Review zu Fable II

Der Nachfolger von Peter Molyneuxs gelobtem Spiel ,,Fable", und zwar Fable 2, gehörte dieses Jahr wohl zu einem der meist erwarteten Spiele für die Xbox 360. Sein 360 Exklusivitäts-Faktor und die Mischung aus Simulation und RPG fasziniert eine breite Masse und der große Umfang so wie die riesige Entscheidungsfreiheit und die Beeinflussung der Story durch letztere sind die Features, mit denen das Spiel am meisten gepriesen wird. Wir haben das neue Spiel einem ausgiebigen Test unterzogen, um ein begründetes Fazit daraus schließen zu können und berichten euch in unserem Test nun ob es wie euer Held gut, oder böse, bzw. schlecht ist.

Eine fabelhafte Welt

Typisch für Fable und Genre-ähnlichen RPGs im Allgemeinen haben wir es mit einem mittelalterlichen, märchenhaften Setting zu tun. Es gibt riesige offene Felder, einzelne Siedlungen, kleine Städte, Friedhöfe aber auch tiefschwarze Wälder. Bereits nach den ersten Spielminuten fühlt man sich in die zauberhafte Atmosphäre von Trollen, Feen und einer aufstrebenden menschlichen Zivilisation hineingezogen.

Das fängt bei den unübertrefflichen Artworks an, geht über die Stimme die beim Drücken von Start ,,Und so beginnt die Geschichte" flüstert, bis hin zu den absolut genialen Zwischensequenzen. Letztere sind nämlich in einer dermaßen guten Qualität, dass es sich locker um einen Animationsfilm mit einem mehrere Millionen Dollar Budget handeln könnte.

Allerdings muss man vorneweg sagen, dass die Grafik für den Rest des Spiels nicht mehr der Qualität der Zwischensequenzen gerecht wird. Etwas komisch wirken manchmal verschiedene Bewegungen des Helden oder der NPCs. Glitches, wo Personen in Objekten drin stehen, gibt es genügend und absolut umwerfend ist das Charakterdesign auch nicht. Trotzdem ist der grafische Eindruck nie schlecht, nein meist sogar schlichtweg genial einfach. Man merkt auf den ersten Blick zwar, dass Grafik Nebensache war, aber die komplette Gestaltung der Welt, die Details in Bäumen, dem Umfeld und der Städte wirkt absolut rund. Auch die gelegentlichen Ruckler bei Speichervorgängen, Freischaltungen von Erfolgen oder sehr intensiven Kämpfen können da den Eindruck nicht mindern. Ein offener Mund, den man nicht mehr schließen kann, bei der Betrachtung der schönen Umwelt ist vorprogrammiert.

Episch und klassisch angehaucht ist der Soundtrack - bereits wie im ersten Teil - ein absolutes Muss. Es handelt sich hier natürlich nicht um Ohrwürmer, aber die Musik unterstreicht wunderbar die absolut überragende Atmosphäre. Befinden wir uns in einem sonnigen Tal, ist sie aufheiternd und dezent, bewegen wir uns aber bei Nacht über einen Friedhof, wo ,,hohle Männer" (Skelette) auftauchen können, so ist die Musik auch sofort bedrohlich und beunruhigend. Auch unser Begleiter, der Hund (dazu später mehr), wird beim Erscheinen von Feinden und Betreten eines gefährlichen Gebietes anfangen zu knurren und wird unruhig. Aber auch die sonstige Soundkulisse ist eine Wohltat für die Ohren: Jeder NPC in der weiten Welt hat einzigartige Sprüche drauf, jeder hat eine andere Stimme und erzählt nicht immer dasselbe - wie in den meisten Rollenspielen. Auf einem Marktplatz herrscht aufgebrachte Stimmung, auf einem Friedhof hört man den Wind in den Bäumen und in einem Tempel das Singen der Mönche. Die Geräusche-Szenerie ist immer umfang- und abwechslungsreich.

Wollt Ihr gut oder böse, rein oder verdorben sein?

Die Geschichte von Fable 2 ist ungefähr 500 Jahre nach dem ersten Teil angesiedelt. Somit kennt man den Helden aus Albion (die Fable Welt), der einst den legendären Messer-Jack besiegt hat, nur aus Büchern und viel wird man nicht über ihn erfahren. Die Story konzentriert sich auf die Gegenwart und knüpft nicht direkt an den ersten Teil an. Zwar gibt es Elemente die wiederkehren, aber man kann das Spiel problemlos ohne Vorkenntnisse spielen.

Das Spiel beginnt in der Stadt Bowerstone, die manch einer vielleicht noch aus dem ersten Teil kennt. Ihr schlüpft in die Rolle des Kindes ,,kleiner Spatz" - euch wird die Wahl des Geschlechtes beim Beginn der Story überlassen. Um nicht zu viel von der fesselnden und spannenden Story zu verraten, halte ich mich kurz: Ihr und eure große Schwester lebt als armes und elternloses Geschwisterpaar in Bowerstone. Eines Tages im Winter ist ein Ramsch-Verkäufer in der Stadt, welcher eine mysteriöse Spieluhr für 5 Goldstücke verkauft - ein Monatseinkommen von euch. Doch Theresa, eine mystische Gestalt, empfiehlt euch für ein glückliches Schicksal die Uhr zu kaufen und zu benutzen... So beginnt die Geschichte in der Kindheit, die euch zu weiteren Entdeckungen und dem Feststellen euer Selbst als Held führt.

Auffallend und gut gemacht ist die Entscheidungsfreiheit von Anfang an: Bereits die ersten 5 Missionen als Kind bieten immer sowohl die eine Seite als auch die Kehrseite der Medaille; so müsst ihr z.B. für eine Wache verlorene Steckbriefe von Verbrechern sammeln. Euch liegt es später frei, die gefundenen Steckbriefe dem Verbrecher zu geben, der sie ebenfalls will, oder sie gewissenhaft dem Wachmann zurückzugeben. Eines sei gesagt: Bereits kleine Entscheidungen wie diese werden große Auswirkungen auf spätere Ereignisse oder die Städte selbst haben!

Das Spiel dreht sich deshalb in jeder Mission und in jeder Tat immer um die Frage: Gut oder Böse? Seid ihr gut, lieben euch die Dorfbewohner und ihr seht gut aus; seid ihr böse, so seid ihr von den Bewohnern Albions gefürchtet und ihr verwandelt euch immer mehr in einen Fiesling. Doch so einfach und in zwei gespaltet, wie das klingen mag, ist das System in Fable 2 nicht: Ihr habt nämlich auch noch die Unterteilung in reine und verdorbene Taten. Ihr könnt nämlich z.B. auf folgendes Ereignis stoßen: Ihr seht wie ein Bettler Essen stielt - meldet ihr dies nun bei der Wache oder lasst ihr in laufen? Beide Entscheidungen sind weder gut noch böse - deshalb macht das Spiel die weitere Kristallisierung in andere Kategorien, die da wären Freundlichkeit, Grausamkeit, Korruption und Rechtschaffenheit. Dieses komplexe System ist von jeder einzelnen, noch so kleinen Tat gesteuert: Ob ihr furchterregende Kleidung tragt, stinkende Nahrung verzehrt, eure Immobilien zu überteuerten Preisen verkauft oder eure Familie schlecht behandelt - alles hat einen Einfluss auf das Spielgeschehen und insbesondere das Aussehen und die Reputation eures Helden.