
Die Kunst einen Review-Titel zu bewerten und wie bewerte ich einen Spieletest...
Spieletests gibt es sicher schon so lange wie es Spiele gibt. In den 1990ern, als ich mich mit Sega Megadrive und der ersten Playstation beschäftigte, las ich Spielemagazine wie am Fließband. Damals steckte das Internet noch in den Kinderschuhen und wenn es um neue Videospieltitel ging, war ein Griff in verschiedene Fachzeitschriften Pflicht.
Damals stand bei mir das Magazin "Maniac" hoch im Kurs, denn da steckten meiner Meinung nach immer sehr unparteiische sowie aussagekräftige Previews und Reviews drin. Mir ging es immer nur um diese Tests und ich weiß nicht, ob es in diesem Heft auch immer eine Rubrik gab, in der man nachlesen konnte, was die Redakteure gerade spielen und wie sie es kurz und knapp bewerten bzw. was sie für einen Eindruck haben. Kann aber auch sein, dass es ein anderes Spieleheft war. Hab es auf jeden Fall immer gern gelesen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich bei den Test als erstes auf das Bewertungsergebnis geschaut."Boah, nur 80%...ist ja doch nix Besonderes"..."92% Irre, muss ich sofort kaufen" Naja, die Prozentzahl war für mich ausschlaggebend, ob ich überhaupt den Test lesen soll oder ob es ausreicht einen kurzen Blick auf die Plus-/Minuspunkte zu werfen. Im Nachhinein muss ich sagen, wichtiger ist eigentlich generell der Reviewtext, das hilft bei der eigenen Vorbeurteilung und nicht die Punktzahl unterm Strich...denn baue ich mein Vorurteil auf 80% auf, verpasse ich vielleicht den Titel, nach dem ich persönlich seit etlichen Zeiten suche und werfe bei 92% mein Taschengeld zum Fenster hinaus. Es kommt wie bei vielen Dingen eben auf die Inneren Werte an, will ich mir ein entscheidenden Teil vom Gesamtbild machen, welches mir zeigt, was ich vom Review-Titel erwarten darf bzw. worauf ich mich einlasse, wenn ich mich für einen Kauf entscheide.
Seit es Internet gibt bzw. spätestens seit es XBoxUser.de gibt ;) ..., ist das Interesse an Games-Zeitschriften rückläufig. Ich schaue seit Jahren nicht mehr in diese Zeitschriften. Heute kann man sich schnell und kostensparend zu jedem Game einen Überblick verschaffen, in dem man sich Newsinformationen über interessante Spiele durchliest, Screens und Trailer ansieht oder eben auch Reviews in die Kaufentscheidung mit einfließen lässt. Natürlich darf man auch die Meinung von Freunden und Bekannten nicht vergessen, die sicher nicht unwichtig ist.
Nun bin ich schon längere Zeit selbst ein XBoxUser.de-Redakteur und versuche mit meinen Reviews den gewissen Anteil zu liefern, den der Kaufinteressent durch einen sehr unparteiischen und aussagekräftigen Spieletest wünscht. Wenn der Kaufinteressent nicht nur die Prozentzahlen "mitnimmt", kann er bestenfalls auch ein wenig Feeling "mitnehmen", denn meiner Meinung nach, geht es weniger um die Summe der vergebenen Prozente zu den Bewertungs-Sparten. Diese sind in meinen Augen nur eine fein justierte sowie greifbare Ausdrucksform von "Mega geiles Hammergame", "Jahrhundertgame", "Super Game", "Bombe", Joo gut", "Echt gut", "Geht so", "Müll", "Kannste vergessen".
Viel wichtiger ist aber das warum, wieso, wie wirkt das Game, hat es Auffälligkeiten und welchen Einfluss haben sie auf den Gesamteindruck. Wie ist der Einstieg und die Steuerung und und und...und worum geht es überhaupt? Es gibt so viele Kriterien und so viele Punkte, die jeder individuell empfindet und bewertet.
