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Wie man es mit einer Kickstarter-Kampagne richtig macht, zeigt das deutsche Projekt "The inner world". Das Point'n Click in süß handgemalter Grafik erzählt eine klassische Geschichte mit klassischem Gameplay und begeistert, weil es so treu zu seinem Genre ist... Wir haben das Spiel einige Wochen vor Release getestet.

Süß, naiv, und doch etwas für Erwachsene

"The inner world" erzählt die Geschichte von Robert, der in Asposien lebt. Asposien ist die "innere Welt", die binnen einem Hohlraum, umgeben von Erde existiert und mit Windtunneln an Atemluft kommt.

Die kuriose Story fokussiert sich aber eben auf Robert, einen kleinen Waisenjungen, der naiver nicht sein könnte. Er arbeitet für Conroy, verehrter Chef des Klosters, doch ihm ist eine Taube abhanden gekommen. Auf der Suche nach der Taube und der gewieften Diebin beginnt die Story...

Und die Geschichte präsentiert sich durchweg als charmant, witzig und clever. Zwar ist die Gesamthandlung recht genretypisch und nichts Außergewöhnliches, so wissen aber die skurrilen Charaktere und das sehr durchdachte Setting mit der einzigartigen Welt durchaus zu überzeugen. Schnell merkt man auch, dass der doch etwas kindisch anmutende Comiclook von einer erwachseneren Thematik (und Humor) durchbrochen wird. Das fängt beim Müllverkäufer an, dem man gefundenen Schnaps anbieten kann und geht weiter zu gewissen, leicht erotischen Anspielungen einer gesetzten Barkeeperin. Wenn die Robert dann ihre Sünden ins Ohr flüstert und er einfach nur sprachlos ist, bleibt einem als Beobachter dieser Szene ein Lachen nicht aus.

Das Thema zieht sich durch: Der naïve Robert lässt öfter mal Sprüche fallen, die einen sofort zum Lachen bringen. Klickt man auf einen sehr tiefen Abgrund, kommt in etwa ein Spruch wie "Ich plane momentan keinen Selbstmord". Versucht man, Bärenfallen anzufassen, oder über sie hinwegzugehen sagt er lediglich: "Ich könnte natürlich über die Bärenfallen gehen, doch dann würde ich sterben." Die Naivität des Hauptcharakters, der gleichzeitig prägnant die Sachverhalte beschreibt, resultiert in einem sehr gelungenen, schwarzen Humor.

Schön ist, dass Spiel von deutschen Entwicklern sowohl eine sehr gute deutsche, wie auch eine sehr gute englische Synchronisation hat (wobei auf Englisch sich ein-zwei Übersetzungsfehler hineingeschlichen haben).

Point & Click auf Xbox One

The Inner World ist ein ganz klassisches Point'n Click – und das von der ersten Minute an. Ihr könnt Objekte ansehen, mit ihnen interagieren, ihr könnt Objekte in euer Inventar aufnehmen und diese mit der Umgebung oder mit anderen Objekten kombinieren. Bereits von der ersten Spielminute an ergeben sich dadurch komplex ineinander verstrickte Rätsel, wie man es aus dem Genre kennt und liebt.

Die Steuerung auf der Xbox ist ungewohnt und meines Erachtens nicht perfekt gelungen. Steuert man auf dem PC natürlich mit der Maus und klickt alles Mögliche an (wie auf der Xbox z.B. auch Armikrog), kann man auf der Konsole euren Protagonisten direkt steuern und zum Auswählen klickt man sich durch die verschiedenen "Anklickzonen" mittels RB und LB. Doch daran sind zwei Dinge, die nicht gut funktionieren: 1. wird einem ein Teil des Spielspaßes, bzw. des Rätselns nicht mehr zugänglich, da man sofort sieht, was man alles anklicken kann und man dadurch eigentlich auch nichts übersieht. 2. ist die Steuerung sehr mühselig, da man zum einen lange braucht, um sie zu verstehen und zum anderen sich oftmals durch mehrere Dinge hindurch klicken muss, um endlich das ausgewählt zu haben, was man eigentlich anklicken wollte. Mittels einer Mauscursors klickt man einfach sofort auf das, was man möchte. Das geht schneller und präziser. Vielleicht gäbe es eine bessere Lösung für Point'n Clicks auf der Xbox...

