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Ein Arcade-Spiel, das sein Geld wert ist? Ubisoft verspricht mit seinem sehr künstlerisch angehauchten Mix aus Rollenspiel und Jump'n Run Child of Light ein Spiel der ganz anderen Art. Obwohl es klassische Spielelemente enthält, ist es doch anders, als die meisten Spiele - allein durch den Grafikstil sticht es hervor. Wir haben das bereit vielfach gelobte Spiel ebenfalls getestet und berichten euch von unseren Erfahrung in unserem Review.

Man muss die UbiArt-Framework-Engine einfach lieben. Sie ermöglichte bereits bei Rayman eine grandiose Kombi aus 2D-Gameplay und 3D-Elementen und wirkt bei Child of Light nicht anders. Wenn man sich in der Welt fortbewegt, so tut man das in der Regel von links nach rechts oder umgedreht, aber der belebte Hintergrund und die 3D-Figuren lassen einen staunen. Was die Grafik sogar besser als die von Rayman macht, ist der grandiose Grafikstil, der von alten Märchenbüchern inspiriert ist. Die aquarellierten Hintergründe und Charaktere sind einfach nur fantastisch und fast nicht zu toppen. Das einzige, was man kritisieren könnte, wäre ein kleiner Mangel an Bewegung bei den sprechenden Personen - aber das ist nur minimal; insgesamt ist die optische Präsentation ein Augenschmaus sondergleichen, das es in diesem märchenhaften Stil noch nie gegeben hat.

Nicht ganz so gut wie die Grafik schneidet der Sound ab. Es gibt eine Vertonung, aber das Wenigste wird tatsächlich gesprochen. Das ist auch das, was ich am Sound am meisten kritisiere. Die Geschichte wird am Anfang durch eine Erzählerin vorgelesen und danach gibt es nach guter alter Rollenspiel-Manier nur noch Texte zu lesen. Es ist nicht tragisch und wahrscheinlich auch ein Kostenpunkt bei der Produktion (Stichwort Arcade-Spiel für knapp 15 EUR), aber es hätte dem Erzählcharakter noch viel mehr beigetragen, wenn sämtliche Dialoge auch vertont gewesen wären. Ansonsten ist die Musik sehr angenehm und die Atmosphäre unterstreichend. Obwohl sehr selten gesprochen wird, wirkt das Spiel nie lautlos. Die Soundeffekte passen ebenfalls und alles in allem herrscht ein runder Eindruck.

Ich will nicht zu viel spoilern, deswegen gebe ich hier nur einen kleinen Teil der Geschichte wieder: Alles dreht sich um das liebevolle Mädchen Aurora, die 1895 aufgrund einer schweren Krankheit einschläft. Der Vater, ein Herzog, fällt in tiefe Trauer. Als Aurora erwacht findet sie sich in der zauberhaften Welt von Lemuria wieder und muss mithilfe ihres Gefährten, dem Glühwürmchen Igniculus, alle möglichen Aufgaben retten und Lemuria vom Bann der Königin der Nacht befreien.

Die Story ist gut, einem Märchen absolut gerecht, aber manchmal nicht ganz zufriedenstellend. Insbesondere dann, wenn es für bestimmte Ereignisse oder Phänomene keine Erklärung gibt. Oft passieren ,,märchenhafte" Dinge, die aber nur im Nachhinein etwas erläutert, aber nie vollkommen logisch erklärt werden. Man trifft z.B. auf diverse Kreaturen in Kämpfen - eine Information über diese anonymen Feinde (Spinnen, Heuschrecken, Geister, lebendige Statuen usw.) bekommt man allerdings nicht. Warum greifen sie an? Wer hat sie gesandt? Diesbezüglich hätte ich in punkto Story etwas mehr Information gehabt - die Geschichte um Aurora und deren Schicksal ist aber fabelhaft inszeniert.

Für ein Arcadespiel ist Child of Light definitiv umfangreich. Das merkt man ab dem ersten Kampf und dem ersten Levelaufstieg - was man da alles an Fähigkeiten freischalten kann (Stück für Stück) lässt viele Stunden an Gameplay erhoffen. Und das stimmt auch. Aufgrund seines moderaten Erzähltempos und den vielen versteckten Objekten, die man suchen und finden kann, erstreckt sich der Spielumfang auf mindestens so lange wie ein Vollpreistitel und wir schätzen es auf rund mindestens 12-15 Stunden Spielspaß, bis ihr das Ende der Story gesehen habt. Das ist für ein Arcadespiel definitiv eine große Leistung! Einzig die Freiheit des Umherlaufens hat unseren Eindruck des Umfangs etwas geschmälert, da diese nur angedeutet wird und man einem für ein Rollenspiel doch recht linearen Strang hinterherläuft.

Natürlich ist der Spielspaß immer sehr individuell, allerdings kann man schon sagen, dass jemand, der Rollenspiele mag, hier absolut richtig bedient ist. Zwar haben wir es hier mit einem RPG ,,light" zu tun, weil es nicht so komplex und vielschichtig ist, aber die Grundelemente sind vorhanden: Faszinierende Story, viele Dialoge, viele Geheimnisse, ein eigenes Kampfsystem, erweiterbare Fähigkeiten, usw. Der Wiederspielwert ist nicht sonderlich hoch (es macht nicht unbedingt Spaß, das Spiel nochmal zu spielen und alle coolen Fähigkeiten, die man kennengelernt hat, wieder zu verlieren), aber das muss es auch nicht sein. Child of Light ist eine einmalige, schöne Erfahrung, die sein Geld wert ist.