Auf der anderen Seite muss sich der Reviewer vor Augen halten, dass er den Test für verschiedene Interessengruppen auslegen muss und aus diesem Grunde ein Test aus verschiedenen Blickwinkeln in das Review einfließen sollte . Nicht alle Shooter-Fans spielen nur Shooter, Nicht alle Sport-Fans spielen nur Sportspiele usw. Ein Sportspiel nur für Sportspiel-Fans reviewen ist sicher bedeutend einfacher, als wenn man das Spiel für unterschiedliche Sorten von Interessenten testet. Hier den bestmöglichen Mittelweg zu finden, ist nicht nur eine äußerst interessante Herausforderung, nein...es ist auch eine unheimlich schwere Aufgabe für den Reviewer.
Idealerweise deckt man mit seinem Review alle möglichen Spieler-Typen ab, denn man weiß ja nicht, welche Arten von Interessentengruppen sich für dieses Game und dieses Review interessieren und darauf hoffen, hier die entscheidenden Fakten zu finden. Ob dies wirklich und vor allem immer möglich ist, darf bezweifelt werden. Man muss dies aber auch nicht überbewerten, es ist bereits ein erfreuliches Ergebnis, wenn sich der Interessent der sich das Review durchliest, einen informativen Überblick verschaffen kann und er das Gelesene mit in seine Entscheidung einfließen lassen kann, ob das Spiel für ihn selbst eventuell etwas ist, oder aber weniger zusagt.
Wenn ich ein Spiele-Review erstellen will, schaue ich mir das Game am Besten unvoreingenommen an, heißt...ich lese vorher keine anderen Reviews über den Test-Titel. Denn ist es durch andere Reviews bereits "kaputt geschrieben" oder "in den Spielehimmel befördert worden", bleibt dies beim eigenen Test irgendwo im Hinterkopf, bevor man die Eindrücke an sich heran lässt, egal ob man das will oder es nicht will. Nach dem Ersteindruck, der sich in der Regel ja mehr oder weniger zügig ergibt, schaue ich auch gern über den Tellerrand und lünker mal zu den ausgesprochenen Kritikpunkten und Jubel-Fakten, über die man so zu berichten weiß. Da kein Tester bisher das Rad wirklich neu erfunden hat, finden sich dort meist keine riesigen Überraschungen oder Hingucker. Manchmal irritiert ein mehrfaches Hervorheben von starken Rucklern, obwohl man selbst gerade die flüssige Präsentation positiv erfahren hat. Dann gibt es sicherlich noch andere Punkte, die man durch die verschiedensten Reviews erfährt....Dies ist beispielsweise bei Autotests nicht anders, ist die Beinfreiheit gering, dann ist sie halt gering und genauso ist es mit aufploppenden Grasbüscheln...entweder sie ploppen auf oder sie ploppen eben nicht auf. Aber auf Grund einer zu knapp gewählten Beinfreiheit allein, ist ein Auto sicher nicht gänzlich schlecht und aufploppende Grasbüschel allein, machen ein Spiel nicht gänzlich schlecht.
Auch ein Missionsablauf der darauf aufbaut, dass man immer wieder mit Jemandem sprechen muss, um dann einen Datenträger, eine Virusprobe oder einen Kristallstein zu besorgen...um dann wiederum mit Jemandem reden zu müssen, der einen befiehlt dies oder jenes zu tun.
Wer solche Missionsabläufe nicht mag, der mag sie nicht. Anderen Spielern gefällt dies und sie erledigen mit großer Freude Aufgaben, die sich zwar im Grunde ähneln, aber durch verschiedene Settings, Areale oder Gegnertypen unterscheiden. Vielen macht dies Spaß, anderen macht dies widerum keinen Spaß.
Aber wieso wird dies von manchen einmal als niederschmetternder Kritikpunkt angesehen und bei vergangenen Titeln hochgelobt. Warum macht ein solcher Missionsablauf beispielsweise bei Fallout 3, Fable 2, Oblivion, Mass Effect oder Borderlands einen guten Eindruck und bei einem aktuellen Spiel wie James Cameron's Avatar: Das Spiel, einen vernichtend schlechten Eindruck. Warum passt das da, aber keinesfalls hier? Warum passt eine freie Steuerung -die nicht supergenial feinfühlig dosierbar ist- bei Oblivion und bei Avatar: Das Spiel ist es eine ausgesprochene Frechheit?
