
In einer Zeit, wo fast jeder zweite Film durch ein Comic inspiriert ist, ist es klar, dass auch Games Comics aufgreifen. Ein neuer ID@Xbox Titel nimmt sich die etwas derbere Blue Estate Comic Serie als Vorlage und versucht das Gefühl der gedruckten Geschichten auf die Xbox One zu bringen. An welchen Stellen das Ganze funktioniert und an welchen nicht, haben wir für euch angeschaut.
Wir haben hier auch noch ein Video-Review zu Blue Estate für euch.
Grafik
Grafisch gesehen versucht man sich hier grob an den Stil der Comics zu halten, leider gelingt das in nur wenigen Situationen, was sicherlich auch daran liegt, dass kaum bekannte Schauplätze vertreten sind. Am besten klappt der Comic-Stil noch im Intro und Outro des Titels ansonsten ist es zwar ein Game im Comic-Look, aber nicht in dem speziellen Blue Estate Look.
Auch sonst ist hier grafisch alles eher Mittelmaß, gut wir beachten, dass es sich um einen Indie Titel handelt, dennoch gibt es einige Dinge, die nicht sein müssten. Ein Railshooter hat den Vorteil, dass der Spieler nur an Grafiken vorbeigeführt wird, die er auch sehen soll, daher bleiben grobe Patzer aus, jedoch sind in nahezu allen offenen Arealen Pop-Ups an der Tagesordnung, was bei geringer Weitsicht und auch ansonsten recht wenigen Objekten im Bild nicht zu erklären ist.
Für ein Indie-Titel ist das Gesamtpaket sicherlich noch in Ordnung, von der Triple A Liga sind wir hier aber weit entfernt, die Innenareale z.B. sind stellenweise schrecklich steril und eintönig, dafür sieht die Dame im Hauptmenü wirklich gut aus, zumindest ihr Po, mehr habe ich gar nicht wahrgenommen.
Sound
Bei den Waffensounds hat man sich wohl einem Standard-Paket bedient, hier haut es keinen aus dem Hocker. Der Soundtrack ist auch relativ unspektakulär, jedoch irgendwie passend. Die Musik trifft das aktuelle Tempo des Spiels immer recht gut und untermalt auch das Ambiente zwar klischeehaft, jedoch passend (so z.B. die Reggae Gitarren im Jamaika Level).
Sind Soundeffekte und Musik einfach da, nerven nicht aber begeistern auch nicht, so sind die englischen Sprecher der Figuren wirklich gut und unterhaltsam. Die Protagonisten kommentieren das Geschehen, genauso wie der Erzähler und sorgen so für den ein oder anderen Schmunzler.
Das Spiel ist Trash pur und so auch die Dialoge und Monologe, genau das schaffen die Synchronsprecher perfekt einzufangen, zum Glück hat man hier auf deutsche Sprachausgabe verzichtet, bei den Untertiteln merkt man auch bereits die erste Diskrepanz zwischen dem was gesagt wird und dem was in Deutsch daraus gemacht wird, gut das es da nur bei Untertiteln blieb.
Story
Die Story von Blue Estate ist kurzum einfach nur wirr und auch ein wenig wahnsinnig. Das Spiel nimmt sich, seine Figuren und vor allem die Geschichte nicht so ernst und in meinen Augen funktioniert das auch sehr gut. Die Handlung fängt mit einem Privatdetektiv an, der einen Auftrag einer Tänzerin bekommt. Ab diesem Zeitpunkt ist der kleine pickelige Detektiv der Erzähler und schweift doch enorm ab. So spielen wir zur Hälfte mit Toni Luciano, dem Sohn eines Mafiapaten und Clarence einem Auftragskiller. Erster ist ein wahrer Macho und auch ein wenig tollpatschig, während zweiterer ein unterkühlter Söldner ist, der unter der stümperhaften Arbeit seiner Kollegen leidet. Im Verlauf wird alles geboten, eine entführte Frau, ein entführtes Pferd, Triadenbosse, welche auf Rache aus sind, und jede Menge Chihuahuas.
Das klingt nicht nur verrückt, das ist es auch, so richtig Sinn ergibt das am Ende auch nicht und eine große Auflösung braucht man am Ende nicht erwarten. Doch alles in allem macht die Story Spaß, man schüttelt immer wieder den Kopf, wie bekloppt das alles ist und als Mittel zum Zweck -ein Weg von einer Schießerei zur nächsten zu gelangen- funktioniert die Geschichte doch ganz gut.
Umfang
Wer hier wahnsinnig viel Content erwartet, dürfte bitter enttäuscht werden. Blue Estate bietet acht Missionen und drei Schwierigkeitsgrade. Die Missionen dauern zwischen 20 und 30 Minuten, ich habe für deinen Durchlauf auf normal etwas mehr als drei Stunden gebraucht. Wer alle Geheimnisse (Items, die etwas versteckt sind und abgeschossen werden müssen) finden möchte, alle Schwierigkeitsgrade und alle Erfolge knacken möchte, der wird 10-15 Stunden brauchen, jedoch ist die Motivation abgesehen von 1000 Gamerscore dafür nicht sonderlich groß.
Auf höheren Schwierigkeitsgrade müsst ihr schon sehr gut schießen können und wisst am besten auswendig, wann die Gegner von wo kommen, deswegen ist hierfür auch eine längere Spieldauer erforderlich. Dennoch hat der Titel kaum Wiederspielwert, ausser man möchte eben den Highscore eines Freundes knacken oder alle Erfolge freischalten. Für diese drei Stunden finde ich 12,99 Euro als Preis ein klein wenig zu hoch angesetzt. Aktuell gibt es das Spiel gute zwei Euro günstiger für Goldmember, meine Preisempfehlung wäre jedoch 9,99 Euro.
