HandsOn zu der Beta von Defiance

Mit Defiance steht uns das erste echte MMO für die Xbox 360 bevor. In der Vergangenheit hatten wir bereits auf der Gamescom den Multiplayer-Modus begutachten können und waren damals nicht so begeistert. Wir schauen uns deshalb für euch die Beta des eigentlichen Hauptspiels an und geben unsere ersten Eindrücke während den ersten Spielstunden wieder.

Da wir bald ein ausführliches Review dazu liefern, gibt es jetzt nur eine Zusammenfassung und noch keine tief reichenden Details. Wir weisen außerdem darauf hin, dass es sich hier nur um eine Beta und noch nicht um die finale Version handelt.

Wir beginnen mal mit der Charaktererschaffung. Ihr habt die Möglichkeit aus verschiedenen Klassen zu wählen und könnt somit beeinflussen, ob ihr eher der Supporter-Typ seid, oder lieber aggressiver kämpfen wollt und somit eine andere Infantrie-Klasse wählt.

Defiance ist ein Sci-Fi-Shooter-MMORPG (Massive Multiplayer Online Roleplaying Game). Damit wir uns aber nicht die Finger wund tippen und ihr keinen Krampf in der Optik bekommt, nennen wir es einfach kurz MMO. Der Schwerpunkt der Klassen liegt in Defiance vor allem auf dem Ego-Shooter-Teil.
 
Zurück zur Charaktererschaffung. Hier könnt ihr neben der Klasse euer Aussehen bestimmen und anhand von Kleidung und Knochenstruktur euer Individuum erschaffen. Zumindest in der Theorie. In der Praxis gibt es bei Männlein und Weiblein ca. 4-5 tatsächlich unterschiedlich aussehende Typen, die sich dann nur noch in der Hautfarbe unterscheiden. Das führt dann leider dazu, dass sich fast alle ähnlich aussehen. Vielleicht gibt es aber hier in der Release-Version noch gravierende Unterschiede.

So sieht es halt auch optisch in der Beta nicht gerade rosig aus und das ist noch nett ausgedrückt. Die Texturen sind verwaschen, die Charaktermodelle leiden unter Polygondiät, die Cut-Scenes ruckeln und ächzen unter Tearing, die Stimmen sind selbst in der englischen Fassung nicht Lippen-synchron und insgesamt fühlt sich der Look des Spiels ganz und gar nicht zeitgemäß an. Hier deckt sich die Wahrnehmung mit dem Multiplayer-Erlebnis auf der Gamescom 2012.

Doch die Optik ist ja nicht alles, besonders nicht in einem MMO. So richten wir unsere Aufmerksamkeit mal auf das Gameplay der ersten Stunden.

Wir werden in einem Tutorial von so einer Art Cortana-KI in die Spielwelt von Defiance geleitet. Wir bekommen einige grundlegende Funktionen erklärt und stoßen dabei auf das nächste Problem. Die Gegner-KI ist leider der Intelligenz eines Toasters unterlegen, denn der weiß zumindest wann er aufhören sollte. Die meisten Entitäten die wir in den ersten Stunden trafen standen oder hockten willkürlich herum und warteten quasi darauf umgenietet zu werden. Nach einigem Beschuss fingen diese an sich zu bewegen und mache gingen sogar in Deckung, aber für Shooter-Erfahrene ist die KI echt ein Witz. So gelang es uns fast permanent kritische Headshots zu verabreichen und von 0 auf Level 30 zu steigen, ohne ein einziges Mal zu sterben.

Das nächste Problem sind die Quests. Die sind wirklich vom Typ ,,hole A, töte B und gib die Mission ab". Das erinnert an ein sehr altes MMO mit dem Titel Anarchy Online. Dort wurden auch Missionen generisch durchgezogen und man hatte einen minimalen Storyanteil dabei. Der wird sich mit der TV-Serie wahrscheinlich noch ausbauen, aber die vielen eintönigen Nebenquests werden sich wahrscheinlich nicht ändern.

Um mal von etwas Positiven zu berichten: Die Spielwelt ist groß und bietet viele Erkundungsmöglichkeiten. Man kann alleine auf einem Jeep durch die Gegend wetzen und die großen Areale dadurch kennenlernen. Das fahren macht Spaß und geht einfach von der Hand. Schön wäre noch, wenn man eine Transportmöglichkeit für mehrere Personen finden würde. Es gibt in der Welt dynamische Events, an denen man teilnehmen und sich somit weiterentwickeln kann. Man düst in dem Spiel zügig von Quest zu Quest die in der Sci-Fi-Welt auch recht gut ausgeschildert sind. Die grundlegende Steuerung wird auch vernünftig erklärt, so dass sich auch Anfänger schnell zurechtfinden dürften.

