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Nach dem guten „Crimes and Punishments“ (welches auch mit den Games with Gold gratis war) erwartet euch das nächste Spiel der Sherlock-Holmes-Reihe. Holmes und Watson haben eine leichte optische Veränderung hinter sich, aber das Gameplay bleibt größtenteils gleich. Wir sagen euch in unserem Testbericht, warum das neue Spiel nicht an Crimes and Punishments herankommt.

Von verschwundenen Personen und Mayaverschwörungen

Im neuen Sherlock Holmes warten einige neue Fälle auf euch, die es wieder mittels Hinweisen und Deduktionen zu lösen gilt. Der erste Fall fängt damit an, dass ihr den verschwundenen Vater eines hilflosen kleinen Jungens finden sollt, entwickelt sich aber zu etwas ganz Düsterem… Ähnliches für einen anderen Fall, indem sich ein „simpler“ Raubmord später als scheinbare Verschwörung eines Mayagottes herausstellt. Die Geschichten sind wieder sehr gut geschrieben worden und die Lösung liegt nicht immer auf der Hand – auch wenn es sich um Adaptionen oder leicht veränderte Versionen von originalen Fällen handelt. Das Storywriting ist stimmig und die Fälle sind stets spannend! Besonders das Lösen der Fälle, indem man die verschiedenen Hinweise kombiniert und die richtige Schlussfolgerung wählt, macht Laune.

Allerdings ist das restliche Gameplay leider nicht so spannend. Es hat sich im Vergleich zum Vorgängern wieder etwas verändert, aber eher zum Schlechten hin. So habt ihr zwar potentiell viel „Freiraum“ in eurer Bewegung, diese stellt sich aber dann als unnötig und lästig dar. Bereits der erste Fall zeigt sehr schnell, wie banal das Gameplay ausgebaut wurde. Ihr sollt eine Straße aufsuchen und könnt dazu etwas freier durch London laufen. Da gibt es auch einige NPCs… aber überhaupt gar nichts zu tun! Es gibt keine Nebenquests, es gibt keine Möglichkeiten mit der Welt zu interagieren, einfach nur ein leere Hülle, die Bewegungsfreiheit suggerieren soll.

Und nachdem ihr dann diese Geisterstadt, bewohnt von mechanischen Puppen und vollgepflastert mit Gebäudehülsen, einmal durchwandert habt, verbringt ihr den Rest vom Spiel mit „Schnellreisen“. „Schnell“ in Gänsefüßchen, denn die Ladezeiten zwischen den einzelnen Orten sind sooooo ewig lang, dass sie richtig nervig werden und einen angenehmen Spielfluss zerstören. Sowas darf einfach nicht sein.

Agent 00…221b…? Holmes. Sherlock Holmes?

Kurz gesagt: Action. In „The Devil’s Daughter“ gibt es eine ganze Reihe von Action-Sequenzen, die es so noch nicht in dem eher ruhigen Sherlock Holmes gab. Klingt nach einer guten Neuerung? Falsch gedacht: Mit Action hat es nur insofern zu tun, als dass der nervige, immer gleiche Dudel-Soundtrack unruhig wird und die Sequenz Gefahr simuliert. Ansonsten ist es eine Kombination aus Geschicklichkeitsspiel, Quick Time Events, Trial & Error Minispiel und ein wenig Zeitdruck.

Aber es passt einfach ganz und gar nicht ins Spiel! Beispiel gefällig? Wer die Verfolgungsmissionen in Assassin’s Creed schon dumm fand, der wird sie auch bei Sherlock Holmes nicht mögen. Einfach nur in einer gewissen Distanz einen Gegner verfolgen und immer hinter Deckung bleiben, damit er euch nicht sieht. Das zieht sich dann ewig hin…

Die Minispiele sind auch insofern komisch, als dass sie neue Gameplaymechaniken einführen, das Spiel sie aber danach gar nicht mehr benutzt. Es gibt eine einzige Verfolgungsmission. Es gibt eine einziges „Bowls“ (Boule) Minispiel (Gott sei Dank…), es gibt nur ein einziges Mal ein Labyrinth und nur eine Bombe zu entschärfen.

Die Action wirkt nicht nur im Gameplay forciert, sondern auch von der Story her. Holmes ist nicht der James Bond, der von einem schießenden Gegner spektakulär wegrennen muss – normalerweise antizipiert er so eine Begegnung und sorgt dafür, dass es gar nicht dazu kommt. In „The Devil’s Daughter“ wird Holmes zum Actionhelden voller Elan; das passt irgendwie nicht.

