
Ein weiteres Indie-Spiel kommt für die Xbox One auf den Marktplatz. Für knapp 5 Euro erwartet euch bei ,,Three Fourths Home" ein Klick-Spiel, welches euch vor alternativen Antwortmöglichkeiten stellt. Eine herzergreifende Geschichte einer sich langsam von ihrer Familie entfremdeten jungen Frau... und ihr müsst das Gespräch mit den Eltern inmitten eines Tornadosturms leiten. Wir haben uns das Spiel angeschaut und berichten in unserem Review, um was es denn da jetzt eigentlich geht!
Grafik
Obwohl grafisch gesehen alles unglaublich simpel gehalten ist, gefällt die Präsentation doch irgendwie. Das Spiel ist eigentlich komplett schwarz und weiß, aber es stört nicht und unterstreicht die Atmosphäre, die durch die Story kreiert wird, sehr gut. Ein Klecks Grau hier und ein Klecks Schwarz dort. Der ständige Regen, der einfach als weiße Streifen durchs Bild tropft, ein Donnern und das Einschalten des Lichts am Auto... Alles wirkt sehr gut durchdacht und wirkt wie ein kleines Kunstwerk für sich. Allerdings fehlt manchmal die Abwechslung in der Umgebung - dies bemerkt man aber eigentlich nicht, da man sich größtenteils um die Dialoge kümmert.
Sound
Keine Synchronisierung, bzw. Vertonung der Dialoge! Das ist schade. Ich persönlich hätte es lieber gehabt. Allerdings entsteht so eher der Eindruck eines Buchs, das man beeinflusst. Man fühlt sich durch das Lesen teilweise mehr in der Geschichte drin, man kann Dialoge schneller weiterklicken (und muss nicht darauf warten, dass jemand fertig gesprochen hat) und muss sich den Ton oder den Ausdruck beim Lesen selbst denken. Es fördert die eigene Imagination.
Abgesehen von der fehlenden Synchronisierung ist die restliche Vertonung des Spiels aber erstaunlich gut. Es gibt Musik, die bleibt aber - wenn sie denn überhaupt in Erscheinung tritt - stets im Hintergrund. Die Atmosphäre entsteht durch das Rasseln des Regens, den laufenden Automotor, das Sirenengeheul von der Tornadowarnung, das Donnern des Blitzes usw. Insgesamt schafft das Spiel, wenn man sich darauf einlässt, gerade durch die grollenden Soundeffekte und den restlichen Minimalismus, eine echt geniale Stimmung, die man so eigentlich selten findet.
Story
Das Spiel glänzt mit seiner Geschichte, die eigentlich recht banal ist und auch ihr jähes Ende unspektakulär daherkommt. Aber die Art und Weise, wie es erzählt wird, ist sehr gut. Ich will hier nicht zu viel spoilern, da die ganze Entwicklung der Geschichte spannend ist, aber so viel will ich verraten: Eine junge Frau, die seit längerem von ihrer Eltern getrennt wohnt, empfindet plötzlich Heimweh und ruft auf dem Weg nach Hause ihre Mutter an. Ein Gespräch über die Vergangenheit, getroffene Entscheidungen, Ängste und Gefühle entwickelt sich. Man erfährt Stück für Stück mehr über die Familie und über das Leben aller Charaktere. Wie ein Buch entwickelt sich die Geschichte und bleibt, trotz recht einfacher Erzählstruktur, spannend.
Umfang
Hier wird es dann etwas... enttäuschend. Ich persönlich hatte gegen Ende hin Spaß am Spiel und wollte wissen, wie die Geschichte weitergeht. Es wurde auch bzgl. des Tornados, dem Unwetter das herrscht, immer spannender. Doch die Geschichte endet viel zu früh. Das Spiel ist viel zu schnell vorbei. Gerade, als sich alles entwickelt und die Hauptprotagonistin ,,auf drei-Viertel des Weges zu Hause" ist, hört das Spiel auf und lässt ein (sehr) offenes Ende zu. Der Abspann läuft, es gibt einen Epilog (in Form eines geträumten Prologs) und das war's. Nach knapp 2 Stunden ist alles vorbei. Ich fand es gerade deswegen ernüchternd, weil das Spiel aufgrund seines simplen Aufbaus und Gameplays gerade noch viel mehr Story ermöglicht, ohne große Entwicklungskosten reinzustecken. Die Geschichte hätte deutlich länger sein können. So haben wir nur ein kleines Taschenbuch, obwohl das Potential zu einem spannenden Urlaubswälzer da wäre. Für 5 EUR tatsächlich etwas wenig.
Spielspaß
Diese Kategorie ist für dieses Spiel unglaublich schwer zu bewerten. Durch sein absolut eigenes Genre und sein ganz spezielles Gameplay macht es sicherlich nicht jedem Spaß. Es ist kein Spiel für jedermann. Wer aber kein Problem mit Lesen hat und eine interessante Geschichte mag, der wird sicherlich den Kauf nicht bereuen. Die Einflussmöglichkeiten sind sehr gering und Spieler aller Altersklassen können ihre Freude daran haben; gerade aufgrund dessen, dass keine besonderen Reaktionsgeschwindigkeiten gefordert sind. Man kann das Spiel ,,in aller Ruhe" genießen.
Gameplay
Okay okay... Wie spielt es sich denn nun? Naja, im Prinzip... liest man nur Dialoge zwischen der Tochter und der Mutter, dem Vater und dem Bruder. Und... wählt stets zwischen ein paar Optionen im Dialog aus (möchte man trotzig, verständnisvoll sein; möchte man über Sachen reden: man kann teils den Inhalt der Story beeinflussen usw.). Und das war's dann auch mit dem Gameplay. Nervig an der ganzen Sache ist, dass man während des gesamten Spiels (!) RT gedrückt halten muss. Das ist das Gaspedal des Autos, in dem man fährt. Finde ich etwas blöd, da es absolut unnötig ist. Und man bekommt nach einiger Zeit Fingerschmerzen, weil man die Taste tatsächlich gedrückt halten muss, um im Dialog weitermachen zu können. Gameplay-mäßig also sehr, SEHR simpel, aber befriedigend. Der Epilog ist ähnlich, RT ist hier fürs Gehen. Nicht zwingend notwendig, bringt das Gespräch aber voran.
Fazit
Ich hätte nicht gedacht, dass das Spiel mich dann doch so in seinen Bann zieht, obwohl es derart simpel ist. Es ist wie ein beeinflussbares Buch, in dem sehr viel Stimmung durch die Sounds und die grafische Aufmachung transponiert wird. Auch für die Xbox One ein Spiel, das man tatsächlich gut spielen kann.
Es fordert allerdings die Aufmerksamkeit (lesen, lesen, lesen) und Fingermuskulatur (während des gesamten Spiels RT gedrückt halten...). Schade ist eigentlich nur, dass das Spiel so kurz ist. Die Geschichte erreicht gerade ihren Höhepunkt, es wird immer spannender, man hat gerade alle Personen richtig kennengelernt... da ist es schon vorbei und der Abspann läuft.
Das ist enttäuschend, gerade dann, wenn man sich in die Story hineingefunden hat und mehr wissen möchte. Man kann dann allerdings noch einen Epilog spielen und ein paar weitere Extras entdecken, aber im Prinzip ist nach zwei Stunden alles vorbei.
Wer weiß... vielleicht gibt es eine Fortsetzung? Für einen Indie-Titel auf alle Fälle spannend. Mir hat das kurze Abenteuer jedenfalls gefallen!
Bewertung
