Page

Einer DER Klassiker des Rollenspielgenres hat es auf die Xbox One geschafft. Die Rede ist von Neverwinter Nights von BioWare und Obsidian Entertainment, das 2002 zum ersten mal das Licht der Welt erblickte. Ist die Xbox One-Umsetzung durch den Entwickler Beamdog gelungen und ist das Spiel 50 Euro wert? Wir prüfen den Titel auf Herz und Nieren für euch.

Magische Bullaugen

Also das der Titel nicht mehr so ganz frisch ist, kann man sich ja denken. Es handelt sich ja leider um kein Remake, sondern es wurde lediglich "enhanced" für die Konsolenwelt abgeliefert. Aber was heißt das eigentlicht? Die gerenderte Darstellung geht noch einigermaßen. Zumindest theoretisch. Doch da kommen wir gleich zu.

Die Cut-Scenes wurden leider 1:1 rübergeworfen. Samt fest eingebrannter Schrift. Das sieht dann so aus, dass die Untertitel total vermatscht rüberkommen und auch die Hauptbilder der Cut-Scenes sehr pixelig aufgebläht werden. Es ist noch erkennbar aber schön oder "enhanced" sieht anders aus.

Wie schon angesprochen, kann ich mich mit der relativ klotzigen Grafik anfreunden, da es sich ja um ein Spiel von 2002 handelt. Damit reden wir immerhin von 16 Jahren Videospielgeschichte. Womit ich mich allerdings partout nicht anfreunden kann, ist die feste Positionierung der Kamera, die relativ nahe heranzoomt und dabei den obereren Bereich "schick" mit einer schwarzen Decke abbildet.

Noch lustiger wird es allerdings, wenn man den Charakter direkt hinter einer Wand positioniert hat. Dann wird dann ein magisches Bullauge eingeblendet, das sich über die Wand legt. Man kann also durch dieses Loch schauen und erahnen, was dahinter liegt. Was dieser Müll soll, bleibt den Entwicklern überlassen. Dann hätte man doch eher einfach mal die Wand, wie üblich, durchsichtig erscheinen lassen können.

Doch eigentlich war das Spiel von Anfang an nicht so konzipiert. Man steuert auf dem PC normalerweise aus einer halb-isometrischen Perspektive und kann von oben alles bequem anschauen und auch heranzoomen. Man ist nicht in einer feste Einstellung gefangen. Das ist vor allem deshalb ein Problem, weil man dadurch die Positionierung in Kämpfen auch nur sehr fummelig hinbekommt.

Mein liebes Inventar

Ein klassisches Problem bei der Umsetzung eines PC-Rollenspiels auf Konsole ist das Thema des Inventars. Man hat halt keine Maus am Start und muss mit dem Controller arbeiten. Daher ist die normale Herausforderung für die Entwickler, sich ein gelungenes Konzept einfallen zu lassen, das sich um die Adaption für Konsolen kümmert.

Oder man macht es so wie die Jungs von Beamdog. Man klatscht das Interface einfach 1:1 rüber und lässt in einer Grid-Ansicht, die auch noch fürchterlich lahm ist, den Nutzer verzweifelt per eingeblendeten Cursor die Items einzeln umsortieren. ABM vom Feinsten.

Das ist echt ein Problem, da gerade bei diesem klassichen Rollenspiel das Inventar ein wirklich sehr zentrales Element darstellt. Man muss ständig Items vergleichen, umrüsten, Gegenstände kaufen, verkaufen etc pp.

Kampf gegen das UI

Tja, somit verlaufen die sonst sehr packenden Kämpfe eher sehr frustrierend ab. Bis man es endlich mal geschafft hat, den jeweiligen Charakter zu positionieren und damit anzugreifen, vergeht eine gefühlte Ewigkeit. Das liegt allerdings nicht an der schlechten Programmierung von BioWare, sondern ebenfalls an der miserablen Umsetzung von Beamdog.

Durch die oben angesprochenen Probleme flucht man mehr vor sich hin und verzweifelt am Benutzerinterface als das man wirklich etwas gebacken bekommt. Sicher, mit genug Geduld geht alles, aber die zentrale Frage, die man sich doch hier stellen muss, ist: Macht das Ganze dann noch Spaß?

Unendliche Möglichkeiten der Entfaltung

Gerade diese groben Mängel führen dazu, dass das eigentlich tolle Spielerlebnis verwässert wird. Das Spiel hat eine fantastische Story zu bieten, etliche Charaktere zur Auswahl und dabei kann man noch nach Belieben vom Barden bis zum Paladin von den verschiedenen Gesinnungen bis hin zur vielfältigen Dialogauswahl ein wahrhaft episches Rollenspiel erleben.

So etwas gibt es heute nicht mehr. Die immense Vielfalt sprengt sämtlich Rahmen, die durch heutige Spiele gesetzt werden. Der Inhalt im Form von Story und Rollenspiel-Möglichkeiten ist einfach nur gigantisch. Die Form der Umsetzung... nun ja, kommen wir zum Fazit.

Fazit

Mit Neverwinter Nights landet ein echter Rollenspiel-Stern auf der Xbox One. Leider zerfällt dieser kurz nach der Landung jedoch zu Asche.

Grund dafür ist die absolut mangelhafte Umsetzung. Wenn man schon hingeht und leider leider kein Remake anpackt, dann sollte es doch zumindest vom Benutzerinterface her so umgesetzt werden, dass es auf der Konsole auch vernünftig zu handhaben ist!

So wie es jetzt ausschaut, hat man eine feste Kameraperspektive, die einen mehr behindert als hilft, ein Bullauge, dass quasi ein Schlösselloch in Wände darstellt, durch das man gucken muss und ein Inventar was tatsächlich 1:1 vom PC kopiert wurde. Absolut grässlich. Dadurch verzweifelt man stets bei der Handhabung sämtlicher Gegenstände.

Das ist absolut jammerschade, denn gerade dieses Rollenspiel hat eine fantastische Story zu erzählen und Rollenspiel-Optionen, von denen moderne Games nur noch träumen können. Dennoch bei dem Preis kann man die groben Mängel nicht beiseite lassen. Empfehlung an alle, die es trotzdem erleben möchten: Finger weg von der Konsolen-Version und schnappt euch die gute alte PC-Fassung.


Bewertung

Pro

  • Geniale Story
  • Epische Rollenspieltiefe
  • Toller Umfang

Contra

  • UI grässlich vom PC kopiert
  • Inventar-Umsetzung ist unterirdisch
  • Kameraeinstellung ist fixiert und schränkt die Sicht massiv ein
  • Positionierung der Charaktere ist im Kampf frustrierend

Grafik 3 von 10
3/10
Sound 3 von 10
3/10
Spielspaß 2 von 10
2/10
Gameplay 2 von 10
2/10
Umfang 6 von 10
6/10
Story und Abwechslung 7 von 10
7/10
4

0 Kommentare