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Soma vereint Horror und Science-Fiction, ist zu gleichen Teilen Walking Simulator und Survival-Horror. Kann das gut gehen? Wir haben es getestet.

In einer Welt in der man nur noch lebt, damit man täglich robotten geht…

Soma macht ein großes Geheimnis um die eigene Story. Uns wird als Spieler immer nur das Nötigste verraten, um voran zu kommen. Dies geht schon bei der Ausgangssituation der Handlung los. In einer gezeichneten Sequenz sehen wir Bruchstücke von etwas, was ein Autounfall sein könnte, genau wissen wir das aber nicht. Danach wachen wir in unserem Zimmer auf und übernehmen die Kontrolle über den Protagonisten Simon. Simon hat erhebliche Kopfschmerzen, scheinbar eine Folge des Unfalls, ein normales Leben ist kaum möglich. Doch heute hat Simon einen Termin für eine neuartige neurologische Bildgebung des Gehirns. Schnell wird eine Tracer-Substanz getrunken und dann geht es ab in die Praxis.

Wir möchten nicht zu viel Spoilern, doch nach dem Besuch in der Praxis nimmt das Spiel eine andere, weitaus dystopischere Stimmung an. Wir befinden uns im späteren Verlauf auf einer Art Unterwasser-Station, doch es gibt hier keine Menschen. Dafür gibt es viele Roboter, diese benehmen sich aber wie Menschen und es gibt Kreaturen. Kreaturen die uns nach dem Leben trachten.

Die Geschichte wird nur fetzenweise erzählt, die Häppchen reichen dabei aber genau aus, damit man als Spieler am Ball bleibt. Nach einigen Stunden begreift der Spieler, dass der Horror des Titels eher eine Philosophische Frage ist. Das Setting und die Geschichte erinnert stark an die Netflix Serie Black Mirror. Am Ende von Soma geht es nicht darum, gegen Monster gekämpft zu haben, es geht um die Frage, was es bedeutet, ein Mensch zu sein und ab wann man seine Menschlichkeit verliert. Es geht um Moral und Ethik. Dieser Ansatz steht dem Spiel sehr gut und hilft dabei, schnell an die Story gefesselt zu sein.

Immersion geht auch ohne 4K und HDR

Soma ist ein Titel, der beweist, dass es keine dicke Triple A Produktion braucht und keine feine Politur, um ein immersives Erlebnis zu leben. Das Game zeigt uns, dass eine Vision, wie sie typischerweise häufig Indie-Studios haben, oft eine größere Anziehung ausübt, als eine geleckte Präsentation. Soma ist bereits 2015 auf dem PC erschienen und selbst in dem Jahr war es technisch kein Meisterwerk, aber auch „damals“ war es auf seine eigene Weise schon beeindruckend. Das Spiel ist hauptsächlich düster, in helleren Momenten fällt auf, dass die Texturen stellenweise matschig sind und das Interieur der Räume sich wiederholt. Leider kommt es auch hin und wieder zu Rucklern, wenn Soma nachlädt aber es hält sich in Grenzen. 

Gerade in den Wasserpassagen gibt es dafür aber schöne Lichteffekte und auch sonst sind die Set Pieces, wie man beim Film sagen würde, wirklich großartig. Das Setting und das Ambiente lassen die mittelmäßige Optik schnell vergessen.

Der Ton des Titels kann begeistern. In unserem Test haben wir das Spiel mit einem Surround-Sound Headset im dunklen Zimmer gespielt und dabei verfehlt die Soundkulisse ihre Wirkung nicht. Es wird viel mit dem gespielt, was man nicht sieht. Hier fällt ein Glas runter, dort knarrt ein Heizungsrohr und so weiter, oftmals guckt man sich als Spieler erschrocken um. Die Musik untermalt die Stimmung und sorgt so für eine frühe Warnung, wenn Gefahr droht, führt aber manchmal auch in die Irre, so nutzt der Effekt nicht ab.

Die Stimmung wird aber maßgeblich von den englischen Sprechern der Hauptfiguren Simon und Catherine getragen, mit welcher wir nur Funkkontakt haben. Die Sprecher sind gut, deutsche Untertitel die bessere Entscheidung als eine komplette Lokalisation es wäre. Bis zum Ende versteht mit Simon nicht ganz und weiß nicht, ob man Catherine trauen kann, alles nur dank der Dialoge, welche sich über das ganze Spiel strecken. Technisch ist der Titel auf dem Papier nur Mittelmaß, die Umsetzung funktioniert aber 1A.

