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Tabletop-Rollenspiel für Xbox One: Das funktioniert tatsächlich! In einem Fantasysetting treten Fabelwesen gleichzeitig gegeneinander und gegen den König an. Wir haben Armello getestet und sagen euch in unserem Review, warum man viel Geduld mitbringen muss und es besser aussieht, als es sich schlussendlich spielt.

Von Hasen, Wölfen, Raben und Würfeln

Das Fantasysetting ist ganz klar gesetzt und hat einen Charme, den man nicht bestreiten kann. Man schlüpft in die Rolle eines Charakters (sei es Hase, Wolf, usw.) und begibt sich so denn gegen andere Spieler und den König (ein Löwe natürlich) in den Kampf. Gewinnen kann man bei diesem Brettspiel auf verschiedene Weisen, es läuft aber eigentlich immer auf den Tod des Königs hinaus. Dieser ist nämlich von der Pest befallen und verliert alle zwei Runden an Gesundheit. Somit ist das Ende des Spiels auch stets abzusehen.

Aber wie spielt sich das Ganze? Nun, Armello hat zwar ein auf den ersten Blick komplexes Regelsystem mit verschiedenen Spielerwerten, Einheiten und Karten, die man ziehen kann; doch dies lernt sich alles recht schnell. Das Spiel bietet ein sehr gutes Tutorial und man kann während des Spiels stets alle Grundlagen im Menü nachschauen.

Prinzipiell spielt es sich wie viele andere Tabletops auch. Ihr könnt euch i.d.R. drei Felder weit bewegen und während eurer Runde verschiedene weitere Aktionen ausführen. So könnt ihr Karten ausspielen (mit verschiedenen Effekten, z.B. Items die euch Rüstung verschaffen, Zauber die Gegner angreifen, oder auch Gefahren, die ihr auf Felder platzieren könnt) und auch Gegner (z.B. andere Spieler, Königswachen oder Raben) angreifen. Kämpfe spielen sich mit Würfeln, aber man kann den Ausgang des „Zufalls“ auch stark steuern (indem man Karten verbrennt oder mit ausgerüsteten Items in den Kampf geht). Ich will allerdings nicht auf die komplette Spielmechanik eingehen, da dies viel zu viel Text erfordern würde. Ziel ist es, entweder am meisten Ansehen zu bekommen (durch Töten anderer Spieler, durch Quests o.Ä.), den König im Direktkampf zu töten, vier magische Steine sammeln, oder den König in einem Kampf um die Pest (wer von euch hat mehr „Fäule“?) zu schlagen. Es scheint jedoch so, dass es meist so ist, dass die Prestige-Strategie die einfachste und die Pest-Strategie die schwierigste ist…

Schön anzusehen

Ein kurzes Wort zur Präsentation: Armello ist grafisch sehr beindruckend. Für ein kleines Brettspiel dieser Art wurden sehr viele Details in das Charakterdesign und die Artworks (z.B. auf Karten) gesteckt. Auch die Kämpfe mit animierten Comicfiguren passen wunderbar und alles sieht sehr magisch, verspielt aus. Man sieht, wie viel Mühe man sich gegeben hat, dem Spiel einen einzigartigen, fantastischen Charakter zu geben. Hier kann man das Spiel nur loben!

Weniger prickelnd fand ich persönlich die Vertonung. Die Musik und die Soundeffekte sind allgemein auf einem guten Niveau, die Musik ist sogar sehr gut, allerdings wiederholt sie sich etwas zu oft in einem Spiel. Enttäuschend fand ich persönlich eine fehlende Sprachausgabe, die z.B. Quests oder sonstige Ereignisse in einer schönen Erzählerstimme vorgelesen hätte. Das märchenhafte Setting wirkt irgendwie unvollendet ohne einen ruhigen Erzähler mit tiefer Stimme. Die Quests einfach nur lesen ist irgendwie nicht so spannend… Auch die Spielfiguren sprechen nicht, was sie zu austauschbareren Charakteren macht. Es fehlt so ein Hauch an Persönlichkeit und das Potential wurde hier nicht vollends erreicht.

Runde für Runde… auf gut Glück?

Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt… Denn das, was am Gameplay anfangs alles so kompliziert klingt, ist es nur am Anfang. Denn schnell hat man den Dreh raus und spielt drauf los. Allerdings muss ich sagen, dass das Spielprinzip nur die ersten paar Runden Spaß macht und sich das Ganze nach und nach wendet. Doch warum? Es ist schwer zu beschreiben, denn nach und nach hat mich das Spiel nur frustriert und es wurde auch zunehmend langweiliger. Ich kann es mittlerweile an ein paar Eckpunkten festmachen.

Da wäre zum einen schon einmal die Gewinnbedingungen. Aufgrund des Gameplays und den teilweise sehr schwierigen Aufgaben und Quests, tendiert alles dazu, das meiste „Ansehen“ („Prestige“) zu bekommen, indem man andere Gegner oder Krähen tötet, usw. Somit wird der König zur Nebensache und so lange kein anderer Spieler später im Spiel versucht, ihn anzugreifen, ist man auf der gewonnenen Seite.

