
Der Summer of Arcade 2013 ist mitten im Gange und wir haben ein weiteres Spiel für euch unter die Lupe genommen. Der 2D-Brawler Charlie Murder ist sogar so blutig, dass er eine USK18-Freigabe bekommen hat und will mit Punk-Ambiente und cooler Ko-Op-Action überzeugen. Wir verraten euch in unserem Review, ob das Arcadespiel sein Geld wert ist.
Grafik
Einerseits haben wir diesen süßen Comic-Look, der automatisch bei einem 2D-Spiel mitschwingt. Auf der anderen Seite haben wir aber eine Hardcore-Punk-Mischung, die mit anarchistischen Elementen und Splatter nicht geizt. Und Charlie Murder bleibt stets sehr blutig. So könnt ihr eure Gegner vierteilen, köpfen, an Strommästen oder in Häcksler werfen, beschießen, verbrennen und mehr... Grafisch ist besonders bei einer 4er-Multiplayerpartie viel Anarchie anzutreffen: Der ganze Bildschirm wird so unübersichtlich rot und blinkend, dass man nachher gar nicht mehr weiß, wo seine eigene Spielfigur ist. Alles in allem ist der Grafikstil sehr ansprechend und reflektiert das Punkgenre sehr schön - manchmal bleiben aber ein paar Details, was die Charaktere angeht, auf der Strecke. Die Animationen sind hier nämlich eher zweckdienlich und erinnern ein wenig an frühere Flashvideos, als an ein aktuelles Xboxspiel. Naja - wahrscheinlich war es so gewollt. Insgesamt ist der Punk- und Gothicstil aber sehr gelungen und schneidet positiv ab.
Sound
Wie so oft bei Brawlern hat auch Charlie Murder sein Problem mit repetitivem Sound. Sowohl die Geräusche vom Zermalmen, Zerstückeln und Töten der Gegner, als auch Soundeffekte wie Magie, Explosionen usw. sind nach einer Zeit an wiederholendem Gameplay etwas nervtötend, als auch die Musik, die sich ebenfalls ständig wiederholt. Der Soundtrack hätte hier definitiv rockiger sein können und auch mehr echte Musikstücke mit Gesang beinhalten sollen. Denn da fehlt es ein bisschen an Atmosphäre. Schnell kommt einem das Ganze langweiliger vor als es ist, weil der Sound einfach nicht mithält. Genau bei so einem chaotischen und manchmal repetitiven Spiel muss der Sound einen einfach weghauen. Bekannte Songs oder Kracher, die im richtigen Moment einsetzen und vielleicht sogar ein wenig Humor dadurch ins Spiel bringen, wären gut gewesen. So dümpelt die Musik dahin, und den Soundeffekten fehlt die Dynamik. Schade.
Story
Ja, eine kleine Geschichte gibt es in dem anarchistischen Spiel auch! Die bewehrten Punkrocker von Charlie Murder sind nämlich auf epischer Mission zur Rettung der Welt vor ihren Rivalen, den Death-Metallern von Gore Quaffer und deren Legionen des Bösen. Der Streit entstand bei einer gemütlichen Jam-Session und in kleinen Flashbacks seht ihr immer wieder, wie es denn dazu kam, dass nun die ganze Welt vor rachsüchtigen Ninjas, blutrünstigen Zombies und anderen Kreaturen, die euch an den Kragen wollen, nur so wimmelt. Dies, sowie andere kleine Minispielchen zwischendurch (mal eben ein wenig Rockband nachspielen, ein wenig Motorrad fahren oder à la Tony Hawk skaten) sind aber nur dezent vorhanden. Sie tun ihren Zweck; ein wenig vom Hauptgameplay ablenken, sind aber an sich recht eintönig und viel zu banal umgesetzt worden, als dass hier wirklich Spannung aufkommt.