(Un)logische Rätsel mit Hilfestellung

War ich selbst beim Spielen anfangs noch recht überfordert mit den Möglichkeiten im Gameplay, alle möglichen Objekte mit allen möglichen Dingen zu kombinieren und manchmal auch einfach durchzuprobieren, hatte ich doch die Rätselstruktur nach einer Weile recht schnell raus. Hier mögen die Geister ganz klar auseinander gehen, aber ich fand die Rätsel sehr gut ausbalanciert: Zwischen schwer, unlogisch und abstrus bis hin zu offensichtlich und einfach. Meist handelt es sich um Herbeihol-Aufgaben, so dass man öfters hin und her geht, um bestimmte Objekte zu ergattern. Hierzu redet man mehrmals mit Personen, kombiniert Objekte und versucht logische  Schritte zu gehen. Man kann allerdings schnell mal auf dem Schlauch stehen, denn öfters liegt die Lösung der Rätsel nicht direkt auf der Hand. So ist das Genre eben.

Doch dazu hat "The Inner World" etwas Geniales parat, was ich selten so gut gesehen habe: Ein mehrstufiges Hilfesystem. Die aktuellen Aufgaben kann man stets mit LT prüfen und man kann sich vom Spiel diverse Tipps bis hin zur Lösung des Rätsels geben lassen. Steckt man fest und ist frustriert, reicht es, sich einen Tipp anzuschauen. Hilft der noch nicht, gibt's den nächsten und so weiter und so fort. Die Tipps sind graduell und ermöglichen euch, nicht sofort alles zu wissen, sondern geben anfangs lediglich kleine Anstupser, in welche Richtung ihr überlegen sollt. Toll gemacht! Auch wenn es manchmal dazu verleitet, schnell alle Tipps zu lesen...

Fazit

Man kann "The Inner World" sicherlich an vielen Stellen kritisieren. Die Grafik wirkt, trotz handgemachter, schöner Zeichnungen, besonders in den Animationen recht primitiv, die Hintergrundmusik und die Sounds hört man sich schnell "satt", die Story ist nicht überaus einfallsreich, der Umfang ist mit 4-5 Spielstunden nicht überaus beindruckend, die Steuerung kann manchmal etwas nerven und die Rätsel sind teilweise echt knifflig und unlogisch. Und dennoch... es bleibt ein durchweg gelungenes Spiel.

Denn der Gesamteindruck bei "The Inner World" stimmt einfach. Es sind die vielen, einzelnen Elemente, die überzeugen, und aus dem recht kurzen Adventure ein mehr als unterhaltsames Rätselspiel machen. Der Stressfaktor ist gleich Null, die Story und die Charaktere süß und gut geschrieben. Gerade das Kerngameplay, das ein wirklich klassisches Point'n Click ist und viele witzige Dialoge beinhaltet, weiß bei Fans des Genres zu überzeugen. Wer gerne lange probiert, versucht, kombiniert und viele Gespräche mit verschiedenen Protagonisten führt (das komplette Spiel ist sowohl auf Deutsch, wie auf Englisch spielbar), der wird hier sicherlich seinen Spaß haben. Für ein Indie-Spiel ist es absolut grandios und unterhaltsam. Auf eine Fortsetzung würden wir uns freuen!


Bewertung

Pro

  • Schöne, handgemachte 2D-Grafik
  • Gute deutsche und englische Synchronisation
  • Solide Story mit süßen Charakteren
  • Teils genialer schwarzer Humor
  • Klassisches Point'n Click mit Rätseln und mehrstufigem Hilfesystem

Contra

  • Animationen meist sehr karg
  • Hintergrundmusik und -geräusche können nerven
  • Rätsel manchmal sehr komplex und unlogisch
  • Steuerung auf Xbox One nicht optimal
  • Etwas kurz (4-5 Stunden)

Grafik 8 von 10
8/10
Sound 7 von 10
7/10
Story 7 von 10
7/10
Gameplay/Steuerung 6 von 10
6/10
Spielspaß 9 von 10
9/10
Umfang 7 von 10
7/10
XBU-Silver-Award
8

1 Kommentar

XBU MrHyde Fr, 03.03.2017, 17:08 Uhr

Gefällt mir optisch gut und werde ich mir sicher irgendwann holen. Muss aber erst noch das ein oder andere Spiel vorher beenden, was ich noch auf der Platte habe.