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Anfang letzter Woche hat sich das britisches Onlinemagazin Eurogamer zusammen mit ihren Partnern des Gamer Networks dazu entschlossen, die Endwertung aus künftigen Spieletests zu streichen. Damit stößt man erneut eine emotionale Debatte an, ob Wertungen in Zahlen der Branche überhaupt gut tun.

Alle die Reviews oder Tests begutachten kennen es - die Endwertung, angegeben in Zahlen. Hier hat jedes Format sein eigenes Wertungssystem. Der eine gibt die Wertung in Prozent an (darunter auch wir) und die anderen bewerten es mit 0 bis 5 oder 0 bis 10. Es ist ein Trend, der längst zum Standard in der Videospielbranche wurde. Doch bringt die Wertung auch einen positiven Aspekt für die Kunden selbst und vor allem tut es der überhaupt Branche gut? Über dieses Thema diskutiert man in manchen Kreisen schon länger. Doch wirkliche Änderungen wurden bisher nur selten umgesetzt.

Vergangene Woche äußerte sich auch Take-Two Interactive CEO, Strauss Zelnick zu diesem Thema. Seiner Meinung nach sind Spielbewertungen vor allem in Form von Zahlen für Kunden verkaufsentscheidend. Vielleicht gibt es ja wirklich eine große Mehrheit an Kunden, die ihr Kaufverhalten genau nach solchen Wertungen richten. Anfang des Jahres machte dann die renommierte Webseite Joystiq den ersten Schritt und sagte der Endwertung Lebewohl. Joystiq stellte den Betrieb der Redaktion aber vor gut einer Woche ein. Daher lassen wir sie mal außen vor. Diesem Vorbild folgte am Dienstag aber auch Eurogamer und strich die Wertung beim Test zu The Legend of Zelda: Majora's Mask 3D das erste Mal komplett raus und wird diese Wertungsphilosophie nun weiterführen.

Eurogamer vergab immer eine Note zwischen 0 und 10. Je höher die Note desto besser auch das Spiel. Neben der Wertung und dem schriftlichen Testbericht gab es auch ein schriftliches Fazit, sowie eine Pro und Contrsliste. Bis auf den kleinen Unterschied, dass unser Punktesystem in Prozent angegeben wird und zudem in einzelne Bereiche gegliedert ist (Grafik, Sound, Story usw.), ähneln sich beide Test-Systeme sehr. Das neue System hinter Eurogamer ist simpel und einfach. Spiele werden jetzt entweder in vier Kategorien gesteckt. Die letzte Reihe, also wo nur die wirklich schlechten Spiele landen, wird mit "Finger weg!" gekennzeichnet. Das Mittelfeld bekommt ab jetzt keine Kategorie mehr. Hier wird der Platz einfach leer gelassen. Hier sind einfach alltägliche Spiele die nicht umhauen aber auch nicht enttäuschen. Es liegt vor allem an den Lesern, ob einem das Spiel zusagt oder nicht. Daher will man erreichen, dass man den Testbericht ließt und ein Spiel nicht einfach anhand einer schlechten Wertung abstempelt und weglegt. Die nächste Stufe bildet die Kategorie "Empfehlung". Hier werden Spiele gelistet, die zwar nicht perfekt sind aber einem großen Teil der Spieler Freude bereiten dürften. Es bleibt aber bei einer Empfehlung und jeder Spieler sollte auch hier sich den schriftlichen Test durchlesen und für sich selbst abwägen, ob einem das Spiel passt oder nicht. Abschließend bietet die Kategorie "Herausragend" die von der Redaktion als sehr gut klassifizierten Spiele. Die Pro- und Contralisten wurden auch komplett gestrichen und das Fazit musste einen kurzen Minitext, eine Art Kleinfazit, weichen, dass schon zu Beginn des schriftlichen Testberichts den Test kurz anteasert.

