
Der Zauberlehrling Harry Potter, der als 11-jähriger Noob seine Karriere in Hogwarts begann, hat seine vorbildliche Filmkarriere mittlerweile erfolgreich abgeschlossen. Da stellt man sich zu Recht die Frage, warum es nun noch weitere Filmversoftungen gibt und vor allem auch mit welcher Hintergrundstory? Wir durften auf der diesjährigen Gamescom in Köln bereits einen ersten Blick auf die gegenwärtigen Fähigkeiten Harry Potters werfen und waren alles andere als verzaubert. Nun durften wir Harry Potter für Kinect selbst einmal etwas genauer unter die Lupe nehmen und wollen euch nicht länger vorenthalten, was euch erspart bleiben sollte.
Impedimenta (Lähmzauber, der seinen Gegner erstarren lässt)
Im Fall von Harry Potter für Kinect bedarf es erst gar keinem Zauber, um in Anbetracht der Story zu erstarren. Wobei Story? Wenn man mal ganz kurz darüber nachdenkt ... eigentlich gibt es gar keine richtige Story auf der das Spiel basiert. Statt der Handlung einer der Harry Potter Geschichten nachzueifern, hat man einfach die virtuelle Gießkanne genommen und sich handlungstechnisch völlig freie Hand gelassen. Dem offiziellen Wortlaut nach, bietet euch Harry Potter für Kinect einen Streifzug durch alle acht Harry Potter Filme, indem man euch zusammen mit euren Freunden Ron Weasley und Hermine Granger auf eine angeblich unvergessliche Abenteuerreise durch das Hogwarts-Zauberinternat schickt. Unvergesslich offensichtlich aus einem einzigen Grund...ihr werdet euch im Nachhinein nämlich nicht an die nicht vorhandene Story erinnern können. Jedem wirklichen Fan von Harry Potter dürfte dessen Story durchaus bekannt sein aber eine derart zusammenhanglose "Story" wie im Fall von Harry Potter für Kinect ist mir schon lange nicht mehr auf den Tisch gekommen. Die Art und Weise der Erzählung wird dem hohen Niveau der wahren Harry Potter Geschichte nicht in Ansätzen gerecht und lässt vor allem auch Gelegenheitsspieler, die sonst keine größeren Freundschaften zu Harry Potter pflegen, im Dunkeln stehen.
Lumos (ein Lichtzauber)
Können wir nur hoffen, dass wir mit dem dauerhaften Vergessenszauber "Emuvilus" die Versuche im Hinblick auf eine Story auch wirklich dauerhaft vergessen. So bleibt abzuwarten, ob "Lumos" zumindest in grafischer Hinsicht in der Lage ist ein wenig Licht ins bisherige Dunkel zu bringen. Und man wird es kaum glauben, der grafische Quellcode zum Spiel ist zwar nicht gerade zauberhaft aber immerhin sind Harry und Co. gut gekleidet und hinterlassen für einen Kinect Titel einen durchaus brauchbaren Eindruck. Sowohl Protagonist Harry, als auch Ron, Hermine und die sonstigen aus Film und Fernsehen bekannten Charaktere, sind ihren filmischen Ebenbildern durchaus gelungen nachempfunden. Zwar bleibt die Optik kinect-like und kann sich somit nicht mit grafischen Referenztiteln messen. Unter dem optischen Tarnumhang braucht sich Harry Potter für Kinect aber keineswegs zu verstecken.
Wer sich im Spiel nicht mit den allseits bekannten Darstellern abgeben möchte, der darf sich dank der Kinect-Scan Technologie auch selbst ins Spiel einbringen. Die obligatorische Kinectkamera erfasst hierbei eure wesentlichen Gesichtszüge und bringt diese in digitalisierter Form und mit einem Zauberhut versehen ins Spiel ein. So dürft ihr nach wenigen Gesten euer eigenes Ich als Protagonist im Spiel begrüßen.
