
Ein weiteres Kickstarterprojekt hat es auf die Xbox One geschafft! Mit einem Budget von knapp 97'000 Euro hat es ein kleines Entwicklerteam geschafft, ein Comedy Point and Click Adventure zu produzieren, das sich sehen lässt. Die Briten erobern nach dem Brexit den Weltraum und die Geschichte ist so klischee- und parodieüberladen, wie es nur geht. Wir haben das Spiel getestet....
A cup of tea, my dear?
Eigentlich schon ein kultureller Fauxpas, einen Testbericht auf Deutsch zu diesem unglaublich britischen Spiel zu schreiben... Denn dass das Spiel durch und durch Englisch ist (nur deutsche Untertitel verfügbar), lässt es euch von Anfang an sofort wissen: Das (noch...) Vereinigte Königreich von Großbritannien ist auf Auftrag der Königin hin im Weltraum unterwegs, um seine Kolonialmacht weiter auszuüben. Von Anfang an ist das Spiel auf jedes britische Klischee aus, das es gibt. Die Dialoge sind unglaublich pointiert, komplex und damit lustig zu gleich. Die englische Art, einen Sachverhalt dezenter, komplizierter und länger zu umschreiben, als er es eigentlich ist, kommt sehr gut rüber.
So ist die erste Aufgabe von euch, erst einmal für die tea time eine Tasse Tee für euren walisischen Kollegen zu holen... Her Majesty's Spiffing, kurz HMS (Special Planetary Investigative Force For Inhabiting New Galaxies, also in etwa so viel wie Planeten-Sondererkundungsteam zum Bewohnen neuer Galaxien; wobei "spiffing" auch umgangssprachlich "hervorragend" bedeuten kann), ist primär ein Comedy-Spiel und sekundär ein Point and Click. Das merkt man von der ersten Minute an. Der Witz richtet sich primär auf kulturelle Klischees, aber beinhaltet auch viele 80er-Anspielungen und Videospielparodien (der Original XOX-Controller z.B.!). Resident Evil, die Xbox, Monkey's Island und allgemein Point & Clicks werden auf die Schippe genommen.
So ist das Spiel selbst aber ein Vorzeigebeispiel von klassischen P&C-Gameplay. Ihr kontrolliert Captain Frank Lee English (ohja...) und könnt mit Objekten, an denen ihr nah dran seid, auf verschiedene Art und Weisen interagieren: Ansehen/Inspizieren, anfassen oder greifen, sprechen oder einen Gegenstand aus dem Inventar benutzen. Diese klassische Variante, die man aus Sam & Max, Leisure Suit Larry usw. kennt, ist nicht nur retro, sondern auch unterhaltsam. Denn bei jedem falschen oder ungewöhnlichen Klick gibt English erneut einen sarkastischen, tiefschwarzen Kommentar. Nur ein Beispiel, um nicht zu viel zu spoilern: Versucht ihr euren Kollegen zu "greifen", so behauptet er nur trocken, dass solche Dinge auf der Arbeit nicht toleriert würden...
Mit dem Kopf durch die vierte Wand
Was HMS auch super macht: Die vierte Wand durchbrechen und euch wissen lassen, dass dies hier alles nur ein Spiel ist... Oft macht sich Hauptprotagonist English darüber lustig, dass es noch alternative Wege zur Lösung gebe, mutet an, eine Komplettlösung zu benutzen oder fragt sich, warum so viel in sein Inventar passt.
Aber nicht nur die Comedy ist gut, auch die Animationen und die Synchronisierung ist auf einem sehr hohen Niveau. Zwar mag Englishs Kollege Aled nicht die einfallsreichsten Gags zu haben und die Hintergrundmusik kann in einigen Passagen richtig nervig werden, allgemein ist die Eindruck vom Sound aber sehr gut. Auch die Grafik wirkt mehr als professionell: Die Binnenräume des Raumschiffs sind wunderbar entworfen, voll mit Details und Objekten, die passen und außerdem amüsieren: z.B. die Union-Jack-Bettwäsche, die Königlichen Portraits im Flur oder mal wieder Schrödingers Katze lebendig und tot in einer Kiste...
Vielleicht der Anfang einer Trilogie... mehr aber auch nicht.
