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Die Prämisse ist nicht nur seltsam, sondern auch richtig ulkig: Was wäre, wenn ihr alle eure Körperfunktion manuell, d.h. selbst kontrollieren müsstet und Ding wie Atmen, Blinzeln oder auch gehen oder euer Rückgrat aufrechterhalten nicht mehr unbewusst funktionieren? Samuel geht es genauso und wir durften den armen Mann durch eine abstruse Story steuern. Das passende Review zum witzigen Spiel erläutert, warum es für einen kurzen Spaß zwischendurch lohnenswert ist!

Atmen nicht vergessen!

Okay, die Story ist schon lustig und mich hat es einfach gereizt, das Ganze deswegen auszuprobieren, weil es so abstrus ist. Die Geschichte ist schnell erzählt: Unser lieber Samuel wird durch einen unglücklichen Zufall von einem Laster überfahren und stirbt… Doch da er schweinereich ist und scheinbar sein Reichtum sich auch bis in die Hölle, in der er landet, hineinzieht, bietet im der Skateboard fahrende Sensenmann einen Deal an: Wenn du einen Tag überlebst, indem du deinen Körper komplett manuell steuern musst, lasse ich dich wieder zum Leben erwecken!

Da kann man ja eigentlich nicht Nein sagen, oder? Und – schwupps! – befindet ihr euch wieder in eurem Zimmer, auf dem Boden liegend mit einem gebrochenen Rückgrat. Das muss erst einmal wieder manuell aufgerichtet werden. Von nun an müsst ihr regelmäßig das Steuerkreuz nach oben drücken, damit ihr nicht wieder zusammensackt.

Plötzlich werdet ihr ganz blau im Gesicht. Achja! Atmen muss man auch noch! Also einmal mit X tief einatmen und mit B tief ausatmen. Das müssen wir jetzt auch regelmäßig machen. Als dann die Sicht noch ganz verschwommen wird, merken wir: Ach, blinzeln müssen wir auch noch! Also in regelmäßigen Abständen die A-Taste gedrückt und schon kann es losgehen…

Was sich spaßig und chaotisch zugleich anhört, ist es auch! Besonders am Anfang des Spiels habe ich echt lachen müssen. Nicht nur, dass das Resultat aus Atmen, Blinzeln, ein Bein vors andere Setzen und Fehler eurerseits in lustigen Situationen enden, nein, das Ganze wird auch noch hämisch von einem ironischen Erzähler kommentiert. Die britische Begleitstimme, die unsere ganze Geschichte im Hintergrund schildert, trägt viel zur Komik bei und macht das Ganze erst so richtig amüsant. Wenn ihr z.B. durch das Bewegen des falschen Fußes unbeabsichtigt ein Spagat hinlegt, kommentiert er trocken: „Damit beeindruckst du niemanden, Sam.“ Witzig wird es auch immer dann, wenn ihr der erzählenden Geschichte widersetzt. Nach dem Motto „Erst ging Sam sich die Zähne putzen.“ – wenn ihr dann erst pinkeln geht, verweigert der Erzähler seine Aufgabe und wird trotzig. Originell und schön, wie hier die vierte Wand dezent durchbrochen wird.

Ehe man sich versieht… ist es dann schon vorbei

Das Gameplay ist lustig und unterhaltsam, aber schnell hat man den Dreh raus. Irgendwie erinnerte mich das Spiel stark an Octodad (übrigens auch sehr unterhaltsam und zu empfehlen), das eine ebenfalls sehr abstruse Story hat und ähnlich funktioniert. Ihr müsst alles an eurem Körper selbst kontrollieren und die anfänglich kleinsten Aufgaben, wie sich Anzuziehen, werden zur Herausforderung. Doch hat man das Konzept und Gameplay einmal verinnerlicht, wird es leichter und man macht nur noch selten Fehler. Genauso in Manuel Samuel. Schnell gibt euch das Spiel schwierigere Aufgaben, wie ein Auto mit Schaltung und Kupplung zu fahren, während ihr gleichzeitig nicht das Atmen und Blinzeln vergessen dürft.

Doch das klingt nur schwierig und sorgt nur am Anfang für Lacher. Schnell hat man den Dreh raus und da man das Spiel tatsächlich nicht „verlieren“ kann, ist der Reiz, sich besonders gute Mühe zu geben, auch schnell dahin.

Die Story wird dann auch nach anderthalb Stunden sehr kurios und plötzlich befindet ihr euch in einem Riesenroboter oder kämpft gegen Kreaturen aus der Hölle. Die Körperfunktionen werden zur Nebensache und das Ganze wirkt wie aus dem Lot geraten. Manuel Samuel macht hier den gleichen Fehler wie Octodad: Unterhaltsam ist die witzige Prämisse nur dann, wenn einfachste Aufgaben zur Herausforderung werden – sobald aber übertriebene Actionaufgaben ins Spiel kommen, wird das Ganze zu banal.

