Kern ein Survival-Spiel. Wie so viele. Im Fokus des Spiels steht Krieg. Wie bei so vielen. Doch hier geht es nicht um Machtspiele, Politik, moderne Kriegsführung, Religion oder wirtschaftliche Interessen. Es stehen nicht glorifizierte, muskulöse Soldaten und deren heroische Handlungen im Vordergrund. Das Spiel beschäftigt sich stattdessen mit der düsteren, so viel realeren Seite des Krieges: den Zivilisten und ihren Kindern.

Am Gameplay hat sich zum Original, das nur auf dem PC erschienen ist, nicht viel verändert: Am Tag beschäftigt man sich damit, seine Überlebenden satt zu halten und dafür zu sorgen, dass sie sich wohl fühlen... oder sie zumindest an etwas arbeiten zu lassen, das ihre Laune verbessert. Ein halbwegs gemütliches Bett fällt schließlich nicht vom Himmel.

Nachts kann man entweder schlafen, das Haus bewachen oder die Nachbarschaft nach Ressourcen absuchen. Hat man Glück ist niemand zu hause - oder die, die da sind, sind bereit mit einem zu handeln. Hat man Pech, wird das Plündern zu einem Versteckspiel. Man durchsucht alles sicher erreichbare nach allem was man tragen kann, ohne an jemanden zu geraten, der verzweifelter und besser bewaffnet ist als man selbst. Doch nicht nur draußen ist es gefährlich - auch andere durchsuchen die Nachbarschaft - eventuell sogar das eigene Haus. Verlässt man sein Haus schlecht oder gar unbewacht, könnte etwas fehlen - oder jemand verletzt oder gar ermordet worden sein.

Das Gameplay und das Interface brauchen keine Erläuterung. Durch leicht verständliche Icons und ein schönes, übersichtliches UI findet man schnell raus, wie alles funktioniert. Wie auch in anderen Survival-Spielen muss man Rohstoffe wie Holz, Nahrung und Medizin sammeln, kann Möbel bauen, die Sicherheit seines Hauses verbessern, Mahlzeiten kochen und seine Wunden verarzten. Alle paar Tage kommt ein Händler vorbei, mit dem man Waren tauschen kann. Sollte ein Plünderabend mal etwas einseitig ausgefallen sein, kann man das über ihn gut ausgleichen.

Hin und wieder stehen auch Fremde vor der Tür. Ob man ihnen trauen oder gar helfen sollte ist nicht immer eindeutig - und wie man sich entscheiden sollte hängt sehr stark von der eigenen Truppe an Überlebenden ab. Manche haben für Tage ein schlechtes Gewissen, wenn man Hilfesuchende wegschickt - andere halten es für unverantwortlich und riskant Fremden zu helfen oder im blinden Vertrauen etwas zu leihen.

Dieser persönlichen Unterschiede reichen von Abhängigkeiten, wie Brunos Nikotin- oder Emilias Kaffeesucht, über unterschiedliche Kompetenz als Wache bis hin zu komplett entgegengesetzten Reaktionen beim Ableben eines Mit-Überlebenden. Auch die Teamdynamik ist je nach Konstellation ganz anders und man muss seine Spielweise der Gruppe anpassen.

Gebranntes Kind scheut das Feuer

Die Ergänzung von Kindern trägt sehr viel zur Stimmung bei und bringt eine ganze Menge neuer Dinge mit sich, auf die man achten muss. Kinder wissen nicht, was in der Welt da draußen vor sich geht - und sollten das besser auch nicht. Es ist wichtig, sich um ihre geistige Gesundheit zu kümmern und sie vor der harten Realität zu schützen. Nicht selten bedeutet das mit ihnen zu spielen, während im Nachbarraum jemand seine Schusswunde verbunden bekommt. Kinder sind wissbegierig und stellen viele Fragen, singen um sich die Zeit zu vertreiben und brauchen Spielzeug. Man kann sie zwar nachts nicht zum plündern schicken, aber sie helfen im Haushalt und holen beispielsweise Essen und Wasser, sobald diese fertig sind.

Allein ein Kind im Haushalt zu haben hat enorme Auswirkungen auf den normalen Tagesablauf. Im Original "This War of Mine" war es üblich täglich plündern zu gehen um schneller an Ressourcen zu kommen. Mit Kindern muss man sich jedoch auch immer der emotionalen Faktoren bewusst sein. Der Krieg nimmt die kleinen enorm mit, was man tagsüber wieder auszugleichen versuchen muss. Das ist schwierig, wenn man die ganze Nacht plündern war, damit alle was zu essen haben.