Doch wieso das Ganze? Es geht hier vor allem um uns Spieler. In Zeiten, wo Spiele qualitativ absacken und wirklich fehlerfreie Spiele eine Randerscheinung sind, ist der Blick in einen Testbericht für alle von Vorteil. Viele nehmen sich zudem nicht mehr die Zeit, einen schriftlichen Testbericht durchzulesen, sondern schauen nur noch auf die Endwertung und ziehen dann ihr Fazit. Doch kann man ein Spiel in Zahlen überhaupt korrekt bewerten? Wenn ein aktuelles Meisterwerk 10 Punkte bekommt und zwei Jahre später ein noch viel besseres Spiel erscheint, was dem vorherigen Meisterwerk in allen Punkten übertrumpft, bekommt es dann auch nur 10 Punkte? Ein anderes Spiel bekommt eine Wertung von 65%. Das andere erreichte im Test nur 60%. Kann ich jetzt beurteilen, ob das Spiel für mich besser oder schlechter ist? Aber auch Tester haben hier ihre Schwierigkeiten einen Titel mit Zahlen wiederzugeben. Schon oft hatte ich das Problem, dass ich eine Wertung einfach nicht messen konnte. So fehlen mir vor allem bei verschiedenen Genres ein Referenzwert, welchen ich dann mein Empfinden gegenüberstelle.

Ein anderes Thema ist die Bewertungsdatenbank "Metacritic". Diese berechnet den sogenannten Metascore aus verschiedenen gewichteten Bewertungen von einschlägigen Medien. Sie listet dabei viele renommierte Seiten darunter auch Eurogamer. Doch Eurogamer, andere englischsprachige Webseiten sowie meine Wenigkeit sind der Ansicht, dass Metacritic und die Reduzierung eines Spiels auf eine aussagefreie Durchschnittszahl der Spielindustrie mehr schadet, als es ihr überhaupt nützt. Eine andere greifbarere Kontroverse sind Metascore-Vorgaben von Publishern. So enthalten einige Verträge von Publishern Klauseln, nach denen ein guter Metascore zu einer Bonuszahlung an die Entwickler führt. Den Machern hinter Fallout: New Vegas brachte dies schon ein negatives Erlebnis. So hat das Entwicklerstudio Obsidian Entertainment eine Bonuszahlung von eine Million US-Doller verpasst, da man im Metascore nur 84 statt 85 Punkte bekommen hat. Auch Manipulation seitens Publishern ist ein reges Thema. Auf der einen Seite versuchen sie die Endwertungen noch zu retten und reden immer wieder auf Spieletester ein. Auf der anderen Seite werden sogar sehr kritische Webseiten beim nächsten Test einfach ausgelassen oder benachteiligt, um kritische Stimmen zum Launch zu unterbinden.

Doch auch über Sinn und Unsinn dieses Metascores kann man stundenlang diskutieren. So bekommt ein von allen Seiten als mittelmäßiger eingestufter Titel solide 75 Punkte im Meta-Score. Ein hochkontroverser Titel, wie zum Beispiel Destiny bekommt von einigen Magazinen mal 100 Punkte mal nur 40 Punkte. Im Schnitt erhält er aber auch ca. 75 Punkte im Metascrore. Das ist ja eigentlich eine irreführende Präsentation des Spiels. Hier bringt dieser Score weder den Spielern noch dem Spiel selbst irgendetwas. Stattdessen muss jeder Spieler für sich selbst anhand eines schriftlichen Testberichts (oder in Form eines Videos) die Argumente abwägen, ob das Spiel einen zusagt oder nicht.

Doch so ist nur mein Empfinden. Schaut ihr oft nur auf die Endwertungen oder gibt es hier noch Leute, die lieber Wert auf einen schriftlichen Testbericht legt?

Quelle:

13 Kommentare

Finanzminister Do, 19.02.2015, 20:09 Uhr

Mir ist ist wichtig das in einem Review drinsteht warum der Reviewer sich das Spiel kaufen würde (wenn er den müsste nach dem Testbericht).

Weil viele Funktionen zb. das Nemesis System von Shadow of Mordor ist für mich kein Kaufgrund obwohl es Spass macht, gleichzeitig würde ich es trotzdem gerne in mehr Spielen sehen wollen, gerade Call of Duty würde das gut stehen...

Wenn solche Fragen behandelt werden juckt mich die Zahl am ende nicht mehr. ;)

TheGreenChris Do, 19.02.2015, 12:59 Uhr

Man muss halt immer schauen welche Aussage man mit einer Wertung machen will. Will ich ein Spiel hinsichtlich seiner technischen Umsetzung bewerten? will ich quantifizieren was für eine Umfang das Spiel bieten kann?

