
Alle Mann austeigen: Die Parodie endet hier
Hat man sich durch das erste Level gekämpft, bemerkt man bereits: Alles wirkt irgendwie etwas eintönig. Das Hauptgameplay, das eben aus dem Hack'n Slay besteht, ist sehr redundant. Die Gegner verhalten sich alle relativ gleich und spätestens im zweiten Level können einen die oft gleichen Gegnermuster etwas nerven. Es gibt zwar immer wieder mal kleine Abwechslungen zwischendurch (ein 8-Bit-Level, eine Rutschpartie, eine nette Jump'n-Run-Einlage usw.), aber insgesamt ist es einfach zu wenig, um wirklich spannend zu sein. Denn wenn die Basis schon zu langweilig ist, muss man halt noch viel mehr Abwechslung reinbringen, damit man sich als Spieler nicht durch die doch beachtlichen 12-13 Stunden Story hindurchquälen muss.
Allem voran ist allerdings der Hauptcharakter mit seinen Witzen, der viel vom immergleichen Gameplay wettmacht. Gerade K.O. geschlagen ist er sich beim Aufwachen nicht zu schade Psylockes knackigen Hintern und Dominos großen Vorbau zu kommentieren. Gleich in der nächsten Szene erschießt er sich bei einem langweiligen Gespräch mit Cable selbst, haut eine halbe Stunde auf den bewusstlosen Wolverine ein, reibt sein bestes Stück dem gefesselten Mister Sinister ins Gesicht, rülpst, furzt, springt nervös umher und veräppelt Vertigo, dass sie mit ihrem Schwindelzauber wohl die langweiligste Superheldenfähigkeit aller Zeiten hat. Deadpool ist primitiv - aber lustig! Seine ewigen Kommentare werden nur im Kampf etwas anstrengend, ansonsten hat die Synchronisierung hier gute Arbeit geleistet.
Grafisch ist Deadpool Mittelklasse - das Budget hätte zu mehr auch nicht gereicht. Schade ist, dass die Charaktere etwas hölzern wirken und ebenfalls zu bemängeln wären die Framerate-Einbrüche, die wir bei großen Gegnerscharen öfters hatten, so dass wir (ungewollt) öfter mal in Zeitlupe unsere Gegner bekämpft haben. Gut gelungen sind die witzigen Animationen und der Schaden Deadpools, der sich an seinem zerrissenen Outfit kennzeichnet. Auch Blut und Verstümmelungsanimationen (ja, sogar in Deutschland uncut!) sehen beindruckend aus.
Man träumt von mehr...
Der Eindruck bleibt: ,,Deadpool" kratzt nur an der Oberfläche. Der derbe Komik, die einzigartige Leitfigur und das recht durchdachte Spielprinzip ließen auf mehr verhoffen, als schlussendlich rauskam. Wäre das Budget des Entwicklerstudios höher gewesen, hätte man definitiv mehr draus machen können. Denn so, wie sich das Spiel zeigt, ist es eigentlich nichts mehr als ein simples Actionspiel mit Humor. Letzteres ist viel wert, kann aber nicht komplett über den recht armen Aufbau des gesamten Spiels hinweg trösten. So parodiert das Spiel ja eigentlich Videospiele an sich: Doch wo sind die vielen Sammelobjekte, die es hätte geben können und einen zweiten Durchlauf interessant gemacht hätten? Wo sind die Multiplayeroptionen? Wo sind die verschiedenen Level wie ein Dschungelabschnitt, eine Passage in eisiger Kälte? ,,Deadpool" bedient selbst zu viele Klischees, wie schlauchartige Level, simples Upgradesystem, um wirklich als Parodie gelten zu können. Einige witzige Passagen lockern das Ganze zwar auf (springt z.B. auf die Sprechblasen eurer beiden inneren Stimmen um eine höhere Ebene zu erreichen), bleiben aber die Ausnahme.
Hinzu kommt ein irrwitziger hoher Schwierigkeitsgrad, der leicht übertrieben ist. Auf der höchsten Stufe könnt ihr das Spiel bestenfalls mit allen Upgrades schaffen, und bereits auf ,,Leicht" gibt es einige Passagen, in denen ihr kämpfen müsst. Ausgewogen ist das nicht wirklich.
Fazit
Die Bewertung von Deadpool ist schwierig, da das Spiel sehr ambivalent ist. Auf der einen Seite haben wir die aberwitzige Figur von Deadpool selbst, der seine Sprüche zu Brüsten, Waffen, Fäkalien und mehr am laufenden Band raushaut, vor kindisch-derben Humor nur so zu bersten scheint und ständig die vierte Wand bricht, d.h. mit dem Spieler und dem Publikum über sein Videospiel diskutiert. Auf der anderen Seite haben wir das doch recht primitive Hack'n Slay, das nur ab und zu ein wenig Abwechslung mittels Jump'n-Run-Passagen bekommt und bereits nach dem zweiten Level etwas anstrengend wirkt.
Die Grafik ist eher mittelmäßig bis schwach (Framerate bricht häufig ein), die Synchronisierung (nur auf Englisch) ist sehr gut, die Spieldauer mehr als okay (ungefähr über 11 Stunden), aber der mäßige Eindruck bleibt. Man quält sich dann halt ein wenig weiter durch die geradlinigen Levels um ein paar nette Sprüche zu hören, das war's aber auch. Das einzige, was das Spiel retten kann ist der Humor (der einem gefallen muss) und die Actionpassagen die schlussendlich dann doch viel Blut, sogar in der USK-Version unzensiert, enthalten. Was wir hoffen: Deadpool verkauft sich so gut, dass es genügend Budget für eine fantastische Fortsetzung einspielt. Denn dieser Marvel-Charakter bietet das Potential, richtig witzige und coole Games zu produzieren!
Bewertung
Pro
- Lustige Zwischensequenzen
- Relativ lange Kampagne (über 11 Stunden)
- Teils coole Action mit erstaunlich viel Blut in der USK-Version
- Sehr witziger, derber Humor der Hauptfigur
Contra
- Recht eintöniges Gameplay
- Wenig Abwechslung an Levels und Gegnern
- Recht schwache Grafik
- Viel verschenktes Potential
1 Kommentar
XC ShadowClaw Fr, 09.12.2016, 10:15 Uhr
Sehr spät aber meine Meinung zum Spiel:
Irre witzig.. also mit 1 - 2 Bierchen und Deadpool ist es Zwerchfellverletzend es zu spielen. Es ist Eintönig ja! aber macht echt Laune! Wiederspielwert bei mir ist da :)