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Warm Lamp Game beschert uns mit Beholder ein Spiel das, ganz nach George Orwell, die düstere Welt eines totalitären Staates zeichnet. Wir spielen einen kleinen Bürger, der für Überwachungszwecke missbraucht wird und so in moralische Zwickmühlen gerät.

Zu Beginn lernen wir den Protagonisten Carl und seine Familie kennen. Carl wird eine Stelle als Hausmeister in einem Mehrfamilienhaus zugewiesen doch ganz so einfach ist es nicht. Er soll auch dem Staat seinen Dienst erweisen und die Bewohner im Auge behalten, für die er verantwortlich ist. Dank eines experimentellen Serums hat er kein Schlafbedürfnis mehr und kann rund um die Uhr spionieren. Bei der Ankunft der Familie in ihrem neuen Zuhause, erfahren sie auch gleich was passiert, wenn Carl seinen Aufgaben nicht wie gewünscht nachkommt. Sein Vorgänger wird arg geschunden von zwei Polizisten abgeführt.

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Unser Vorgesetzter erklärt uns in einem kurzen Tutorial, wie wir an unsere Aufgaben herangehen sollen. Im Vordergrund steht das Überwachen der Mieter und die Informationserfassung. Dazu stehen uns Überwachungskameras und ein Generalschlüssel zur Verfügung. Zusätzlich erhalten wir per Telefon spezielle Aufgaben vom Ministerium, um die wir uns zu kümmern haben. Auch wird uns geraten, immer ans Telefon zu gehen, wenn es klingelt. Zeit ist ein wichtiger Faktor, denn diese vergeht stetig und meist haben wir nur begrenzt Zeit, um eine Aufgabe zu erledigen. Leider fällt das Tutorial sehr knapp aus und viele essentielle Handgriffe müssen wir selber herausfinden oder am Telefon erfragen. Wie wir einen Bericht oder eine Akte anlegen, beziehungsweise einen Erpresserbrief schreiben, müssen wir während dem Spiel ausprobieren. Sollte das während einer Aufgabe der Fall sein, in der die Zeit knapp ist, kann es durch Hektik schonmal zu einem Fehler kommen.

Was tut der da?

Ohne große Umschweife geht es auch direkt an unsere erste Aufgabe. Wir sollen herausfinden, was der Mieter in Wohnung 2 treibt. Am besten geht das natürlich, in dem wir eine Kamera in der Wohnung installieren. Dabei dürfen wir aber nicht erwischt werden, sonst droht uns ein Bußgeld oder der Zorn des Mieters. Also vergewissern wir uns durch das Schlüsselloch erstmal, ob die Wohnung leer ist. Erst dann betreten wir diese mit unserem Generalschlüssel. Wenn wir schonmal da sind, durchsuchen wir die Wohnung auch gleich nach auffälligen Gegenständen. So erfahren wir viel darüber, wie der Bewohner seine Zeit verbringt. Mit den so gefundenen Informationen legen wir ein Profil des Mieters an und senden es an unsere Vorgesetzten. Das bringt uns zusätzliches Geld und Reputationspunkte ein. Recht schnell entdecken wir, dass der Mieter in Wohnung 2 ein Drogendealer ist. Als braver Bürger melden wir das sofort und kurz darauf prügelt die Polizei den Kriminellen auch schon aus seiner Wohnung und nimmt ihn fest, was uns wieder Geld und Reputation bringt. Die Wohnung ist nach einer kurzen Renovierung frei für den nächsten Bewohner. Mal sehen, was der so im Schilde führt.

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Ganz so einfach macht es uns das Spiel aber nicht, denn die folgenden Aufgaben sind weder Schwarz noch Weiß. Beispielsweise ist der Besitz und das Tragen von Jeans verboten, aber lassen wir einen Mitbewohner deswegen verhaften? Oder gehen wir gegen unsere Familie vor, nur weil diese Bücher liest, was im Laufe des Spiels auch verboten wird? Vor allem können die einzelnen Charaktere für spätere Aufgaben relevant sein und eine zusätzliche Lösungsmöglichkeit bieten. Doch wir selber dürfen auch nicht in das Fadenkreuz der Regierung kommen, liegt uns doch das Wohl der Familie am Herzen. So kommen wir schnell in moralische Dilemmas. Beispielsweise sollen wir einen Mieter aus seiner Wohnung werfen. Entweder erledigen wir das mit Gewalt oder versuchen einen besseren Weg zu finden, der aber eventuell Illegales erfordert. Teilweise benötigen wir auch Objekte, die nur gegen viel Geld auf dem Schwarzmarkt zu bekommen sind. Doch Geld ist knapp.

