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Nach einigen Verschiebungen war es Anfang Mai endlich soweit und die Xbox One ist seitdem um eine Rennsimulation reicher. Project CARS wäre um ein Haar zum Duke Nukem unter den Rennspielen avanciert, hat dann aber schlussendlich noch die Kurve bekommen. Beim Rennen in unser Büro hat das Muster allerdings auch einige Umwege genommen und kam erst Wochen später an. Nun konnten wir das Spiel aber endlich testen. Wie sich die Renn-Simulation, aus dem Haus der Slightly Mad Studios, präsentiert erfahrt ihr im folgenden Spieletest.

Sonne, Mond und Sterne

Über Project CARS wurde im Vorfeld enorm viel berichtet. Trailer für Trailer wurden In-Game Szenen, Tag- und Nachtwechsel sowie alle möglichen Vergleichsvideos veröffentlicht. Dies sorgte natürlich für stetig wachsende Erwartungen in Sachen Grafik. Dann kam Mitte April die Nachricht: Project CARS wird auf der Xbox One mit lediglich 900p laufen. Nun könnte man meinen, dass dies einen grafischen Rückschritt bedeutet, aber ganz so ist es nicht, das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Von strahlendem Sonnenschein über dichten Nebel bis zu Monsun-artigen Regengüssen. Es ist wirklich jede Art von Wetter dabei!

Für eine Rennsimulation ist die Grafik völlig in Ordnung. Ein bahnbrechendes Grafikerlebnis bekommt der Spieler bei Project CARS jedoch nicht geboten. Beim direkten Vergleich mit Forza Motorsport 5, welches im Moment die einzige alternative Renn-Simulation auf der Xbox One ist, hat Project CARS die Nase vorn. Aber beim Vergleich mit einem 2 Jahre alten Spiel ist das nicht verwunderlich. Positiv fällt zum Beispiel auf, dass Dreck und Gummiabrieb, welcher abseits der Ideallinie liegt, von den Autoreifen aufgenommen wird und durchaus auch mal auf der eigenen Windschutzscheibe landen kann. Je nach Stand der Sonne blendet es wirklich realistisch, und das Dashboard spiegelt sich in der Windschutzscheibe. Dichter Nebel oder auch starker Regenfall sorgen für realistische Sichteinschränkungen. Die nächtlichen Rennen sind gut inszeniert und das Scheinwerferlicht wirkt super.

Wechseln wir nun von der Optik zur Akustik. Hier rate ich dringend dazu die Lautstärke voll aufzudrehen, denn das was die Slightly Mad Studios in Sachen Ton gezaubert haben, ist einfach nur erstklassig! Und es sind nicht nur die Motoren, die realistisch röhren oder gar brüllen, sondern gerade die kleinen Details machen diesen besonderen Sound aus. So zum Beispiel kann man, je nach gewählter Kamera, das Schleifen der Bremsen hören. Bei einer Ausfahrt ins Kiesbett klingt der Schotter im Radkasten super realistisch. Besonders gut gelungen sind die unterschiedlichen Klangprioritäten, so nenne ich sie mal. Soll bedeuten dass je nachdem welche Ansicht gewählt ist, auch die Sounds ganz anders wirken.

Zum Beispiel sind bei der Helmkamera die Klänge gedämpfter, bei der Verfolgerkamera wird der Spieler von den Motorgeräuschen aus dem Auspuff angebrüllt und bei der Stoßstangenkamera ist das Bremsgeräusch sehr klar zu hören. All das sorgt dafür, dass ein richtiges Gefühl für die Position im und um das Fahrzeug herum entsteht, und der Wagen sich nicht von überall gleich anhört. Soweit zur Vertonung auf der Strecke. Der Soundtrack, der im Menü eingespielt wird, wirkt sehr hektisch und auch leicht unpassend. Aber zum Glück ist es zum einen Geschmackssache, und zum andern lässt sich die Musik ja ausschalten. Wer das Spiel startet, wird beim Aufruf eines neuen Modus von einer Frauenstimme über Sinn und Zwecks des Modus bzw. Menüs aufgeklärt. Diese werte Dame spricht aber trotz der deutschen Fassung nur Englisch, aber das hat sie mit dem Renningenieur gemeinsam. Die Informationen via Funk während des Rennens kommen auch in englischer Sprache mit deutschen Untertiteln. Dabei ist der Untertitel bei solch einer Erklärung aber dermaßen klein geschrieben, dass man wirklich sehr nahe an den TV treten muss, um es lesen zu können. Vermutlich ist dies auf Setups mit Rennsitzen optimiert.

Welches Auto und welche Strecke wähle ich?

Project CARS hat in meinen Augen ein sehr ungleiches Verhältnis. Mit 30 Strecken, welche verschiedene Layouts beinhalten, schafft es das Spiel auf 110 unterschiedliche Kurse. Und das direkt zu Release. Das ist eine anständige Menge an Auswahl, da hätte sich Forza Motorsport 5 definitiv eine Scheibe von abschneiden können. Bei den Fahrzeugen ist es jedoch genau das Gegenteil. Mit gerade mal 65 Fahrzeugen, den kostenlosen Lykan HyperSport mit inbegriffen, kommt das Spiel sehr mager daher. Dass viele Fahrzeuge zudem auch noch in derselben Klasse sind, macht die Auswahl nicht viel umfangreicher. Wer jetzt behauptet, dass die Fahrzeugliste nur deshalb überschaubar ist, weil die Fahrzeuge perfekt ins Spiel implementiert wurden und alle Feinheiten aufweisen, die ihre echten Vertreter haben, der irrt sich. Da die Xbox One aktuell nur Forza Motorsport 5 als weitere Rennsimulation aufweist, muss auch hier wieder verglichen werden. Und da zieht Project CARS in Sachen Autoauswahl ganz klar den Kürzeren.