Gewisse Sachen lassen sich sicher in Zahlen ausdrücken, aber ob ein Spiel etwas für den Leser ist. Diese Einschätzung wird eine Wertung nur bedingt geben können weshalb ich die Umstellung von Eurogamer begrüße. Gerade im Hinblick auf deinen Passus mit metacritic denke ich, das dieser Ansatz richtig ist.

Zumal ich manche Spielegenres für ebenso wenig bewertbar halt wie Filme (Ich lese mir Filmkritiken nicht durch, ich schaue Filme die mich interessieren und entweder sie haben mir gefallen, oder nicht. Da kann der Film noch so gute Kritiken haben, wenn die Charaktere, die Story oder sonst etas mir nicht passt dann ist der Film nichts für mich). So zumindest sehe ich Spiele wie die telltale Episoden "Spiele", Life is Strange oder auch "Spiele" mit denen der Entwickler ein Erlebnis vermitteln will, wie z.B. "This War of Mine" oder auch im Ansatz "Spec Ops the Line". Hier hatte man z.B. ein soliden 3rd Person Shooter, der in keiner Kategorie wirklich herausgestochen ist, dafür hat das Spiel etwas vermittelt was ich so noch in keinem Spiel hatte. Der Epilog war einfach grandios. Das kann man quantitativ nie im Leben bewerten.

Von daher:
- Numerische Wertung weg (eher ein aufgeblähtes Fazit mit Spielgefühl und Einschätzung a la "Für Freunde von XYZ ist Spiel B eine Blick wert, wenn auch der gebotene Content keine Vollpreis rechtfertigt ...")
- Spielzeit für Singleplayer angeben
- eine Einstufung für Bugverseuchtheit mit drunter
und gut ist! :)

XBU MrHyde Do, 19.02.2015, 09:32 Uhr

Bei Filmen hast Du ja meistens ein 4er Bewertungssystem, halt so was wie "grausam", "geht so", "gut" und "klasse".. in der Art. Also bewertet wird da ja auch, nur halt weniger in Zahlen ;)

XBU Lunatik Mi, 18.02.2015, 16:35 Uhr

Ein fünfstufen-System ist in der Tat eine einfache alternative zum bekannten 100 Punkte oder 10Punkte-System bei anderen Formaten. Dort ist die Bewertungen zwar allgemeiner, doch lässt sie sich anhand der wenigen Stufen noch nachvollziehen. Ist ja auch dem Schulnoten-System sehr nahe.

Doch benotungen gehen halt nicht mit der Zeit. Es gab da vor kurzem ein präzedenzfall vor dem Bundesarbeitsgericht. Dort ging es um das Thema, ob der Arbeitgeber so einfach eine schlechtere Note als „befriedigend" geben darf. Als Argument wurde damals von der Klägerin genommen, dass die Benotung einer Drei mittlerweile nicht mehr dem entspricht, was es vor 10 Jahren mal war. Heutzutage wäre eine Drei deutlich schlechter.

Für mich ist eine Drei schon negativ. Zwei und Eins würden in meinen Augen schon einem sehr gutem Spiel entsprechen. Dies kann man dann ja auch auf andere Systeme übertragen. Würde eine Drei schlecht sein wäre dies schon knapp eine 7. Also nur Spiele mit 8,9 oder 10 sind in meinen Augen wirkliche Top-Titel. Aber es scheiden sich nunmal bei diesem Thema die Geister. Was würdet ihr denn für Ideen haben?

Bis auf den Metascore von Metracritic, dem IMDb-Wert oder halt Plattform spezifische Wertungssysteme kommt die Filmindustrie ja auch ohne Endwertungen aus. Vor allem da dort meist ja nur die Konsumenten selbst abstimmen und ihre Meinung abgeben.

XBU MrHyde Di, 17.02.2015, 14:44 Uhr

Interessanter Blog und auch interessant eure Meinungen zu sehen. Ich denke, dass die Prozentwertungen in der Tat nicht unbedingt mehr up to date sind und wir auch für XBU überlegen können, dies in Zukunft zu ändern.

Ein Fünfstufensystem ist sicher nicht verkehrt... 3 ist halt so lala, 4 ist gut und wie heute 80-89% mit Silver Award und 5 ist halt sehr gut wie heute 90- und Gold.

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