Kommen wir nun zu einem MMO-Thema, welches zentrales Problem einer jeden Konsole ist: Die Kommunikation. Warum? Weil man in normalen PC-MMOs einen Großteil über Chat abwickelt. Der Chat ist in der Xbox-Beta-Version von Defiance zwar vorhanden, funktionierte aber leider gar nicht. Wir erhielten die Fehlermeldung 623_STRING_MISSING. Gut das ist eine Beta. Kann passieren. Aber wie wurde denn das grundsätzliche Problem angegangen, dass wir Konsoleros an keiner echten Tastatur sitzen, sondern alles mühsam über das virtuelle Keyboard eingeben müssen? Antwort: Gar nicht. Pech gehabt! Nee liebe Verantwortlichen von Trion Worlds, das kann nicht wirklich ernstgemeint sein oder? Hier wäre massig Raum für eine echte Innovation gewesen. Wie wäre es beispielsweise mit einem dynamischen Voice-Chat, der sich auf ein Gebiet bezieht in welchem man ist? Oder zumindest einem limitierten instanzierten Chat mit bis zu x-Personen? Da wurde das große Potential verschenkt der Vorreiter auf der Xbox zu werden und das Genre mit wehender Fahne anzuführen. Wenn man hier also nicht gerade zufällig eine XBL-Party von Freunden hat mit denen man unterwegs ist, spielt man völlig belanglos und ohne Kommunikation neben den anderen Spielern her. Der Chat ist übrigens sogar per default ge-mutet. Also deaktiviert.

Warum ist die Kommunikation so wichtig? Weil gerade in einem MMO alles über die Koordination der Spielaktionen geht. Das bedeutet man muss sich gegenseitig buffen (aufwerten), abstimmen wer den Boss tankt, wer heilt, schauen wann wer seine Position verlässt und Angriffe so wie Verteidigung miteinander abstimmen. Das wird umso wichtiger je größer die Bosse und Quests werden. Das macht auch dann richtig Spaß wenn es gelingt. Dafür ist aber die Kommunikation unersetzlich. Nach einer Weile ist man normalerweise Gildenmitglied und kennt eh einen Haufen Leute. So aber steht man alleine da. Gerade das ist ja nicht der Sinn in einem MMO, also einem Mehrspieler-getriebenen Spiel. In World of Warcraft gab es damals schon eine dynamische Partyfindung bevor man eine Quest angetreten hat. Auch das gibt es hier nicht.

A pro pos Instanzierung: In den Missionen die wir gespielt haben, gab es gar keine Instanzierung. Das bedeutet man fährt zu einem Questpunkt und die anderen Spieler sind womöglich schon fertig und haben gerade den Boss erledigt. Was passiert dann? Nichts. Man muss auf den Respawn warten. Das ist auch seid ca. 10 Jahren nicht mehr zeitgemäß.

Was fehlt noch? Berufe. Es gibt in dem Spiel keinerlei Professionen denen man nachgehen kann, um sich zu individualisieren oder mit anderen Spielern Handel zu betreiben. Das ist ebenfalls ein nicht zu unterschätzender Punkt. Bis jetzt gibt es auch keine Gilden in dem Spiel.

Fazit:
Tja wenn nicht noch wirklich Zeichen und Wunder geschehen, wird das Spiel eine Totgeburt, bevor es überhaupt auf den Markt kommt. Das liegt zum einen an der mangelhaften Optik, aber vor allem an extremen Defiziten in den Bereichen, die für ein MMO zwingend notwendig sind, um Spaß zu haben. Die Quests sind einfach so langweilig, dass man sich nach der ersten Stunde schon langweilt. Es gibt keine intelligente Voice-Chat-Lösung für Leute, die man gerade im Spiel trifft. Die Quests sind nicht instanziert, die künstliche Intelligenz der Gegner ist wirklich schlecht, man kann sich mit den anderen nicht koordinieren und es gibt keinerlei Berufe, die man ausüben kann. Also mag die Serie noch so gut werden, aber die Beta des Spiels lässt ganz Böses für das offizielle Release erahnen. Schade, da wird wohl erst Destiny kommen müssen, um eine intelligente Konsolenlösung zu finden.

Quelle: XBoxUser.de