Versteckspiel

Wir erleben Soma aus der First-Person Ansicht, alles andere würde die Immersion auch behindern, dieser Titel wäre sicher als VR Erfahrung interessant. Grundsätzlich passiert nicht viel im Spiel und wir erfahren sogar noch weniger darüber, wo die Reise als nächstes hingeht. Die Level sind aber weitestgehend so aufgebaut, dass man sich nicht verlaufen kann, nur in der Mitte des Spieles gibt es ein oder zwei Passagen, die etwas zu sehr an Labyrinthe erinnern.

Wie in einem guten Film, wird er Weg für den Spieler immer nur bis zum nächsten Weg erläutert und daraus ergibt sich dann der weitere Verlauf, das Spiel fühlt sich so sehr fliesend an. Ein Drittel des Games laufen wir nur umher, schauen uns Gegenstände an und suchen den Weg. In diesem Drittel fällt leider auf, dass Klischees wie Audiologs und handgeschriebene Tagebücher inflationär eingesetzt werden. Dies ist ein abgegriffenes Stilmittel in Survival-Horror Games und es macht wenig Spaß und noch weniger Sinn, alle diese Logs zu lesen oder zu hören. Hin und wieder muss man dies dann aber doch, wodurch einige Lösungen schnell übersehen werden. Dafür gibt es Punktabzug.

Das zweite Drittel des Spieles sind Rätsel, diese sind durch die Bank weg cool und interessant. Mal geht es darum Stromkreise zu verbinden, mal darum durch die Auswahl richtiger Dateitypen Speicherplatz auf einer Disk zu schaffen und mal muss einfach nur ein Stecker gezogen werden. Die Rätsel sind alle lösbar aber nicht zu einfach, hängt man doch an einer Stelle, so liegt das eher daran, dass man zu kompliziert denkt oder ein Item nicht klar genug erkennbar war. Dies kommt leider manchmal in der Dunkelheit vor.

Das dritte Element des Spieles sind die Gegner. Ähnlich wie in Alien Isolation habt ihr keine Waffe und müsst den Gegnern aus dem Weg gehen. Die Feinde sind hier aber vergebender oder stellenweise auch einfach dümmer als die AI bei Alien. So reicht es manchmal schon, vor einem Gegner zu hocken, dessen Blick aber nicht zu erwidern, damit er weitergeht. Dies wird aber auch in der Story erklärt, fühlt sich dennoch strange an. Es gibt keine Möglichkeit, die Gegner zu besiegen, in seltenen Fällen kommt es vor, dass ihr Feinden einfach nicht aus dem Weg gehen könnt da dies einfach zu stupide sind und an einer Stelle hängen bleiben. Dann beginnt eine Verfolgungsjagd, die nur schwer zu gewinnen ist.

Wem das zu viel ist, aber die unglaubliche Story erleben möchte, der hat in der Xbox One Fassung eine Neuerung, die hilft. Es gibt jetzt einen Safe Modus, hier muss man sich nicht vor den Gegner verstecken oder schleichen, sie sind einfach keine Gefahr für den Spieler. Dann ist der Titel wirklich mehr Walking Simulator als Survival-Horror. Für Angsthasen eine tolle Funktion, so verpasst man aber tolle Herzschlag Momente in Soma.

Fazit

Soma ist ein Titel, welcher beispielhaft für die Qualität von Indie-Titeln ist. Das Spiel hat zwar optisch nur eine mittelmäßige Performance, jedoch sind Setting und Atmosphäre wirklich grandios. Lange habe ich kein Spiel mehr gehabt, bei dem ich mich tagsüber bereits gefreut habe, am Abend wieder in die Geschichte einzutauchen und das, obwohl in Soma über weite Strecken nicht viel passiert.

Die Story und die daraus resultierenden Fragen sind für Fans von dystopischen Werken wie Black Mirror genau das Richtige. Leider lässt Spiel mit den Audiologs und Tagebüchern auch kein Klischee aus, diese sind glücklicherweise zum größten Teil aber optional.

Je nach Spielweise warten sieben bis zwölf Stunden Spielzeit auf euch. Die Mischung aus Erkundung, Versteckspiel und Rätseln ist genau das Richtige für den aktuellen Winter.

Erwartet keine sinnliche Weihnachtserfahrung oder eine vorgekaute Lösung für philosophische Probleme. Wer sich auf Soma einlässt, dürfte am Ende einige Fragen im Kopf haben, die das Spiel absichtlich nicht beantwortet und genau das macht den Titel aus: Es wird nie zu viel verraten.


Bewertung

Pro

  • Tolle Story
  • Düstere Atmosphäre
  • Gute Sprecher

Contra

  • Audiologs nicht zeitgemäß
  • Grafik nur mittelmäßig

Story 8 von 10
8/10
Atmosphäre / Immersion 8 von 10
8/10
Grafik 7 von 10
7/10
Sound 8 von 10
8/10
Spielspaß 8 von 10
8/10
Gameplay 7 von 10
7/10
Umfang 7 von 10
7/10
XBU-Silver-Award
8

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