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Schach pur: Das verspricht man uns bei dem neuen und ersten Schachspiel für die Xbox One überhaupt. Wer also ein wenig in dem Brettspiel bewandert ist, kann für nicht allzu viel Geld einen Blick drauf werfen. Wir haben das Spiel getestet und verraten euch in unserem Review, wo es seine Stärken und wo es aber auch seine Schwächen hat.

Eine Herausforderung gefällig?

Wer gerne Schach spielt und eine Herausforderung sucht, der wird bei Pure Chess sicherlich fündig. Wer in einzelnen Spielen gegen den Computer antritt, hat die große Auswahl von 10 verschiedenen Schwierigkeitsgraden, wobei ich persönlich nur Level 3 gerade so schaffe. Drüber muss man sich mit der Schachthematik schon deutlich auseinandergesetzt haben, um irgendwie auch nur in die Nähe eines Sieges zu kommen. Auf Niveau 10 „Großmeister“ wird es wohl keinem so schnell gelingen, zu gewinnen. Selbst die besten Schachspieler der Welt gewinnen heutzutage eigentlich nicht mehr gegen die Computer – sie erzielen allerhöchstens Remis. Den einzigen Stolperstein, den Pure Chess in Einzelpartien bietet: Man kann nicht aufgeben. Man kann höchstens die Spieldatei löschen, aber man kann sich nicht während der Partie gegen den Computer geschlagen geben (man kann nur ein Unentschieden anbieten). Das empfand ich teilweise als nervig und lächerlich (Partien auf hohem Niveau werden nur selten bis zum Matt gespielt; in der Regel gibt ein Spieler vorher auf).

Aber auch neben den Einzelpartien gegen den Computer (die man mit zahlreichen Einstellungen bestimmen kann, wie z.B. die Möglichkeit, Züge rückgängig zu machen) gibt es Dinge zu entdecken. So gibt es Schach-Herausforderungen in diversen Matt-Kategorien (Matt in 1-5 Zügen), die richtig, richtig knifflige Puzzles sein können. Jemanden Matt in fünf Zügen zu setzen (und somit anzukündigen) ist bei weitem keine leichte Aufgabe.

Auch der Turnier-Modus ist eine unterhaltsame Sache, bei dem man eine kleine Serie von Spielen gegen den Computer mit steigendem Schwierigkeitsgrad spielt. Hier sieht man wirklich wie gut man ist! (Und an alle Anfänger: Es gibt ein kleines Tutorial, das einem die Basics zeigt, allerdings wenig Taktiken oder Empfehlungen ausspricht)

Alles in allem spielt sich Pure Chess auch sehr gut. Die Steuerung ist intuitiv und einfach (sowohl der Analogstick wie auch das Steuerkreuz funktionieren zum Auswählen der Figuren). Die Option, dass alle "legalen" Schritte, die mit einer ausgewählten Figur gemacht werden können, grün angezeigt werden, könnt ihr optional auch ausschalten (mich persönlich hat das immer gestört, es ruiniert irgendwie die ruhige, nachdenkliche Atmosphäre).

Schöne Präsentation mit Makeln

Das Spiel präsentiert sich in einer sehr schönen 3D-Optik. Es gibt zahlreiche Sets (verschiedene Figuren) und Farben, sowie Umgebungen zum Auswählen. Allerdings sollte man bei der Wahl darauf achten, etwas Klares zu nehmen; ich empfand viele der Sets als sehr schwer erkennbar (welche Figur ist welche?) und auch von den Farben des Gegners teilweise schwer zu unterscheiden. Außerdem gibt es teilweise ungünstige Lichtverhältnisse, die stören können (ein Sonnenuntergang ist ja schön, aber wenn dann alles braun/rot aussieht, erkenne ich nichts mehr).

Teilweise habe ich das Gefühl, dass Pure Chess da ein wenig zu viel auf die Pauken hauen wollte. So kann man zwar aus drei verschiedenen Kameraperspektiven wählen, aber wirklich aktiv spielbar scheint es nur aus einer (der schräg von oben). Man kann zwar ständig die Kamera drehen, sie aber dann da fixieren, wo man sie gerne hätte, geht nicht.

Auch seltsam: Das definierte Set lässt sich nur am Anfang einer Partie bestimmen, aber das zuletzt gespielte Set im Einzelspieler definiert stets das Aussehen der Multiplayerspiele, die man wiederum nicht definieren kann (und dann auch von Mal zu Mal unterschiedlich sein können).