Der richtige Weg

Die Konsequenzen unseres Handelns sind nicht einfach vorhersehbar. Oft mussten wir im Nachhinein feststellen, dass eine bereits weit zurückliegende Entscheidung falsch war und uns das Vorrankommen erschwert. Auch sind die möglichen Optionen zum Lösen einer Aufgabe nicht sofort zu erkennen und ergeben sich erst im Verlauf. Das Ausprobieren unterschiedlicher Lösungsmöglichkeiten macht viel Spaß und es hat uns immer wieder gefreut, wenn eine Plan aufging, selbst wenn wir vorher daran gescheitert sind. Auch wenn die Spielzeit mit acht bis zehn Stunden eher kurz ist, motivieren die vielen unterschiedlichen Herangehensweisen zu einem erneuten Durchlauf der Geschichte. Die verschiedenen Wege durch die Geschichte führen zusätzlich auch zu alternativen Enden.

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Passend zu dem ernsten Szenario von Beholder präsentiert sich das Spiel trostlos und düster. Das Haus und die Umgebung wirken wenig einladend, sind aber passend für dieses Spiel. Die Wohnungen sind unterschiedlich aber spartanisch eingerichtet. Dennoch versprühen sie die Gemütlichkeit eines Zuhauses der jeweiligen Bewohner. Die Figuren sind als schwarze Silhouetten dargestellt, die sich mit weißen Details und unterschiedlichen Körperformen voneinander abheben. Über die Augen und die Körperhaltung werden die Emotionen der Bewohner passend dargestellt und wir wissen jederzeit, wie sich unser Gegenüber fühlt. Entgegen allen Erwartungen lassen sich die Figuren sehr gut voneinander unterscheiden und jeder Charakter ist einzigartig. Das zeigt sich auch in den Dialogen, die leider kurz und zweckmäßig ausfallen. Mit der Zeit fingen wir so an, uns um das Wohlergehen der Mieter zu sorgen und versuchten den Spagat zwischen Überwachung und Vertuschung.

Musik und Sound passen sehr gut zu den Ereignissen, auch wenn sie wenig abwechslungsreich sind. Die Sprachausgabe wurde durch undefiniertes Gebrabbel ersetzt. Gesamt gesehen ergibt sich damit aber ein lebendiges Spielerlebnis. Einzig eine stellenweise nicht ganz passende Übersetzung trübt den Eindruck ein wenig.

Fazit

Beholder führt uns in die Welt eines totalitären Staates, ganz nach einem Roman von Georg Orwell. Doch auch Parallelen zu Ereignissen aus der jüngeren Vergangenheit sind nicht von der Hand zu weisen. Als Hausmeister in einem Mehrfamilienhaus sollen wir ein Auge auf die Bewohner haben, Informationen sammeln und verdächtige Aktivitäten melden. Doch ganz so einfach ist es nicht.

Im Verlauf des Spiels kommen wir immer wieder in moralisch fragwürdige Situationen und stellen uns die Frage, auf welcher Seite wir stehen wollen. Doch die Konsequenzen sind nicht vorhersehbar. Zahlreiche Optionen führen uns letztlich zum Ende der Geschichte, das je nach getroffenen Entscheidungen unterschiedlich ausfallen kann. Das motiviert zu einem erneuten Spielen der acht bis zehn Stunden langen Geschichte.

Warm Lamp Game präsentiert uns das Spiel gekonnt düster und trostlos, was perfekt zum Spielerlebnis passt. Freunde interaktiver Geschichten, die gerne verschiedene Wege ausprobieren, kommen hier voll auf ihre Kosten. Doch auch jedem, der vor dem ernsten Hintergrund der Geschichte nicht zurückschreckt, kann ich Beholder empfehlen.


Bewertung

Pro

  • Wiederspielwert durch zahlreiche unterschiedliche Herangehensweisen
  • Liebevolle Grafik
  • Passende Vertonung
  • Einzigartige Charaktere

Contra

  • Teilweise Übersetzungsfehler
  • Unzureichendes Tutorial

Geschichte 8 von 10
8/10
Gameplay 8 von 10
8/10
Grafik 8 von 10
8/10
Musik / Sound 7 von 10
7/10
Umfang 7 von 10
7/10
Spielspaß 8 von 10
8/10
XBU-Silver-Award
8

1 Kommentar

XBU Philippe Fr, 16.02.2018, 09:48 Uhr

Also, das Spiel ist ganz anders, als ich erwartet hatte. Nach dem Bericht muss ich mir mal anschauen, ob sich das Game vielleicht doch lohnt. Vielleicht mal im Sale :D