Nicht auf Hochglanz poliert

Vielleicht ist einfach zu viel Robert Downey Jr. in dem neuen Holmes. Wobei der etwas frechere, verwirrte Charakter der Person Holmes ganz gut kommt – sie wirkt zum ersten Mal nicht so kalt und emotionslos wie in den Teilen davor. Dafür rückt der neue, fesche Watson etwas zu sehr in den Hintergrund und spielt nur noch eine Nebenrolle. Eine neue Rolle ist die plötzlich eingeführte Tochter Holmes‘ (ist sie des Teufels Tochter…?), welche allerdings eher stört und in der Geschichte nur als kleiner roter Faden dient. Sie taucht immer mal wieder auf, es gibt immer ein paar mehr oder weniger ulkige Szenen mit dem überforderten Vater und ansonsten bleibt es ein pubertierendes Kind, das ja absolut nicht verstanden wird. Ein bisschen Klischee, aber gut, es lockert die Atmosphäre ein wenig auf.

Was die Atmosphäre allerdings wieder stört, ist die Technik, bzw. Grafik. Und hauptsächlich die Animationen stören. Denn der restliche grafische Eindruck ist eher positiv (auch wenn es reichlich Clippingfehler gibt und die Framerate oft dem Spiel hinterhereilt). So sind die Umgebungen wunderschön detailliert und abwechslungsreich gestaltet, Wohnhäuser sind vollgestopft mit (leblosen) Objekten. Auch die Licht- und Schatteneffekte wirken meist sehr akkurat. Was dem Ganzen aber so viel Atmosphäre abzieht, ist die, für Sherlock-Holmes-Spiele mittlerweile gewohnte, schlechte Animation der Figuren. Besonders die fehlenden Gesichtsausdrücke (eine hochgezogene Augenbraue ist das höchste der Gefühle) sorgen für unglaublich mechanische Zwischensequenzen und Dialoge. Wie soll man mitfühlen, wenn eine Person offensichtlich tief traurig, berührt ist, weint und gleichzeitig aber eine roboterartige Maske trägt und sich nichts der Gefühle im Gesicht widerspiegelt? Hier muss in Zukunft einfach mehr passieren. Gerade ein Spiel wie Sherlock Holmes, bei dem es um die Story, die Gefühle und die einzelnen Personen ankommt, muss es schaffen, mehr Emotion beim Spieler aufkommen zu lassen. Mit einer veralteten Technik funktioniert das leider nicht…

Fazit

Knapp daneben ist auch vorbei. „The Devil’s Daughter“ versucht Sherlock Holmes eine Prise mehr Action zu verleihen, tut das aber etwas tollpatschig. Unnötige Minispiele, Quicktime-Events und forcierte James-Bond-Momente braucht ein Sherlock Holmes einfach nicht. Auch unnötig großer Freiraum, der sich als Schein darstellt, ist etwas, was man nicht braucht und dafür sorgt, dass man sich viel mit etwas beschäftigen muss, was das Spiel nicht voranbringt.

Schlecht ist das Spiel aber sicherlich nicht. Wer sich durch den ersten Fall gequält hat, wird weiterhin spannende Geschichten aufdecken und auch bei dem klassischen Kombinieren der Hinweise und dem anschließenden Lösen der Fälle ganz schön grübeln. Grafisch ist man zwiegespalten, da man einerseits sehr schöne und detailreiche Umgebungen hat, andererseits die Animationen der Charaktere so mies ist, dass die Dialoge völlig an Emotionalität verlieren.

Als Sherlock-Holmes-Fan kann man weiterhin bei dem Spiel zugreifen und seinen Spaß haben. Die unnötigen Actionsequenzen und viel zu langen Ladezeiten können aber für so manch einen Frustmoment sorgen. Der Vorgänger war deutlich besser, da er sich auf das konzentriert hat, was bei Sherlock Holmes am wichtigsten ist: Spannende Kriminalfälle lösen!


Bewertung

Pro

  • Spannende und interessante Geschichten
  • Gameplay in punkto Fälle lösen sehr gut
  • Ansehnliche und detailreiche Umgebungen
  • Gute Synchro

Contra

  • "Action"-Minispiele unnötig forciert und nervig
  • Zu viele lange Ladezeiten
  • Animationen der Charaktere (insb. Gesichtsausdrücke) furchtbar
  • Musik wiederholt sich zu oft

Grafik 6 von 10
6/10
Sound 6 von 10
6/10
Story 8 von 10
8/10
Gameplay 6 von 10
6/10
Umfang 7 von 10
7/10
7

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