Spielspaß
Blue Estate ist simpel und technisch alles andere als ein Hit, jedoch macht es auf seine eigene Art und Weise Spaß. Um Spaß zu haben, muss man in erster Linie empfänglich für den infantilen und teilweise auch sexistischen Humor sein. Ich gestehe, mir gefällt das als Abwechslung zum ernsten Alltag ganz gut, Abends mal in eine solche Welt abzutauchen, sicherlich etwas für Duke Nukem Fans. Zusätzlich gibt es für Fans von Film und Spiel doch etliche Anspielungen, die durchaus Unterhaltungswert haben.
Spielerisch macht das Game trotz Moorhuhn-Charakter irgendwie Spaß, es ist einfach und schnell, man kann für 20 Minuten flott ein komplettes China-Restaurant voller Gangster zerlegen. Damit es nicht zu eintönig wird, gibt es immer mal wieder kleine Minigames, wie das Ausschalten von Gegnern in vorgegebener Reihenfolge, Schießbuden oder eben in Form von Endbossen, welche nicht einfach nur durch Geballer ausgeschaltet werden können. Insgesamt macht der Titel aber wirklich mit Kinect deutlich mehr Spaß als mit dem Pad, das sollte man vor dem Kauf beachten.
Das Bewertungssystem erhöht nicht nur den Arcade-Charakter, sondern bietet gleichzeitig Ansporn noch schneller und besser zu spielen. Ebenso bietet dieses System einen Wiederspielwert, wenn auch nur einen kleinen.
Gameplay
Blue Estate ist ein Railshooter, das bedeutet eure Figur läuft komplett selbstständig einen vorgegebenen Pfad ab und alles was dabei über den Screen läuft, wartet darauf, von euch erschossen zu werden. In den Zeiten der Spielhallen und der Lightgun für den Heimbetrieb boomte dieses Genre, mit dem Aussterben eben dieser Hardware verschwand der Railshooter fast gänzlich aus dem Katalog der Konsolenspiele. Auch heute gibt es keine Lightgun, dafür aber Kinect, was sich wunderbar eignet um einen Railshooter zu steuern.
Hierbei braucht ihr beide Hände, mit der rechten Hand visiert ihr Gegner an, habt ihr diese annähernd im Fokus, so schießt die Figur automatisch. Nehmt ihr die rechte Hand runter, so wird nachgeladen, doch auch die linke Hand soll nicht ruhen. Es gibt diverse Aktionen, vom Türöffnen über das Ausweichen bis zum Richten der Frisur ist alles dabei. Hier wird eine Bewegung angezeigt, dir ihr parallel zum Schießen mit der linken Hand machen müsst. Ich muss sagen, die Steuerung mit Kinect funktioniert wirklich gut, das Zielen geht einfach und genau von der Hand, gleiches gilt für alle Aktionen. Von der Steuerung erinnert das Ganze an Child of Eden, doch hier geht das alles tatsächlich wesentlich einfacher von der Hand.
Wer kein Kinect hat oder nicht vor dem TV rumspringen möchte, der kann das Spiel auch mit dem Pad zocken. Hier ist das Prinzip sehr ähnlich, der rechte Stick ersetzt die rechte Hand und der linke eben die linke Hand, jedoch müsst ihr hier per Trigger selbstständig schießen. Mehr Spaß und Abwechslung bietet die Kinect Steuerung, mit dem Controller wird es schneller eintönig, jedoch waren meine Arme bereits nach einem Level von 20 Minuten mit der Kinect Steuerung lahm, weswegen ich für längere Sessions auf das Gamepad zurückgreifen musste.
Multiplayer
Kommen wir zum einzig wirklich nennenswerten Wiederspielwert, dem kooperativen Multiplayer. Ich habe früher Games wie House of the Dead immer und immer wieder mit Freunden vor der Konsole gezockt, um das perfekte Team zu bilden und so den härtesten Schwierigkeitsgrad zu schaffen. So kann es nun in Blue Estate auch passieren. Mit bis zu zwei Spielern könnt ihr an einer Konsole zocken, dies funktioniert mit zwei Gamepads und macht deutlich mehr Spaß als alleine.
Hier sind natürlich auch die höheren Schwierigkeitsgrade wesentlich einfacher zu schaffen und man merkt das eigentlich monotone Gameplay auch nicht. Hier wiederum schade, dass es keinen Online-Coop gibt, doch er einen Titel sucht, der auch nach sechs Bier noch zu zweit vor der Konsole gespielt werden kann, der hätte hier ein Coop-Häppchen für zwischendurch. Der Multiplayer Modus ist, obwohl er sich inhaltlich nicht vom Rest des Games unterscheidet, der größte Spaßfaktor an diesem Titel.
Fazit
Ein richtig guter Titel ist Blue Estate sicher nicht, das liegt an der kurzen Story, den technischen Mängeln und auch daran, dass der Comic-Ursprung stellenweise komplett unersichtlich ist.
Dennoch bietet der Railshooter mehr Spaß als die meisten seiner Genrekollegen der letzten Jahre, dies liegt an dem Humor, der den Titel auflockert, und der ein oder anderen Abwechslung durch Minigames.
Meiner Meinung nach sind 13 Euro dennoch etwas zu hoch gegriffen für drei bis vier Stunden Unterhaltung, das kann selbst der sehr spaßige lokale Coop-Modus nicht mehr rausreissen. Wer Sehnsucht nach Railshootern hat, darf gerne im aktuellen Rabatt zugreifen, ansonsten würde ich warten, bis der Titel vielleicht eine weitere Preiskorrektur nach unten erhält.