Umfang
Aufgrund der Tatsache, dass der Schwierigkeitsgrad des Spiels alleine sehr hoch sein kann und es viele verschiedene Dinge zu entdecken und freizuschalten gibt, ist der Umfang des Spiels relativ groß. Es gibt leicht Rollenspielelemente, wie Kleidung, Waffen und Items die ihr kaufen oder finden könnt. Auch Tattoos könnt ihr euch stechen lassen und damit neue Magie lernen. Hier gibt es echt eine Vielzahl an Dingen zu entdecken. Aber auch die Spielzeit an sich ist sehr lang, wenn man nur das ,,einmalige" Durchspielen zählt. Da aber, wie bereits erwähnt, der Schwierigkeitsgrad hoch ist, müsst ihr wahrscheinlich anfängliche Spieletappen immer wieder durchspielen um aufzuleveln und stark genug gegen einige Bosse zu sein. Dadurch verlängert sich die Spielzeit enorm. Allerdings: Wenn ihr mit einem Charakter zu Level 50 neigt, kann das Spiel nicht mehr wirklich auftrumpfen. Gleiches Problem wie bei Castle Crashers: Seid ihr einmal zu stark geworden, sind die Gegner aller Levels zu leicht. Die Herausforderung ist weg - ihr könnt lediglich gegen andere menschliche Spieler antreten. Aber auch hier ist der Reiz gering, da es nichts groß zu entdecken gibt als eine kleine Arena, in der es gegeneinander in der Ring geht.
Spielspaß
Das muss man sagen: Der Spielspaß in diesem Spiel ist sehr subjektiv. Das gute Grundgerüst von Punk-Präsentation und eingängigem Gameplay stellen die Basis für Spaß. Und besonders im Multiplayer macht das Chaos außerordentlich Spaß! Allein allerdings ist das Spiel viiiiiel zu monoton und wiederholend. Das Gameplay ist nichts abwechslungsreich genug, als dass man mit Charlie Murder viele Stunden allein vor der Xbox verbringen könnte. Hinzu kommt der hohe Schwierigkeitsgrad und die an sich fehlenden Tutorials, so dass man alleine recht schnell die Lust am Spiel verliert. Wer das Spiel wirklich genießen will, der muss es mit Freunden spielen. Am besten lokal, mit einem kleinen Bierchen nebenbei - das kann man sogar im Spiel selbst brauen und als Aufpeppungsgetränk nutzen.
Gameplay
Wie bereits erwähnt, spielt sich Charlie Murder relativ simpel. Ihr könnt aus 5 verschiedenen Klassen wählen und drauf los kämpfen. Als Sidescroller gibt es klassische Kombos wie X und Y, ab und zu könnt ihr B benutzen zum Greifen und LT zum Blocken nicht vergessen! Letzteres kommt allerdings oft zu kurz, auch wenn ihr mit einem guten Block einen Konterangriff landen könnt der es in sich hat. Meist ist aber das Kampffeld zu unübersichtlich und zu viele Gegner greifen gleichzeitig an, so dass man diese Konterfunktion nur selten wirklich einsetzen kann.
Hinzu kommt ,,Magie", sprich, Spezialfähigkeiten. Jeder Kämpfer verfügt über seine eigenen Spezialmoves, die unterschiedliche Dinge verursachen und im Laufe des Spiels immer stärker und zahlreicher werden. Durch die teils wirren und riesigen Moves wird das Tohuwabohu auf dem Bildschirm aber nur noch chaotischer! Das Gameplay ist insgesamt leider etwas zu eintönig, um wirklich begeistern zu können. So führen ständige X-Angriffe auch ans Ziel und hochleveln muss man sich sowieso, bevor man den nächsten Boss in Angriff nehmen kann.
So ist auch die Gegner-KI etwas dürftig. Sie laufen einfach umher und greifen ein wenig an. Dies reicht zwar, um euch unter Druck zu setzen, aber manchmal fragt man sich, was mit den Gegnern los ist, wenn sie einfach hinter einem Objekt hängen oder freiwillig in große Sägeblätter reinlaufen.