Die vorhandenen Autos sind aber perfekt dargestellt. Die Armaturen sind detailgetreu nachgebildet, beim Einschalten des Lichts werden auch Tachometer- und Displaybeleuchtungen eingeschaltet. Das einzige Detail, was noch zur Perfektion fehlt, ist die Handbewegung zum Lichtschalter. Aber darauf lässt sich verzichten. Leute, die Wert auf originale Lackierungen und Sponsoren legen, werden bei Project CARS leider enttäuscht. Die Rennfahrzeuge weisen zwar verschiedene und auch coole Lackierungen auf, und es gibt genügend pro Fahrzeug, aber in einem Formel 1 Fahrzeug mit Lotus oder Ferrari Lackierung wird man in diesem Spiel nicht sitzen. Wenn wir schon von Fahrzeugen sprechen, sollten wir uns auch über deren Handling Gedanken machen. Und da ist deutlich zu spüren, aus welchem Lager die Entwickler des Spiels kommen und wohin die Reise gehen soll.

Gefühlt ist die Gamepad-Steuerung das unliebsame Stiefkind, um welches sich aber auch gekümmert werden muss. Denn hier haben die Slightly Mad Studios definitiv einen ordentlichen Fehlstart hingelegt. Die verschiedenen Fahrzeuge sind, ohne manuelles Einstellen der Steuerungsoptionen, nahezu unfahrbar. Das kleine Go-Kart steuert sich wie ein Stein, während ein Pagani bei kleinen Lenkimpulsen am linken Stick fast 90° Lenkmanöver ausführt. Der jüngst erschienene Patch 1.3 konnte die genannten Lenkungsprobleme beim Gamepad zwar schon deutlich verbessern, perfekt ist aber etwas Anderes.

Ganz im Gegenteil dazu steht die Steuerung via Lenkrad. Sie ist zwar ebenfalls nicht frei von Fehlern, aber wer ein Xbox One kompatibles Lenkrad sein Eigen nennt, sollte nicht zögern, es auch anzuschließen. Der Hersteller Mad Catz war so freundlich, uns ein Mad Catz Pro Racing Wheel zur Verfügung zu stellen. Ein separater Testbericht dazu folgt. Mit einem Lenkrad als Controller ändert sich das Fahrgefühl sowie der Fahrspaß komplett. Es ist nun möglich, mit den verschiedenen Fahrzeugen an die Grenze zu gehen. Wer sein Lenkrad richtig kalibriert und das Force Feedback nach den persönlichen Vorlieben eingestellt hat, wird mit Project CARS zum einen sehr viel Spaß haben und zum anderen das realistischste Rennerlebnis haben, das es auf der Xbox One aktuell gibt.

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Fazit

Project CARS bietet eine grundsolide Renn-Simulation, wären da nicht die vorab hochgetriebenen Erwartungen und die Menge an Fehlern nach Release. Das Game ist auf Hardcore Fans von Renn-Simulationen zugeschnitten, dies lässt sich zum einen an der vernachlässigten Controller-Steuerung erkennen, zum anderen an der schier unendlichen Zahl der Einstellungen.

Grafisch bietet das Spiel eine hübsche Optik, jedoch ist diese eher durchschnittlich. Beim Sound hingegen kann Project CARS so richtig punkten. Die verschiedenen Sounds wirken authentisch und sorgen für eine tolle Rennatmosphäre. In Sachen Umfang muss das Spiel allerdings noch deutlich zulegen. Eine größere Anzahl an kostenlosen Autos via Download könnte hier Abhilfe schaffen.

Viele Gamer werden aktuell aufgrund einiger Mängel von diesem Rennspiel enttäuscht sein, aber das, was die Slightly Mad Studios hier erschaffen haben, geht in die richtige Richtung. Es bleibt abzuwarten, ob die Entwickler die genannten Probleme in den Griff kriegen. Dem Casual Gamer, der bequem von der Couch aus mittels Gamepad Rennen fahren möchte, ist das Spiel nach aktuellem Stand eher nicht zu empfehlen.

Den ersten Teil unseres Spieletests konnten wir leider nur mit dem Gamepad machen, für den zweiten Teil des Reviews war der Hersteller Mad Catz so freundlich, uns ein Muster des Mad Catz Pro Racing Force Feedback Wheel zukommen lassen. Ein separater Test zum Lenkrad folgt in Kürze.


Bewertung

Pro

  • Detailgetreue Nachbildung der Fahrzeuge
  • Interessanter Karriere-Modus
  • Große Auswahl an Strecken

Contra

  • Fahrzeugliste äußerst gering
  • Gamepad Steuerung mangelhaft
  • Stellenweise zu aggressive K.I

Grafik 8 von 10
8/10
Sound 9 von 10
9/10
Story 8 von 10
8/10
Umfang 7 von 10
7/10
Spielspaß 8 von 10
8/10
Gameplay 8 von 10
8/10
Multiplayer 8 von 10
8/10
XBU-Silver-Award
8

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