Es gibt noch viele ähnliche Punkte, die ein Spiel bei manchen Testern vernichtend wirken lassen. Und es ist auch deren Recht, dies hervorzuheben....aber eines sollten sie nicht vergessen: Nicht, weil mir etwas spezielles nicht gut gefällt oder mir nicht gut genug vom Entwickler umgesetzt wurde, ist es ein schlechtes Spiel. Denn wenn es so wäre, wie soll jemand nachvollziehen können, dass ein American Football Game, welches eine so enorm schwere Steuerung und Taktikumsetzung beinhaltet, ein Sport-Referenztitel sein kann. Und im Grunde werfen die sich auch nur immer wieder blödsinnig auf den ballführenden Spieler...sehr eintönige Missionsabläufe...ewig diese Touchdowns erzielen zu müssen und der Kickoff ist auch total überzogen schwer gestaltet. Blödes Spiel 60%
Einfach mal Wert auf den Reviewinhalt legen und schauen, was man daraus mitnehmen kann...und vor allem bedenken: Oft wirkt jedes Spiel auf jeden Spieler anders und manchmal wirkt ein Spiel auf jeden Spieler fast gleich. Oft spielt man ein Spiel, weil es viele Freunde auch spielen und manchmal spielt man ein Spiel gar nicht, weil es so viele andere schlecht machen...Ein Review ist ein Teil von Eindrücken, die einem voraussagen können, ob das Spiel für einen persönlich interessant sein könnte...nicht mehr und nicht weniger. Letzten Endes wird man es erst feststellen, wenn es in der eigenen Konsole läuft...
Viel Spaß beim Lesen von Reviews und nicht immer auf die Prozente schauen, denn mein aktuelles Lieblingsgame hat auch nur 84% und ich muss immer irgendwelche Kristalle, Liedstrophen und sonstiges Gedöns besorgen und dahin gehen und dann wieder dorthin gehen und die Steuerung ist sehr empfindlich, vor allem, wenn immer Grasbüschel aufploppen. Es ist für mich nur eines der schönsten Games, die ich je gespielt habe....mehr nicht.
Quelle:
8 Kommentare
XBU monk Di, 15.12.2009, 22:46 Uhr
Bei mir ist es so: Erst schau ich mir das Fazit an, und dann lese ich das Review, wenn ich noch mehr infos haben will...
bloodhunter Di, 15.12.2009, 13:25 Uhr
Genauso ist es. Assi hat eiglt alles soweit gesagt :smt023
XBU Power Hansen Di, 15.12.2009, 09:03 Uhr
Sehr schöner Eintrag und vor allem sehr interessant!
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich meistens nicht die Zeit finde mir die Reviews komplett durchzulesen und mich auch nur auf das Fazit und die Bewertung beschränke. Meistens langt mir das aber auch als Kaufentscheid.
Abgesehen von der Tatsache, dass ich mir fast nur "Blockbuster-Titel" kaufe, die so oder so gut sind.
XBU Böhser Onkel Di, 15.12.2009, 08:12 Uhr
Schöner Blog Dirty wie immer eigentlich.:smt003
Ich lese auch seeehr selten noch Gamemags weils einfacher ist sich im Netz die Infos die man möchte zu besorgen.
Früher habe ich auch sehr auf die Wertungen geachtet und Spiele ab 85% aufwärts fast blind gekauft heute geb ich jedem Titel ne Chance von dem ich denke er könnte interessant sein.
Da finde ich es immer lustig wenn mich Leute anschreiben und meinen "Was spielst du denn da das Spiel hat doch nur 65 % bekommen".
Ich hab durch das viele Tauschen schon so manche Perle entdeckt die ich mir wohl aufgrund nicht so praller Reviews nie zugelegt hätte.
Digger Mo, 14.12.2009, 20:52 Uhr
Genau auf den Punkt getroffen "der Tester an sich ist auch nur ein Mensch", mit Fehlern Ecken und Kanten.
bevor ich mir ein spiel Kaufe das ich länger spielen möchte, lese ich normalerweise immer 4 - 5 Test in verschiedenen Zeitschriften (auch als Konsolero lese ich dazu mal ne PC Zeitung) und schaue in einigen Internetmagazinen nach.