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Als der erste Abkömmling der klassischen Yakuza-Reihe mit Infinite Dragon vor gut 3 Jahren erschien, war die Begeisterung groß. Statt todernst wird die Thematik rund um die brutale japanische Mafia mit Humor angegangen. Der Nachfolger, Infinite Wealth, verspricht da weiterzumachen, wo Like a Dragon aufgehört hat, und bietet erneut abstrus witzige Action verpackt in einer Mischung aus JRPG und Melodrama. Wir haben das Spiel getestet und verraten euch, warum es immer noch unglaublich gut ist, warum es aber keine Revolution an neuen Ideen mit sich bringt.

Es war einmal… Hawaii, die Yakuza und ein Tohuwabohu

Wer noch nie ein Yakuza-Spiel gespielt hat und auch die „Like a Dragon“-Serie nicht kennt, dem kann man die absurde Story und das kunterbunte Gameplay nur schwerlich erklären. Unser Hauptprotagonist Kasuga Ichiban ist ein Ex-Yakuza, Mitte 40, aber von den Gedanken und dem Verhalten eher ein naiver Teenager, der auf Rollenspiele steht. Die Story von Infinite Wealth beginnt da, wo der Vorgänger aufgehört hat. Wer Kasuga bereits vor 3 Jahren gespielt hat, der wird sich gleich zuhause fühlen, denn die Geschichte beginnt in Japan in genau der gleichen Map mit genau den gleichen Kompagnons. Doch schnell kommt alles anders und Kasuga begibt sich nach Hawaii, wo dann der Hauptteil der Story spielt.

Insgesamt ist die Story aber leider recht dünn und wird auch immer uninteressanter, je weiter man im Spiel voranschreitet. Da ist etwas schade, denn im Vorgänger hatten die Charaktere, die ja auch komplett neu waren, mehr Möglichkeiten sich zu entwickeln und man fühlte sich weniger erschlagen mit Nebenstorys und den vielen ehemaligen Yakuza-Charakteren als in Infinite Wealth.

Was das Gameplay angeht, so bietet Infinite Wealth den gewohnt verrückten japanischen Mix aus Action-RPG und minutenlangen Zwischensequenzen, vielen Nebengeschichten, optionalen Aufgaben und einer schier unendlichen Zahl an Mini-Games, die so komplex sind, dass sie teilweise als eigene Indie-Games gelten könnten. Und alles inspiriert sich an bekannten Videospiel- oder Anime-Franchises, die gleichzeitig durch den Kakao gezogen werden. Da wäre die Pokémon-Snap-Variante „SickoSnap“, in der man spärlich bekleidete Muskelprotze, die unanständige Gesten machen, auf einem Straßenwagen fahrend fotografieren muss. Oder die Crazy Taxi Verarsche, in der ihr mit einem Crazy Fahrrad crazy Tricks zeigt, während ihr Essen ausliefert. Oder auch der Pokémon-Abklatsch, Sujimon, der nun in Infinite Wealth eine ganz neue Ebene an Komplexität gewonnen hat, in der man „wilde“ Schläger „fangen“ kann und mit ihnen gegen Trainer und in einer Liga kämpfen kann. Es ist absurd, es ist witzig, und es ist unheimlich durchdacht und gut umgesetzt.

Neu und unglaublich fesseln, und doch etwas zu bekannt

Infinite Wealth bleibt seiner Linie treu und bietet unglaublich viel Gameplay, unglaublich viele Nebenbeschäftigung und auch eine lange Story. Allein bis man erst einmal aus den „Tutorial“-Phasen herauskommt und man Bewegungsfreiheit bekommt dauert gute 8-10 Stunden. Einmal auf der Karte von Hawaii angekommen wird es dann auch schwer, den Controller liegen zu lassen, da die Beschäftigungsmöglichkeiten, die Sammelobjekte, die Mini-Games in einer solchen Anzahl verfügbar und gleichzeitig so abwechslungsreich sind, dass man immer weiterspielen möchte und man gespannt darauf wartet, was einen als nächstes begegnet.

Davon abgesehen ist das rundenbasierte Kampfsystem sehr durchdacht und wartet mit ein paar guten Neuerungen auf euch. So könnt ihr euch nun innerhalb eines vorgegebenen Kreises etwas umherbewegen bevor ihr euren Angriff startet, um so auch möglicherweise bestimmte Kettenangriffe erfolgreich auszuführen.

Doch allen Neuerungen zu trotz kommt einem sehr vieles doch allzu bekannt vor. Die hohe Zahl an bekannten Charakteren und Gesichtern ist die eine Sache, aber das gesamte Gameplay, die Nebenaufgaben, die teilweise sogar übernommen wurden, die Story an sich und der gesamte Stil – für Spieler des ersten „Like a Dragon“ wirkt alles doch sehr familiär. Das ist einerseits gut, andererseits fehlt es dem Spiel an frischem Wind, der einen beim Spielen zum ersten Mal umhaut. Auch grafisch hat sich wenig verändert und die Engine wirkt bei den doch teilweise etwas hölzernen Animationen etwas in die Jahre gekommen. Selbst das Sounddesign, das nicht alle Dialoge vertont und auf vieles verzichtet (wie in J-RPGs üblich), wirkt altbacken. Und wer komplett neu in der Serie ist, wird vermutlich mit Infinite Wealth ein wenig erschlagen – die Story wird man dann sowieso kaum verstehen.

Fazit

Infinite Wealth ist ein würdiger Nachfolger des ersten abstrusen Yakuza-Spiel „Like a Dragon“. Die Mischung aus Erkundung einer offenen Welt, sehr viel Story, Nebenmissionen, verrückten Minigames und einem genialen J-RPG Kampfsystem im Zentrum alledem macht es mitsamt seinem enormen Umfang zu einem wahnsinnig guten Spiel. Allerdings sind die meisten Ideen im Spiel nicht neu, die Engine wirkt ein wenig in die Jahre gekommen und so langsam wünscht man sich etwas Abwechslung und noch mehr Tiefe in den Charakteren.

Das absurde Spiel versprüht aber dermaßen viel japanischen Charme, dass man gerne darüber hinwegsieht. Wir hoffen aber, dass man bei einem dritten Teil es wagt, wieder eine neue Richtung einzuschlagen, und nicht zu sehr auf Altbewährtes zurückgreift.


Bewertung

Pro

  • Klasse zentrales J-RPG Kampfsystem
  • Tiefgreifende Story
  • Unglaublich viel Abwechslung
  • Enormer Umfang
  • Abgefahren, witzig, absurd

Contra

  • Grafik wirkt etwas altbacken
  • Keine komplette Vertonung
  • Gameplay nicht wirklich neu
  • Insgesamt zu nah am Vorgänger

Grafik 8 von 10
8/10
Sound 8 von 10
8/10
Story 9 von 10
9/10
Umfang 10 von 10
10/10
Gameplay 10 von 10
10/10
Spielspaß 10 von 10
10/10
XBU-Gold-Award
9

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