Multiplayer
Das Herzstück eines jeden Sidescrollers ist der Mehrspieler-Modus. Bis zu vier Leute gleichzeitig (Warum eigentlich nicht 5? So viele Bandmitglieder und Klassen gibt es ja?!) entweder lokal oder über Xbox Live ins Gefecht laufen. Erst mit mehreren Leuten macht das Spielen so richtig Spaß und bietet auch einen Schwierigkeitsgrad, der für alle annehmbar ist. Denn hier kann auch von seinen Teammitgliedern wiederbelebt werden! Tücken hat der Multiplayer allerdings auch. So kann es ganz schön nervig sein, wenn alle Mitspieler gerade an ihren Klamotten tüfteln, sich Tutorials durchlesen, während ihr darauf wartet, weiterzulaufen und zu kämpfen. Die umfangreichen RPG-Elemente werden in diesem Moment zum Hindernis und verlangsamen das Spiel. Oder schlimmer noch: Ein Mitspieler ist am Tüfteln, während des Bosskampf in vollem Gange ist!
Aber die Tücken gehen weiter... So ist es über Xbox Live nicht möglich zu bestimmen, welche Erfahrung die Mitspieler haben sollen. Ihr startet also fröhlich mit einem Level 3 oder Level 6 Charakter, während andere euch joinen und bereits Level 46 sind. Dieser riesige Unterschied führt dazu, dass ihr nicht mehr viel zu kämpfen habt, durch einfache Levels hindurch rast und bei schweren immer sofort tot seid (aufgrund der starken Gegner). Aber es wird noch schlimmer: Es gibt Friendly Fire! Nichts ist blöder, als wenn man bei dem Bildschirm-Wirrwarr seine Monsterattacke auslöst und dabei zwei Teammitglieder tötet! Oder wenn bescheuerte Xbox Live Mitspieler aus Langweile ihre Teamkollegen ständig töten... So etwas hätte echt nicht sein müssen, auch wenn es den ,,Anarchie"-Charakter des Spiels unterstreicht.
Insgesamt macht der Mehrspielermodus, besonders lokal zu zweit oder zu vier an der Konsole, Spaß und das Spiel erlebt hier seine größten Momente. Der monotone Sound, das repetitive Gameplay und die fehlende Sprachausgabe nivellieren sich durch die Gesellschaft und man konzentriert sich rein auf den Spielspaß beim Zerhacken von Zombies und anderen fiesen Gegnern!
Fazit
Zu hundert Prozent kann Charlie Murder nicht überzeugen, dafür ist so einiges zu eintönig. Der Sound ist etwas schwach und hätte etwas mehr Personalisierung (wie z.B. eine Sprachausgabe, einen Erzähler o.Ä.) gebraucht, das Gameplay ist sehr repetitiv, alleine ist es zu schwer, im Multiplayer herrscht Anarchie, Gegner-KI ist schlecht und tiefgründiges Gameplay wie komplizierte Kombos oder noch viel mehr Angriffe und Möglichkeiten sucht man vergebens.
Nichts desto trotz: Charlie und seine Bande machen Spaß. Insbesondere im Multiplayer kann das Gameplay von Chaos und Tohuwabohu enorm profitieren. Am besten spielt man mit Freunden, denn Friendly Fire ist per Xbox Live nervig. Die Präsentation ist sehr gut und der Punkstil durchweg gelungen - auch wenn es hie und da an Details fehlt.
Für den Summer of Arcade ist es ein nettes Spiel, das bestimmt einiges Suchtpotential beinhaltet, insofern man nicht gerade von einem anderen Spiel abgelenkt ist. Die ausgeklügelten Rollenspielelemente tun ihr Übriges dazu bei, immer weiterleveln zu wollen. Schlussendlich ist es ein nettes, gelungenes Spiel, bei dem man aber überlegen muss, ob man genügend Freunde zum Mitspielen hat und einem das Ganze dann auch fast 10 EUR wert ist.