Expelliarumus (Entwaffnen-Zauber)
Habt ihr euch für einen Charakter als Hexe oder Zauberer entschieden, könnte euch höchstens noch die Technik im Wege stehen. Immerhin soll euer zauberhaftes Dasein nicht schon in den ersten Spielzügen, als frisch gebackener Hogwarts-Schüler oder bei der Auswahl des für euch geeingeten Zauberstabs bei Ollivander, durch einen Technikfluch zu Nichte gemacht werden. Hier merkt man dem Spiel durchaus an, dass es von der in den letzten Jahren stetig verbesserten Unterstützung des Kinectsensors profitiert und euch nicht durch eine schlechte Kameraunterstützung entwaffnet. So werden Bewegungen mit einer vertretbaren Verzögerung meist korrekt interpretiert und Zaubersprüche von dem Kinect-Mikro nur selten zum Problem. Mit kinectischen Zauberkräften braut ihr Zaubertränke, behauptet euch in magischen Duellen und nehmt es schlussendlich mit gegen Du-weißt-schon-wer auf. Auf eurem Weg zum Pokal dieses wenig magischen Turniers werdet ihr unter anderem an einem Quidditch-Spiel teilnehmen, immer auf der Suche nach dem goldenen Schnatz, trefft auf die peitschende Weide oder müsst es mit den düsteren Dementoren aufnehmen.
Je erfolgreicher ihr seid, desto mehr Lektionen und Herausforderungen werdet ihr freigeschaltet bekommen. Habt ihr einmal eure Zauberlektionen gemeistert dürft ihr eure Freunde in verschiedenen Minispielen herausfordern oder euch mit diesen im Koop-Modus zusammenschließen. Eure Freunde sollten nach Möglichkeit aber auch schaffen, euch längere Zeit an das Spiel zu binden ... Harry slebst schafft es jedenfalls nicht. Selbst mit aufmerksamem Studium der Hogwarts Schulordnung werdet ihr die Aneinanderreihung von unterschiedlichen Mini-Games in nicht mehr als vier Stunden hinter euch gebracht haben. Ob euch das Spiel-dessen-Namen-nicht-mehr-erwähnt-werden-soll dann wirklich verzaubert hat, darf durchaus bezweifelt werden.
Fazit
Die Geschichte von Harry Potter ist einzigartig und inzwischen abgeschlossen. Dennoch hat es sich Warner Interactive nicht nehmen lassen und fast zeitgleich mit der Veröffentlichung der vollständigen Harry Potter Filmbox eine Filmversoftung auf den Markt gebracht. Das Spiel-dessen-Namen-nicht-mehr-erwähnt-wird soll den Spieler mit einem Was-weiß-ich-denn-schon Spielerlebnis unterhalten. Eingefleischte Harry Potter Fans wissen mit den spielerischen Bruchstücken in Form von Minispielen aller Voraussicht nach etwas anzufangen. Alle anderen dürften nicht nur auf Grund der gänzlich fehlenden Story und der mehr oder weniger stupiden Aneinanderreihung von Harry Potter thematischen Minispielen schnell nach einem Anti-Langeweile-Zauber Ausschau halten. Ein Zauber, der in Anbetracht der kurzen Spieldauer von nur ca. vier Stunden aber auch überflüssig sein könnte.
Immerhin ist die Unterstützung des Kinect-Sensors nicht mit einem "Locomotor mortis (Beinklammerfluch)" belegt und steht dem kurzweiligen Spielerlebnis nicht im Wege. Auch die Spracherkennung über das Kinect Micro funktioniert sehr gut, so dass eure Zaubersprüche auch aus etwas Entfernung noch unproblematisch umgesetzt werden. Wer seine Zauberlektionen einmal hinter sich gebracht hat, kann mit einem Freund oder Familienmitglied gemeinsam oder im Koop-Modus noch ein wenig rumzaubern und versuchen den mäßigen Spielspaß in die Länge zu ziehen. Vielleicht schafft es die ganz passable Optik und die Möglichkeit, sich dank Kinect-Scan-Technologie selbst ins Spiel bringen zu können ja, dass die mäßige Spieldauer ohne große Opfer überstanden wird.
Amnesia (Löscht das Gedächtnis des Test-Opfers)
Bewertung
Pro
- Kinect-Scan-Technologie bringt das eigene Gesicht unter den Zauberhut
- Für Kinect-Verhältnisse ganz passable Optik
- Gute technische Unterstützung des Kinect-Sensors
Contra
- Zusammenhangslose Aneinanderreihung von Mini-Games
- Geringe Spielzeit von nicht mehr als vier Stunden
- Nicht vorhandene Story
- Kaum zauberhafte Spielmomente
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