Das Gameplay besteht aus zwei großen Elementen. Zum einen haben wir das Jump'n Run Element. D.h. ihr müsst durch verschiedene Passagen hindurch, Rätsel lösen um voranzukommen, kreativ neue Wege finden. Dies ist ganz cool, erinnert ein wenig an bestimmte Rayman-Passagen, ist aber nie wirklich kompliziert und unlösbar. Der größere Teil, auf den man sich fokussieren sollte, ist das Kampfsystem. Es liegt mit seiner Zeitleiste zwischen rundenbasierenden und aktiven Kämpfen und sorgt so für Dynamik aber auch kurze Momente des Durchschnaufens. Allerdings werden die Kämpfe späterhin komplex, so dass euer Gehirn auf Hochtouren laufen muss, um das Beste aus einem Kampf zu ziehen. Es dauert ein wenig, bis man das System ganz verstanden hat, aber dann bietet es genügend Komplexität um tatsächlich auf lange Dauer zu begeistern.

Schön ist, dass das Gameplay sowohl aus linkem als auch rechtem Analogstick kombiniert wird. Der rechte steuert euren Gefährten Igniculus, der euch - ähnlich wie bereits in anderen Spielen gesehen - ein wenig unterstützen kann. Er lähmt Feinde, kann Objekte finden und hilft auch einen großen Teil bei der Lösung von Rätseln. Nicht zuletzt bietet er die Möglichkeit, euch zu heilen! Insgesamt ist das Gameplay abwechslungsreich, über lange Dauer vielleicht manchmal etwas stagnierend, aber nie langweilig oder monoton. Es macht einfach immer Spaß, herumzufliegen, zu Kämpfen und alle versteckten Objekte zu finden.

Ah, das hätte man auch weglassen können! Der minimale Multiplayer-Aspekt, den Child of Light bietet, ist ein kooperativer: Ein Freund kann Igniculus steuern. Aber ob das sinnvoll ist? Schwer. Denn damit ihr damit einen wirklichen Vorteil und keinen Nachteil habt, müsst ihr zu zweit sehr gut aufeinander abgestimmt sein. Denn euer Freund weiß nicht unbedingt, wen ihr in einem Kampf zunächst angreifen wollt, oder welche Taktik er verfolgt. Soll er euch heilen? Gerade nichts machen? Schwierig, denn das Kampfsystem wird nach und nach komplexer. Außerdem könnt ihr nur lokal zu zweit spielen und über Xbox Live gibt es nur Ingame-Items zu kaufen, keine wirklich DLCs. Ein richtiger Multiplayer macht bei dem Kampfsystem aber auch nicht wirklich Sinn, wobei es auch möglich gewesen wäre zu sagen, jeder Spieler kontrolliert einen Charakter im Kampf - so scheint es einfach nur sinnlos, überhaupt ein Ko-Op Feature eingebaut zu haben.

Fazit

Wer Rollenspiele mag und Märchensettings ebenfalls nicht abgeneigt ist, sollte nicht zweimal überlegen, sondern bei Child of Light direkt zugreifen. Das Spiel ist ein Kunstwerk und begeistert von Anfang an. Je mehr man im Spiel eintaucht, desto komplexer wird auch das Kampfsystem und die Story entfaltet sich immer mehr. Die einzelnen Elemente im Spiel hätten zwar teilweise noch mehr Erläuterungen gefordert, aber dies trübt den Spielspaß nicht wirklich. Auch die fehlende Vertonung ist nicht dramatisch, als RPG-Fan ist man es ja gewohnt, viel zu lesen.

Das Besondere an dem Spiel ist tatsächlich das Setting, das eine unglaublich spezielle Atmosphäre rüberbringt. Dies gepaart mit tatsächlich sehr gutem Gameplay und für ein Arcade-Spiel selten dagewesenen Umfang lässt Gamerherzen höher schlagen. Ob ihr es für die Xbox 360 oder die Xbox One kauft: Child of Light ist jedem zu empfehlen. Wer sich nicht ganz sicher ist, soll in die Demo reinschnuppern, aber man riskiert, schnell 15 EUR auszugeben, weil man nicht mehr davon loskommt. Einzig und allein der konstruierte Multiplayer ist zu vernachlässigen, da es sich um einen überflüssigen Ko-Op handelt, der nicht wirklich sinnvoll erscheint.

Wir vergeben den XBoxUser.de Special Award für die zauberhafte Märchenatmosphäre, die mit dem fabelhaften Grafikstil erreicht wurde!


Bewertung


Grafik 9 von 10
9/10
Sound 9 von 10
9/10
Story 8 von 10
8/10
Umfang 10 von 10
10/10
Spielspaß 9 von 10
9/10
Gameplay 9 von 10
9/10
Multiplayer 7 von 10
7/10
XBU-Gold-Award
9
XBU-Special-Award