Leider ist HMS viel zu schnell vorbei... Das Spiel bietet insgesamt etwa 2-3 Stunden Spielspaß (macht auch noch ständig darüber Witze, dass es z.B. "nur noch eine halbe Stunde" ist, oder dass die Entwickler halt nicht mehr Geld hatten), was für 18 € etwas wenig erscheint. Dabei ist eigentlich alles andere sehr gut. Das Gameplay ist insgesamt sehr flüssig, die Rätsel und Aufgaben nicht zu schwer, aber definitiv auch nicht zu leicht. Wenn man einmal hängt und nicht weiterkommt, liegt es meistens daran, dass man ein bestimmtes Objekt noch nicht genau genug analysiert hat, oder eine bestimmt Objekte-Kombination noch nicht ausprobiert hat. Normalerweise sind die Rätsel aber durchgehend logisch aufgebaut und absolut nachvollziehbar, so dass Kenner des Genres keine größeren Probleme haben werden, das Spiel abzuschließen.
Die Story ist allgemein etwas banal, trivial, aber das liegt wohl eher am Umfang, als an der Geschichte selbst. Sie kann sich nicht richtig entfalten und auf dem Höhepunkt, da, wo das Spiel richtig loszugehen scheint (da, wo ihr aus dem Raumschiff heraustretet), ist es auch schon vorbei und wir erleben nur eine Art "Cliffhanger", bei dem ein Nachfolger wortwörtlich in die Sterne geschrieben wird. Das ist schade, denn abgesehen von ein paar leeren Umgebungen und dem Schluss des Spiels (welcher ein wenig gehastet wirkt), steckt so unglaublich viel Potential in dem Spiel, dass wir unbedingt gerne mehr gesehen hätten! Lange nicht mehr hat es ein Spiel auf eine derart intelligente Art und Weise geschafft, uns so konstant zum Lachen zu bringen. Man kann nur hoffen, dass nun nach der Kickstarterkampagne genug Geld zusammenkommt, um eine Fortsetzung zu entwickeln. Wir sind sicherlich gespannt, denn das Adventure kann definitiv weitergehen: Wir wollen mehr von dem ulkigen Duo hören!
Fazit
Überraschend unterhaltsam und zum Brüllen komisch: Das Weltraumkommando eurer Majestät ist ein sehr gut gemachtes, unterhaltsames Point & Click Adventure, das voller Anspielungen auf die britische Kultur, Videospiele und die 80er Jahre ist. Gleichzeitig wird am laufenden Band die vierte Wand durchbrochen, was für sehr viele, lustige Momente sorgt. Beindruckend ist auch die detailreiche Präsentation, sowie die gute (englische) Synchronisation. Nur die Musik im Hintergrund kann einem manchmal nervös machen, da sie sich oft wiederholt.
Die nicht immer einfachen Rätsel gehen aber allgemein gut von der Hand, sind manchmal vielleicht etwas zu schnell gelöst, machen aber vielleicht gerade deswegen Spaß. Eine Komplettlösung braucht man normalerweise nicht. Das wäre auch nicht zu empfehlen, denn das Spiel ist unglaublich kurz. Durch die maximale Spielzeit von 2-3 Stunden kann sich die Story überhaupt nicht entwickeln und auf dem Höhepunkt der Spannung angekommen, dort, wo die Geschichte eigentlich losgeht, hört das Spiel abrupt auf. Das ist mehr als schade, bekommt man so doch den Eindruck von etwas verschenktem Potential. Nichts desto trotz: Das Spiel macht sehr viel Spaßund wir hoffen, dass umfangreiche Nachfolger in die Fußstapfen treten können. Wir wollen mehr von Captain Englishs schwarzem Humor hören!
Bewertung
Pro
- Unglaublich pointierter Humor
- Viele Anspielungen auf Kultur und Videospiele
- Gute, britische Synchronisation
- Rätsel nicht zu schwer
- Detailreiche Umgebungen, schönes Charakterdesign
Contra
- Hintergrundmusik kann nervig werden
- Rätsel manchmal zu einfach oder zu eindeutig
- Story kann sich nicht groß entwickeln
- Leider viel zu kurz mit abruptem Ende

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