Und dann ist das Spiel auch noch zu kurz. Knapp drei Stunden habe ich gebraucht, um durch die Geschichte durch zu sein. Jaaaa… man kann noch Speedruns versuchen und Ko-Op spielen, aber das vergrößert den Umfang des Spiels nicht wirklich. Das Spiel dürfte mit diesem Umfang maximal 5€ kosten, kostet de facto aber das Doppelte. Das ist schade, denn der Wiederspielwert ist gleich Null.

Ich frage mich, warum man nicht versucht hat, die Körperfunktionen, die man steuern muss, noch komplexer zu gestalten. Wie wäre es mit Verdauung? Dem Herzschlag? Dem Gleichgewichtssinn? Man kann sich einiges mehr vorstellen, was deutlicher lustiger und vor allem schwieriger wäre, aber das Spiel kratzt hier nur an der Oberfläche, zeugt von verpufftem Potential und lässt einen nachher einfach nur sagen: „Schade, es war lustig, aber da wäre mehr drin gewesen.“ Letztendlich ist das Spiel zu einfach und zu schnell durchgespielt, als dass es einen wirklich großartig begeistern kann.

Fazit

Die Prämisse ist sehr witzig und vor allem der Anfang des Spiels zeugt von viel Kreativität. Die absurden Situationen, in denen man seine Atmung steuern muss, blinzeln nicht vergessen darf und gleichzeitig versucht, mit zwei Armen sich in ein Hemd zu zwängen, sind lustig und absurd zugleich. Die Geschichte ist witzig und der Erzähler tut seines dazu bei, dass wir dem armen Samuel weiter zuschauen möchten.

Doch nach knapp drei Stunden ist alles vorbei und die Geschichte zu Ende. Das Spiel kratzt nur an der Oberfläche des Potentials der Idee, seine Körperfunktionen manuell zu steuern. Das Gameplay wird zunehmend einfacher, aber auch actionreicher und von Aufgaben wie „gehe unversehrt die Treppe hinunter“ werden zu einem „Besiege Satan in einem Schwertkampf“. Es sind die Alltagssituationen, die witzig sind; sobald das Spiel aber mehr Action reinbringt, wird es uninteressanter. Das ist sehr schade, denn die Idee und die Umsetzung sind fantastisch, doch für 10€ überlegt man sich zweimal, ob man das kurze Abenteuer wirklich bestreiten will. Mir persönlich hat es sehr gut gefallen und ich habe gut gelacht, aber der Wiederspielwert bleibt gleich Null…


Bewertung

Pro

  • Lustige Geschichte
  • Witziges Gameplay
  • Schöne 2D-Optik
  • Guter (englischer) Erzähler

Contra

  • Gameplay schnell zu einfach
  • Viel zu kurz (ca. 3 Stunden)
  • Story wird aber der Mitte zu actionreich
  • Sprachausgabe nur auf Englisch

Grafik / Stil 8 von 10
8/10
Sound / Synchronisation 7 von 10
7/10
Gameplay 7 von 10
7/10
Umfang 3 von 10
3/10
Humor 9 von 10
9/10
Wiederspielwert 4 von 10
4/10
7

3 Kommentare

XC ShadowClaw Di, 25.10.2016, 14:27 Uhr

Nach dem Bericht kann ich auch nur sagen... zugucken oder mal streamen ja aber kaufen nein!

Ruepel So, 23.10.2016, 12:16 Uhr

Klingt lustig... und werde es mir bei Gelegenheit anschauen. ;-)

XBU Bautze Sa, 22.10.2016, 22:38 Uhr

Durch einen Zufall habe ich letztens einen Streamer das Spiel spielen sehen und es war wirklich sehr unterhaltsam. Das lag vielleicht mitunter an der mangelnden Konzentration des Spielers, weswegen der Charakter immer wieder bewusstlos auf dem Boden landete und nach Luft rang. Noch spannender wurde es, als der Spieler - US Staatsbürger - mit der manuellen Kupplung zurechtkommen musste. Glich einem Trauerspiel :D

Wollte mir nicht mehr ansehen, um nicht alles gespoilert zu bekommen. Um so ernüchternder ist dein Erfahrungsbericht, dass sich die doch sehr spaßige Spielmechanik bzw. Idee nachher in 0815-Aktion verliert.

Danke für deinen Bericht, e es mir wohl mal im Sale kaufen.