Dann haben wir das Gameplay an sich, das frustrieren kann. Denkt daran: Es ist ein Karten/Brettspiel. Das heißt, dass sehr viel vom Glück abhängt. Die beste Strategie hilft nicht, wenn man schlecht würfelt, oder ständig unnütze Karten aus seinem Deck zieht. Dies kann besonders als einzelner Spieler gegen KI sehr frustrierend sein.

Und wieso ist es frustrierend? Weil jeder Fehler viel kosten kann. Ihr könnt euch normalerweise nur drei Felder weit bewegen. Wenn ihr euch einmal vertut und plötzlich auf einem Moor landet (kostet einen Gesundheitspunkt), kann das im nächsten Zug euer Leben kosten. Dann heißt es: -1 Ansehen und zurück an den Start! Manchmal wirkt die begrenzte Zahl an Leben, die man zur Verfügung hat, wie ein zusätzlicher Grad an Schwierigkeit.

Allerdings ist das, was am meisten an der Spielmechanik stört, das Warten und das Gefühl des Alleinseins! Das Problem mit der eingeschränkten Aktionsweite (sowohl im Gehen als auch im Angreifen oder benutzen von Zaubern) ist, dass dadurch sehr wenig Interaktion mit anderen Spielern entsteht. Einen großen Pakt mit anderen schließen bringt nicht viel. Andererseits ist es auch so, dass sich die Pfade der verschiedenen Spieler, aufgrund der sehr unterschiedlichen Quests, nur selten kreuzen. Man steht sich normalerweise nicht im Weg, sondern greift sich gegenseitig nur an, weil jemand in der Nähe war und man das Ansehen brauchen kann.

Durch diese mangelnde Interaktion der Spieler untereinander entsteht eben dieses Problem: Man hat das Gefühl man spielt alleine. Und das nervige daran: Man muss ewig warten! Dies liegt auch wiederum in der Natur der Sache, aber das Warten auf ein Ende der Runde kann sich als Nervenzerreißprobe darstellen. Ja, es ist normal, dass andere Spieler auch überlegen müssen, sich Zeit nehmen, usw., aber anderen bei Kämpfen zusehen, wie immer wieder gewürfelt wird, ohne dass man großartig selbst aktiv sein kann, das ist eine Geduldsprobe. Die Folge ist, dass aufgrund der schnellen KI und der Möglichkeit, Kämpfe und Züge zu beschleunigen, Singleplayerspiele so ungefähr eine Stunde dauern, bei Multiplayerspielen dagegen schnell mal zwei oder mehr Stunden draufgehen.

Die Krux ist schließlich, dass die Gameplaymechanik nicht ausgereift genug ist, um auf der Konsole wirklich großartig Spaß zu machen. Sicherlich mag es anfangs durch seine phänomenale Präsentation und sein intelligentes und recht ausgeglichenes Gameplaykonzept zu betören, doch schnell ist man von eigenen Fehlern, unfairen Würfeln und ewiger Warterei so frustriert, dass man einfach die Lust verliert, weiterzuspielen.

Fazit

Leider kann Armello nicht so überzeugen, wie ich es mir für dieses Spiel gewünscht hätte. Man startet in Ekstase, ist von der Präsentation, den fantastischen Artworks, dem komplexen Regelwerk und den vielen Facetten begeistert… doch dann dreht sich das Ganze um und man verliert ganz schnell die Lust. Das liegt vor allem an einer nicht ausgeglichenen Gameplaymechanik, die ungleiche Gewinnbedingungen hat, einen im Multiplayer sehr, sehr viel warten lässt und schlussendlich zu viel vom Glück der Würfel abhängt.

Armello ist und bleibt kein schlechtes Spiel und ist sicherlich für so manch einen unterhaltsam, besonders dann, wenn man es mit Freunden spielen kann. Aber alleine oder gegen Fremde zu spielen, ist nur anstrengend, dauert viel zu lange (ein Spiel kann gut zwei Stunden dauern!) und bietet letztendlich nicht genug Variation im Gameplay, besonders wenn man nur einen einzigen Spielmodus immer wieder spielen muss. Schade: Besonders die Präsentation verleitet einen dazu, das Spiel irgendwie mögen zu wollen. Armello wäre wahrscheinlich auch ein gutes Brettspiel. Aber sicherlich kein gutes Videospiel…


Bewertung

Pro

  • Wunderschöne Präsentation
  • Recht ausgeglichene Charaktere
  • Komplexe, aber einfache Spielregeln

Contra

  • Ungleiche Gewinnbedinungen
  • Unglaublich langsamer Multiplayer
  • Kann aufgrund des Glückfaktors frustrieren
  • Spiele haben keine Variationen und dauern zu lange

Grafik / Stil 10 von 10
10/10
Sound 7 von 10
7/10
Gameplay 7 von 10
7/10
Spielspaß 5 von 10
5/10
Multiplayer 5 von 10
5/10
6

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