Musikalisch ist das Spiel voll von Klassik. Mozart, Beethoven oder Chopin sind unter anderem im Hintergrund zu hören. Angenehm, aber anfangs zu leise (während die lauten Soundeffekte des Bewegens der Figuren nur stören) – aber man kann das im Menü ja einstellen. Der Soundtrack ist sehr gut, gefällt mir wirklich, allerdings etwas zu klein. Da eine Partie lange dauert, kann es schon mal sein, dass man schnell wieder die gleiche Nocturne von unserem geliebten Chopin hört. Schade.

Bitte gib nicht auf! Oder doch?

Was wäre ein Schachspiel ohne Multiplayer? Lokal geht das mit einem Controller, Pure Chess dreht das Schachbrett immer, wenn der andere an der Reihe ist. Aber auch über Xbox Live lässt sich spielen. Gegen Freunde, oder gegen zufällige Gegner. Entgegen einigen Reviews zur PS4-Version ist die Xbox One Version („Großmeister Edition“) reibungslos online spielbar – nicht nur als „Fernschach“ (auch als Korrespondenzpartie bezeichnet). D.h. ihr könnt „live“ gegen andere antreten. Das einzige Problem an der Sache ist, und das habe ich dann beim Testen gemerkt, dass es dennoch stets irgendwie Fernschach bleibt. Und das ist ein Problem. Was ich damit meine ist, dass ihr stets aus einer Partie rausgehen könnt, ohne Konsequenzen zu haben. D.h. ihr geht raus, macht die Konsole aus, die Partie wird gespeichert und gut ist. Danach könnt ihr morgen weitermachen, insofern ihr am Zug seid. Im Prinzip eine gute Sache: Doch wenn man seinen angetroffenen Gegner nie wieder zufällig online trifft, wird eine Partie auf diese Weise tatsächlich zum Fernschach, bei dem ich Stunden, vielleicht auch Tage auf den Zug des Gegners warten muss (außerdem kann er sich in der Zeit andere Züge überlegen, Computer zu Hilfe nehmen, usw.).

Mir erging dann das leidige Schicksal, dass ich bei einer fast gewonnenen Partie ewig auf den Zug des Gegners wartete, bis ich merkte, dass der plötzlich etwas Anderes zockt. D.h. er hat seine Niederlage gesehen, wollte aber nicht aufgeben, ist raus und hört auf, diese Partie zu spielen. Zugegeben: Man kann nur 10 Spiele gleichzeitig offen haben, aber das ist genug, um nervig zu sein. An diesem komischen System ist definitiv noch Änderungsbedarf.

Fazit

Pure Chess ist ein sehr gutes Schachspiel, das sicherlich die Bedürfnisse der meisten Spieler zufriedenstellen wird. Als Einzelspieler hat man eine große Auswahl an verschiedenen Sachsets, Einstellungsmöglichkeiten, Herausforderungen und Turnieren. Da kommt jeder Schachspieler, unabhängig vom Niveau, auf seine Kosten.

Das Spiel hinkt allerdings etwas im Multiplayer. Die Möglichkeit, „live“ gegen andere Spieler aus der Welt zu spielen ist zwar gegeben, aber dadurch, dass jede Partie eine Art Briefschach ist, kann es sein, dass jemand das Spiel verlässt und die Partie tagelang offenbleibt. Das ruiniert etwas die Motivation, vor allem dann, wenn man sich in großen Abständen immer wieder in die Partie reindenken muss.

Letztlich kann ich Pure Chess aber nur jedem Schachliebhaber empfehlen. Es ist bisher das einzige Schachspiel auf der Xbox One, sieht sehr schön aus, hat ansprechend ruhige, klassische Musik und bietet alles in allem genug für seinen Preis. Wer über die Makel im Multiplayer absehen kann, wird sicherlich zufrieden sein.


Bewertung

Pro

  • Differenzierte Schwierigkeitsgrade
  • Optische schöne Präsentation
  • Klassische Musik
  • Viele Einstellungsmöglichkeiten
  • Spannende Herausforderungen und Turniere
  • Einfacher, lokaler Multiplayer
  • Verhältnis Preis/Leistung stimmt

Contra

  • Etwas zu kleiner Soundtrack
  • Verschiedene Umgebungen und Figurensets können optisch verwirren
  • Option zum "Aufgeben" gegen den Computer fehlt
  • Multiplayer über Xbox Live im Prinzip immer "Fernschach"

Grafik 7 von 10
7/10
Sound 8 von 10
8/10
Gameplay/Steuerung 9 von 10
9/10
Umfang 8 von 10
8/10
Multiplayer 6 von 10
6/10
Preis/Leistung 9 von 10
9/10
XBU-Silver-Award
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