Selbstmord, Schusswunden, Verhungern und Erfrieren sind nur vier von vielen möglichen Todesursachen in diesem Spiel. Die Angst und die Gewissheit des möglichen Ablebens der Charaktere ist, was einen so antreibt, sie dauerhaft glücklich und zufrieden stellen zu wollen. Doch bei Kindern ist das anders. Sollte man es nicht schaffen, sich angemessen um sie zu kümmern, werden sie in Sicherheit gebracht. Das war's. Ich will nicht sagen, dass es schön wäre zu sehen, wie ein kleines, unschuldiges Kind erfriert, verhungert oder von einem Einbrecher erschossen wird - aber diese gefühlte Konsequenzlosigkeit beschneidet das Spiel in einer der größten Stärken, die es hat.

So makaber es klingen mag: Dass die Kinder nicht sterben können, ist fast enttäuschend. Es bringt eine Art emotionales Kissen mit sich. Laut Titel stehen die Kinder im Vordergrund, aber man ertappt sich dabei, lieber den in Lebensgefahr schwebenden Erwachsenen zu verarzten, denn: "Den Kleinen wird's schon gut gehen".

Bei der Steuerung merkt man leider, dass das Spiel ursprünglich für Tastatur und Maus konzipiert wurde. Eine wichtige Unterhaltung durch eine versehentlich minimale Berührung des Analog-Sticks abzubrechen und nicht wiederaufnehmen zu können, ist frustrierend.

Fazit

This War of Mine zeigt eine für uns so befremdliche Welt, die leider für so viele Menschen Alltag ist. Das Spiel macht keinen Spaß. Wie ein trauriges Buch ist es fesselend, dramatisch und traurig - Unterhaltung statt Spaß. Die Verzweiflung der Charaktere in ihrer Situation schlugen sehr schnell auf mich über und so manch ein unvorhergesehener Rückschlag hat mich sehr mitgenommen.

Die sehr empfindliche Steuerung riss mich stellenweise aus der sonst so fesselenden Atmosphäre des Spiels und hat mir gezeigt, dass es doch nur ein Videospiel ist.

Es spricht dennoch Bände, dass This War of Mine es trotz seiner Mängel schafft, ein fesselndes und mächtiges Abbild der Realität und der Kosten von Krieg zu vermitteln. Sich zusätzlich um unschuldige Kinder kümmern zu müssen, sorgt zwar für mehr Tiefe, aber es geht auch etwas ganz Wichtiges verloren: Die Illusion, dass es sich hier nicht nur um ein Spiel handelt. Es gibt etliche Spiele, in denen Spieler mit Zeit und Ressourcen umgehen müssen, aber nur wenige zwingen den Spieler dazu, Mitgefühl für die zu zeigen, die Krieg und den damit verbunden Horror in der echten Welt erlebt haben oder erleben müssen. Der Krieg ist zwar immer noch die Hölle in "The Little Ones", aber es ist ernüchternd, wenn man die "Intensität" des Krieges im Menü beliebig runterschrauben kann, wenn der Krieg doch genau das ist, was einem die Kontrolle genommen hat.

Wer es unbedingt ausprobieren möchte, kommt um einen Preis von 29,99 Euro nicht drumrum. Meine Empfehlung wäre zu warten, bis es im Angebot ist. Insgesamt macht es eher den Eindruck wie ein zu teures iPad Spiel.


Bewertung

Pro

  • sehr emotional
  • mitreißende Atmosphäre
  • verständliche Steuerung

Contra

  • Erweiterung um "The Little Ones" unnötig
  • Schwierigkeitsgrad wählbar

Spannung 8 von 10
8/10
Gameplay 7 von 10
7/10
Atmosphäre + Emotionen 8 von 10
8/10
Grafik 8 von 10
8/10
Umfang 7 von 10
7/10
7

1 Kommentar

StruC Fr, 19.02.2016, 19:55 Uhr

Mir hat das Original verdammt gut gefallen... die Vorstellung, sich auch um kleine Kinder kümmern zu müssen und den Trailer dazu zu sehen hat mich hoffen lassen. Schade eigentlich, dass ausgerechnet die Neuerung dann doch so enttäuschend war.

Würd's aber trotzdem jedem empfehlen, der das Spiel noch nicht gespielt hat!